Knackiges Protein: Insekten als nachhaltige Nahrungsquelle?!

Mai 2023
Fotograf:in: Krzysztof Niewolny, Copyright: CC0 Unsplash

Am 24.01.2023 war es so weit: Die Europäische Union gab EU-weit grünes Licht für das Beimischen von Grillenpulver in Nahrungsmittel. Laut der WHO sind insgesamt mehr als 2.100 Arten von Insekten essbar. Diese nehmen eine immer wichtiger werdende Rolle dabei ein, den Proteinbedarf der Weltbevölkerung auf alternative Art und Weise zu decken. Weltweit, und vor allem in Asien, Lateinamerika und Afrika verzehren rund zwei Milliarden Menschen regelmäßig Insekten.

Bisher gab es bereits einen winzigen Absatzmarkt für Insekten in Deutschland: beispielsweise in Form von gewürzten Heuschrecken, als in Schokolade ummantelte Mehlwürmer oder als spezifisch ausgeschriebene Insektenburger im Kühlregal.

In der Lebensmittelverordnung sind bereits Mehlwürmer und Heuschrecken zugelassen; nach einer Erweiterung nun auch Grillen. Konkret heißt das, dass diese nun in sehr vielen Nahrungsmitteln bis zu einem gewissen Prozentsatz mitverarbeitet werden dürfen.

Insgesamt sind für den EU-Markt mittlerweile 6 Zulassungsanträge für vier verschiedene Insekten in unterschiedlichen Darreichungsformen genehmigt worden:

  • VO (EU) 2021/882: getrocknete Larven von Mehlkäfern (ab 22.06.2021)
  • VO (EU) 2021/1975: in Pulverform sowie gefrorene und getrocknete Wanderheuschrecken (ab 05.12.2021)
  • VO (EU) 2022/169: pulverförmige, gefrorene und getrocknete Mehlwürmer (ab 01.03.2022)
  • VO (EU) 2022/188: pulverförmige, gefrorene und getrocknete Hausgrillen, Heimchen (ab 03.03.2022)
  • VO (EU) 2023/5: teils entfettetes Pulver aus Hausgrillen (ab 24.01.2023)
  • VO (EU) 2023/58: als Paste sowie pulverförmige, gefrorene und getrocknete Getreideschimmelkäfer (ab 26.01.2023)

Das Zulassungsverfahren für Insekten

Lebensmittel wie Insekten unterliegen strengen Richtlinien bei der Genehmigung

In der EU jedoch gelten die Krabbeltiere als „neuartige Lebensmittel“, sprich Lebensmittel, die jeweils in einem gesonderten, strengen Verfahren für den europäischen Lebensmittelmarkt zugelassen werden müssen.

In diesem Zulassungsverfahren, welches durch die ESFA (Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit) durchgeführt wird, werden die Bedingungen für den Verkauf dabei genauestens definiert: in welcher Form die Insekten verkauft werden dürfen, in welchen Lebensmittelkategorien sie enthalten sein dürfen und mehr. Die Antragsteller müssen also äußerst umfangreiche Daten vorlegen: hinsichtlich Zusammensetzung; toxikologischer, ernährungsphysiologischer, sowie allergener Eigenschaften; hinsichtlich des Herstellungsverfahrens und der geplanten Verwendungsmengen des Produktes. All dies geschieht im Hinblick auf mögliche Sicherheitsrisiken für die menschliche Gesundheit.

Bevor jedoch eine Zulassung für die Produkte beschlossen werden kann, müssen die EU-Staaten zuerst noch den Vorschlag der Kommission erhalten und über diesen abstimmen.

Hintergründe der EU Verordnung 2023/5

Als „verantwortlich“ für diese Änderung kann das vietnamesische Unternehmen Cricket One Co. Ltd bezeichnet werden. Dieses beantragte im Jahr 2019 bei der EU-Kommission, entfettetes Pulver aus Hausgrillen (Acheta domesticus) in Nahrungsmitteln verwenden zu dürfen. Zu diesen gehören unter anderem Back- und Teigwaren, Saucen, Bier, Kartoffelerzeugnisse, Snack unterschiedlicher Art, Nudeln, Kekse und Fleischersatzprodukte. Bei letzteren ist die erlaubte Menge dabei auf 5% Insektenpulver beschränkt. Zugelassen ist die Verwendung der Grillen in Lebensmitteln zunächst nur für dieses Unternehmen, in fünf Jahren dürfen auch andere Wettbewerber an der Vermarktung der Grille teilhaben.

