Die Gentechnik hat in der Landwirtschaft in den letzten Jahrzehnten erhebliche Fortschritte gemacht und bietet den Aussagen ihrer Befürworter nach viele Vorteile: Höhere Erträge, geringere Kosten, weniger Herbizid - und Pestizideinsatz. Doch haben sich diese Versprechungen in den letzten 20 Jahren bewahrheitet? Wir erklären, warum Gentechnik aus vielen Gründen mit äußerster Vorsicht betrachtet werden muss.
Gentechnik kurz zusammengefasst
Gentechnik ist ein Teilgebiet der Biotechnologie und dient dazu, Organismen gezielt genetisch zu verändern. Dabei wird das Erbgut (DNA) eines Lebewesens künstlich angepasst. Das Resultat dieser Technik bezeichnet man als genetisch veränderten Organismus, kurz GVO. Es gibt verschiedene Anwendungsbereiche der Gentechnik, wie zum Beispiel die “Rote Gentechnik”, die sich mit der Medizin befasst. Für diesen Artikel relevant ist jedoch die “Grüne Gentechnik”, welche sich auf Agrarwirtschaft bezieht. Mit dem Einsatz von genmanipulierten Pflanzen und Tieren soll die Landwirtschaft ertragreicher, kostengünstiger und resistenter gegenüber Schädlingen werden.
Neue Verfahren
Über die Zeit hinweg wurden neue und verschiedene Verfahren entwickelt, um die Erträge noch effizienter zu gestalten. Eine der bedeutendsten Entwicklungen in der Gentechnik ist das Genom-Editing und insbesondere die Clustered Regularly Interspaced Short Palindromic Repeats (CRISPR)-Technologie. Diese Methode ermöglicht es Wissenschaftlern, gezielt Gene in Pflanzen und Tieren zu verändern, um gewünschte Eigenschaften zu fördern. Bei bisheriger Gentechnik galt es als reiner Zufall, wie oft und an welcher Stelle des Genoms sich das veränderte Gen einfügt. Mit diesem neuen Verfahren kann gezielt eine Stelle im Genom angesteuert und verändert werden. Bei Pflanzen können somit Krankheitsresistenz, Ertrag und Nährstoffgehalt verbessert werden. Mithilfe des CRISPR-Verfahrens sind auch sogenannte “Gene Drives” möglich. Diese erhöhen die Vererbungswahrscheinlichkeit von Genen von natürlichen 50% auf bis zu 100%. Diese Technologie bietet eine präzise und effiziente Möglichkeit, um neue Sorten zu züchten. Neben CRISPR gibt es auch andere Methoden wie die Gentechnik mittels Agrobakterien und die RNA-Interferenz, die bei der Erzeugung von GVOs eine wichtige Rolle spielen. Das Agrobakterium gibt beispielsweise genetische Informationen an Pflanzen weiter, was wiederum in der Gentechnik genutzt werden kann. Und bei der RNA-Interferenz ist eine Pflanze dazu in der Lage, die Gene eines Schädlings wie den Kartoffelkäfer anzugreifen. Diese Verfahren eröffnen Möglichkeiten zur Verbesserung der Landwirtschaft, indem sie die Entwicklung von Pflanzen durch erhöhte Widerstandsfähigkeit gegen Schädlinge und Krankheiten erleichtern.
Pro und Contra der Gentechnik in der Landwirtschaft
theoretische Vorteile
Steigerung des Ertrags:
Genetisch veränderte Pflanzen können höhere Erträge liefern, was dazu beitragen kann, den wachsenden Bedarf an Nahrungsmitteln weltweit zu decken. Leider sind diese genetisch veränderten Pflanzen jedoch an eine industrialisierte Landwirtschaft angepasst und können in ärmeren Ländern kaum genutzt werden. Außerdem entspricht das Versprechen von erhöhten Erträgen ebenfalls nicht der Wahrheit. Teilweise musste bei genverändertem Soja ein Verlust in Kauf genommen werden.
