Palmölproduktion neu gedacht: Warum Nachhaltigkeit der Schlüssel ist

März 2023
Fotograf:in: Paul Szewczyk, Copyright: Unsplash

Wusstet ihr, dass etwa jedes zweite Produkt, das man im Supermarktregal findet, Palmöl enthält? Es steckt in Aufstrichen wie Nutella, Pizzateig, Fertiggerichten, Lippenpflegeprodukten und Waschmitteln. Nirgends ist man sicher, selbst beim Tanken wurde man bis vor Kurzem damit konfrontiert: Biokraftstoffe bestanden bis Januar 2023 zu einem großen Teil aus Palmöl, denn Bio heißt nicht immer nachhaltig.

Eine verteufelte Angelegenheit

Das Palmöl macht rund ein Drittel des weltweiten Gesamtverbrauchs von Pflanzenölen aus – und liegt damit auf Platz 1. Es ist kostengünstig und vielseitig, sogar in der Strom- und Wärmeproduktion wird es eingesetzt – und die Gier nach Palmöl wird von Tag zu Tag größer. Um der Nachfrage gerecht zu werden, werden riesige Flächen Regenwald gerodet. Dass man infolgedessen die biologische Vielfalt gefährdet, da man unzähligen Arten den Lebensraum raubt, wird von den Stakeholder dieser Konzerne billigend in Kauf genommen.

Unser Konsumverhalten entscheidet über das Schicksal bedrohter Arten wie der Borneo-Zwergelefanten, der Sumatra-Tiger und der Nasenaffen

Indonesien und Malaysia sind die größten Produzenten von Palmöl, Südamerika und Afrika profitieren aber ebenso von der Ausbeute der Ökosysteme. Weltweit gibt es heute doppelt so viele Palmölplantagen wie 1990, in Indonesien haben sich die Plantagen seitdem um das Zehnfache ausgebreitet.

Es steht außer Frage, dass uns das allen zum Verhängnis wird, denn Regenwälder sind eine gigantische CO₂-Senke, sie absorbieren CO₂ und speichern es. Gefährlich wird es nur, wenn die Kohlenstoffsenken wegen Waldbränden und Abholzung zu sogenannten CO₂-Emittenten mutieren, wie der Amazonas-Regenwald bereits demonstrierte. Ganze 20% des tropischen Regenwaldes wurden längst endgültig zerstört, das bringt nicht nur die Tierwelt in Gefahr, auch die Existenzgrundlage 320 indigener Völker wird Tag um Tag aufs Spiel gesetzt.

Brandrodung wendet man seit Jahrtausenden an, um Waldflächen auf landwirtschaftliche Nutzung vorzubereiten.

Indonesiens kritische Rolle im Klimawandel

Vor allem in Indonesien wachsen Regenwälder oft auf sogenannten “Torfmoorböden”. Solche tropischen Wälder sind unschlagbar, wenn es darum geht, CO₂ zu speichern: Sie können 50-mal mehr aufnehmen als gewöhnliche Regenwälder derselben Fläche. Werden diese Gebiete trockengelegt, um anschließend als Palmölplantagen zu dienen, nehmen sie nicht nur kein Kohlenstoffdioxid mehr auf, sie verwandeln sich unweigerlich in CO₂-Emittenten. Indonesien entwickelte sich in den letzten Jahren so zur drittgrößten Emissionsquelle der Welt, nur China und die USA können diese Zahlen noch überbieten. Ausschlaggebend war einzig und allein die Waldzerstörung, insbesondere auch die der Torfmoorwälder.

Doch jetzt zu den guten Nachrichten: Die Abholzung in Indonesien ist so niedrig wie seit 20 Jahren nicht mehr. Der Grund dafür ist jedoch tragisch: Massive Waldbrände infolge von illegalen Brandrodungen bewegten die Regierung dazu, strengere Kontrollen einzuführen und die Wiedervernässung von Torfmoorböden anzuordnen. Erschreckend ist vor allem, dass die Regenwälder Indonesiens, als der Brand seinen Höhepunkt erreicht hatte, mehr CO₂ pro Tag emittierten als die USA. Auch Greenpeace war damals sehr involviert und wies westliche Firmen auf ihre Verantwortung hin.

Veränderungen sind zum Greifen nah

Die zahllosen Kampagnen und Einsätze vor Ort von NGOs wie WWF und Greenpeace zeigen Wirkung: Ab Ende 2024 muss man sich EU-weit keine Sorgen mehr machen, aus Versehen beim Griff ins Regal die Zerstörung von Regenwald zu sponsern. Ein neues Gesetz wurde auf den Weg gebracht und bald wird nur noch Palmöl, Kaffee, Kakao, Soja usw. akzeptiert, für deren Produktion keine neuen Wälder gerodet wurden. Es ist ein Schritt in die richtige Richtung, denn Palmöl ist per se kein “Umweltkiller”. Palmöl zu boykottieren würde die Situation sogar verschlimmern.