Widerstandsfähigkeit gegen Schädlinge und Krankheiten:
GVOs sollen dazu beitragen, den Bedarf an Pestiziden und Herbiziden zu reduzieren, da sie resistenter gegenüber Schädlingen und Krankheiten sind.
Doch auch diese Aussage ist mit Vorsicht zu betrachten, da eindeutige Beweise fehlen. Tatsächlich werden bei genveränderten Pflanzen mehr Glyphosat oder andere noch schädlichere Chemikalien genutzt, da viele Pflanzen mittlerweile eine Immunität entwickelt haben. Gleiches gilt auch bei Insekten.
reelle Nachteile
Gesundheit:
Nach wie vor ist nicht ganz geklärt, wie sich genmanipulierte Nahrung auf Mensch und Tier auswirkt. Bei der Zulassung solcher Lebensmittel wird teilweise anhand von Tierversuchen ermittelt, welche Auswirkungen das Futter auf diese haben kann. Allerdings werden diese Versuche vom Hersteller durchgeführt. Demnach ist es also fraglich, wie aussagekräftig diese Tests sind. Auch könnten unabsehbare Allergien und Antibiotikaresistenzen auftreten. Weiterhin wurde bei einem Bericht der Grupo Reflexión in Argentinien offen gelegt, dass die ortsansässige Bevölkerung in der Nähe der mit Glyphosat behandelten Soja-Flächen wahrscheinlich körperliche Leiden wie Krebs- und Autoimmunerkrankungen davon tragen werden, sowie Missbildungen und Atemwegs- und Hautkrankheiten.
Umweltauswirkungen:
Der Einsatz von GVO kann unerwünschte Umweltauswirkungen mit sich bringen, da sie sich in der Natur verbreiten und nicht beabsichtigte Kreuzungen mit Wildpflanzen eingehen können. Zudem schwächt eine Monokultur bekanntlich den Boden.
Monopolbildung:
Einige große Agrarkonzerne kontrollieren den Großteil des GVO-Marktes, was zu einer Monopolbildung führen kann und Kleinbauern benachteiligt.
Gefahr für die Biodiversität:
Die Veränderung von Ökosystemen durch GVO kann die Biodiversität gefährden. Vor allem die CRISPR- Verfahren und Gene Drives können einen erheblichen Einschnitt in die Umwelt bedeuten , sollten GVOs nach außen gelangen. Da bei Gene Drives die Vererbungswahrscheinlichkeit bei 100% liegt, werden natürliche Gene ausgerottet, was die ursprüngliche Pflanze stark verändert und womöglich gegenüber ihrer Umwelt schwächt. Auch bei Tieren könnte dieses Verfahren zu drastischen Problemen führen, sollten sich GVOs mit wilden Tieren vermischen.
BUND gegen Gentechnik
All diese Nachteile und nicht eingelösten Versprechen führten wie zu erwarten zu Widerstand gegen die Gentechnik in der Landwirtschaft. Seit 2009 sind bayerische Äcker gentechnikfrei. Und der BUND setzt sich außerdem dafür ein, dass unsere Nutztiere zukünftig kein genverändertes Futtermittel zu sich nehmen. Einer Umfrage von BUND und dem Bundesamt für Naturschutz aus dem Jahre 2016 nach ist die Bereitschaft, genmanipulierte Lebensmittel zu essen, bei den Deutschen übrigens relativ gering, mit gerade mal 25 % Zustimmung. 79% der Befragten lehnten außerdem genverändertes Futtermittel für Nutztiere ab. Zur Bekämpfung der Einführung von neuen Gentechnik-Verfahren in Deutschland hat der BUND den Arbeitskreis-Gentechnik (AK) ins Leben gerufen. Dieser verfolgt die Entwicklung von Gentechnik in der Landwirtschaft und ist darum bemüht, Alternativen für diese zu präsentieren. Der Arbeitskreis soll den Bundesgeschäftsstellen als Ansprechpartner dienen und versteht sich selbst als “think tank”, oder zu Deutsch “Denkfabrik”. Wichtige Punkte bei ihrer Arbeit sind das Feststellen von Risiken der Gentechnik für Mensch und Umwelt und ob das Einführen von neuen Methoden der Forschung dient, oder doch eher ein finanzielles Interesse dahintersteckt. Im Zusammenhang mit den genannten Punkten wird auch der Einsatz von Glyphosat streng verfolgt und beurteilt. Auf EU-Ebene betrachtet befasst sich der AK mit den rechtlichen Grundlagen, da die Zulassung für Glyphosat und der Rechtsrahmen für Agro-Gentechnik von der EU festgelegt werden. Auch hier wird der Fokus auf das Freihandelsabkommen mit den USA gelegt, da sich diese eine Absenkung der europäischen Standards bei der Gentechnik wünscht, welche zuvor mühsam durch Verbände und den BUND erkämpft wurden.