Boykott ist auch keine Lösung…

…denn alle anderen Pflanzenöle nehmen mehr Fläche in Anspruch – für den Anbau von Soja bräuchte man fünfmal so viel Land. Das Problem würde also lediglich verlagert und man würde andere Ökosysteme in Gefahr bringen. Das schlechte Image des Palmöls stammt daher, dass die Produktion derart rücksichtslos betrieben wird. Es spielt also keine Rolle, ob es sich um Palmöl, Rapsöl oder Kokosöl handelt, es ist die Herstellung, die umgestaltet werden muss, will man das Produkt ökologisch, ökonomisch und sozial verträglicher machen.

Zudem ist es zahlreichen Kulturen schlichtweg nicht möglich, Palmöl als Nahrungsmittel aufzugeben, andernorts sind Kleinbauern für ihren Lebensunterhalt auf solche Plantagen angewiesen.

Wenn Boykott also keine Lösung ist, wie soll es dann weitergehen? Maßnahmen, die von der Regierung ausgehen, konzentrieren sich im Allgemeinen auf die Industrieplantagen, übersehen dabei aber den Marktanteil der Kleinbauern, der immerhin 30% ausmacht. Die Industrie müsste Kleinbauern also dabei unterstützen, die Produktion nachhaltiger zu gestalten. Theoretisch ist das Geld da, nur landet es in den falschen Händen: Die Palmölindustrie verzeichnet einen Jahresumsatz von circa 280 Milliarden Euro – große Konzerne bereichern sich – Kleinbauern hingegen leben zumeist in Armut. Faire Preise und langfristige Handelsbeziehungen müssen etabliert werden, um die Arbeitsbedingungen zu verbessern und Kleinbauern die Möglichkeit zu bieten, umweltschonender zu handeln.

Zusätzlich kann jeder für sich den Konsum von Süßwaren, Knabberzeug und Fertiggerichten überdenken - Es ist immer sinnvoll, genau zu wissen, was drin steckt. Wenn ihr Updates erhalten wollt, dann folgt doch “Roundtable on Sustainable Palm Oil” (RSPO), 2004 vom WWF gegründet, auf Instagram, Facebook oder Twitter.

Es ist wohl noch ein langer Weg, bis die Palmölproduktion endgültig umgestellt wird und man von solch schwerwiegenden Eingriffen in die Umwelt absieht, doch Fortschritte lassen sich bereits erkennen: Global betrachtet stieg das Angebot von Palmöl zwischen 2015 und 2018 um 22%, wohingegen es von 2018 bis 2021 um nur 1% gestiegen ist. Das zeigt, wie wichtig es ist, NGOs wie Greenpeace und WWF zu unterstützen.

  • https://www.wwf.de/themen-projekte/landwirtschaft/produkte-aus-der-landwirtschaft/palmoel, abgerufen am 16.03.2023
  • https://www.wwf.de/themen-projekte/landwirtschaft/produkte-aus-der-landwirtschaft/palmoel/palmoel-segen-oder-fluch, abgerufen am 16.03.2023
  • https://www.wsj.com/articles/indonesia-shows-its-possible-to-tame-rainforest-destruction-f6261f1, abgerufen am 16.03.2023
  • https://www.piqd.de/klimawandel/die-kampagnen-gegen-palmol-haben-etwas-gebracht, abgerufen am 16.03.2023
  • https://www.klimareporter.de/landwirtschaft/palmoel-boykott-ist-der-fasche-weg, abgerufen am 16.03.2023
  • https://www.regenwald-schuetzen.org/verbrauchertipps/palmoel/palmoel-in-biodiesel#:~:text=Im%20Jahr%202020%20belief%20sich,Prozent%20f%C3%BCr%20die%20Biodieselproduktion%20genutzt., abgerufen am 16.03.2023
  • https://www.bmz.de/de/aktuelles/aktuelle-meldungen/schulze-statement-schutz-der-waelder-132724, abgerufen am 16.03.2023
  • https://www.wwf.de/themen-projekte/bedrohte-tier-und-pflanzenarten/nasenaffen, abgerufen am 16.03.2023
  • https://www.prowildlife.de/aktuelles/hintergrund/palmoel-orang-utans/#:~:text=Die%20in%20den%20 Gebieten%20 lebenden,der%20 Nasenaffe%20 verlieren%20 ihr%20 Zuhause., abgerufen am 16.03.2023
  • https://www.sueddeutsche.de/wissen/palmoelboom-erreicht-afrika-todbringende-oelpalmen-1.2039993, abgerufen am 16.03.2023
  • https://www.nzz.ch/articleF8LE5-ld.414336, abgerufen am 16.03.2023
  • https://www.wwf.de/themen-projekte/projektregionen/amazonien , abgerufen am 17.03.2023
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