Abschließend ist zu erwähnen, dass Gentechnik mit Sicherheit einige Vorteile hat – besonders in der Medizin kann weitere Forschung hier zukünftig mehr Leben retten – doch dass sie dennoch mit Vorsicht bedacht werden sollte. Immerhin ist das Verändern von Genen in der Landwirtschaft ein hochkomplexes Thema, das enorm viele Risiken birgt. Die Auswirkungen sind noch nicht vollends geklärt und einfache Bauern haben es so deutlich schwerer, ihre Lebensmittel an den Mann zu bringen.
Schlussendlich bleibt es abzuwarten was sich in den kommenden Jahren in Sachen Gentchnik tun wird. Weitere Forschung sollte jedoch auf alle Fälle dazu beitragen, womöglich weniger risikobehaftete Alternativen für Gentechnik zu finden.
- https://www.academics.de/ratgeber/gentechnik#:~:text=Gehalt%20und%20Karriereperspektiven-,Definition%3A%20Was%20ist%20Gentechnik%3F,sogenannte%20GVO%3A%20gentechnisch%20ver%C3%A4nderte%20Organismen.
- https://www.bund.net/ueber-uns/organisation/arbeitskreise/gentechnik/
- https://www.bund-naturschutz.de/landwirtschaft/glyphosat
- https://www.bund.net/landwirtschaft/gentechnik/
- https://www.bund.net/landwirtschaft/gentechnik/gene-drives/
- https://www.bund.net/themen/landwirtschaft/gentechnik/risiken/
- https://www.bund.net/themen/landwirtschaft/gentechnik/risiken/arbeitsplaetze/
- https://www.bund.net/themen/landwirtschaft/gentechnik/risiken/auskreuzung-und-durchwuchs/
- https://www.bund.net/themen/landwirtschaft/gentechnik/risiken/baeuerliche-abhaengigkeit/
- https://www.bund.net/themen/landwirtschaft/gentechnik/risiken/gesundheit/
- https://www.bund.net/themen/landwirtschaft/gentechnik/risiken/herbizidresistente-pflanzen/
- https://www.bund.net/themen/landwirtschaft/gentechnik/risiken/insektenresistente-pflanzen/
- https://www.bund.net/themen/landwirtschaft/gentechnik/risiken/mehrkosten/
- https://www.bund.net/themen/landwirtschaft/gentechnik/risiken/verunreinigung/
- https://www.bund.net/themen/landwirtschaft/gentechnik/risiken/wertminderung-des-bodens/
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- https://www.bmuv.de/faq/was-ist-der-unterschied-zwischen-genome-editing-und-klassischer-gentechnik#:~:text=Genome%20Editing%20benutzt%20biologische%20Werkzeuge,m%C3%B6glich%20als%20mit%20klassischer%20Gentechnik.
- https://www.pflanzenforschung.de/biosicherheit/lexikon/691.agrobacterium-tumefaciens.html#:~:text=Bodenbakterium%2C%20welches%20von%20Natur%20aus,Agrobakterien%20k%C3%B6nnen%20bestimmte%20Pflanzen%20infizieren.
- https://www.mpg.de/8989308/kartoffelkaefer-rna-interferenz#:~:text=RNA%2DInterferenz%20(RNAi)%20ist,um%20sich%20dort%20zu%20vermehren.