Wie erkennt man die Hüpfer? - So müssen Produkte gekennzeichnet werden

Wer wissen möchte, ob Nahrungsmittel insektenhaltig sind, sollte einen Blick auf die Zutatenliste werfen

Lediglich der Blick auf die Zutatenliste verrät, ob ein Produkt Insektenbestandteile beinhaltet, denn rein optisch unterscheiden sich die Nahrungsmittel kaum von Herkömmlichen.
Verpflichtend ist deshalb die Angabe von Informationen über die Darreichungsform bzw. die Form der Beimischung sowie Allergiehinweise in direkter Nähe der Zutatenliste.
Weiterhin obligatorisch sind die Nennung sowohl des deutschen als auch des lateinischen Namens also beispielsweise eine Bezeichnung wie „getrocknete Larven von Acheta domesticus (Hausgrille, Heimchen)“.

Gefährlich werden könnte dies für Menschen mit Allergien auf Krustentiere. Es konnte bereits nachgewiesen werden, dass Insekten potentielle Allergene beinhalten können, die bei Betroffenen der Krustentier-Allergien eine Reaktion hervorrufen kann. Eine entsprechende verpflichtende Allergenkennzeichnung für die Produkte mit Insekten gibt es deshalb für Menschen, die Allergien gegen Krebs- und Weichtiere und/oder Hausstaubmilben aufweisen.

Revolutionär und nachhaltig: Was hat der Insekten-Trend auf sich?

Insekten können als die nachhaltigste von Tieren stammende Proteinquelle bezeichnet werden: Aufgrund der Aufzucht und der Verarbeitung benötigen sie um einiges weniger an natürlichen Ressourcen bezüglich Nahrung, Fläche, Haltung und Kosten als andere Nutztiere wie beispielsweise Rinder, Kühe, Hühner & Co. Im Vergleich zur Haltung von Rindern wären das konkret 10-mal weniger Fläche; 2000-mal weniger Wasser und 100-mal weniger Treibhausgas-Emissionen.
Auch bei der Verwertbarkeit und Futterumsetzung schneiden Insekten deutlich besser ab als Rinder: Sie sind 12-mal effizienter.
In puncto Qualität stehen sie anderen tierischen Proteinquellen in nichts nach: Nicht nur enthalten sie große Mengen an hochwertigen Proteinen, – was eine ausgewogene Aminosäurespektrum und gut verstoffwechselbare Fettsäurezusammensetzungen bedeutet – sondern auch gesunde Fette in Form von Omega 3- und 6-Fettsäuren und sogar 15 Vitamine, Mineralstoffe und Spurenelemente. Weiterhin können die Krabbeltierchen mit einer hohen Bioverfügbarkeit und einer damit einhergehenden hohen Verträglichkeit punkten.
Einige der nun zugelassenen Heuschreckenarten enthalten sogar mehr als doppelt so viele Proteine wie Hühner oder Rinder und übertreffen sogar Getreide, Hülsenfrüchte und Nüsse.

Zucht im industriellen Ausmaß – problematisch?!

Kritische Stimmen weisen darauf hin, dass der Einsatz von Medikamenten womöglich unumgänglich sein könnte, sollte der Bedarf bestehen, Insekten in industriellem Maße zu züchten.
Ähnlich wie zur konventionellen Tierhaltung müssten Insekten auf engstem Raum in Form von Massentierhaltung zusammen leben, was immer Hygieneprobleme nach sich zieht. Generell sollte die Fütterung auf hochwertiger und hygienisch einwandfreier Ebene erfolgen.

Ob man die konventionelle Massentierhaltung mit dieser neuen Haltungsart ersetzen kann, bleibt fragwürdig. So nachhaltig die Insektenhaltung zunächst scheinen mag - eine milliardenfache Ausbeutung von Wirbeltieren auf eine weitere Tiergruppe auszudehnen, kann nicht die Lösung des Problems sein.

Nahrungsergänzungsmittel aus Insektenprotein

Das Kölner Unternehmen Isaac Nutrition wurde im Jahr 2017 von Nicolas Viegener, Tim Dapprich und Charlotte Binder als erstes Startup, welches in Europa ein Proteinpulver mit Insektenprotein auf den Markt brachte, gegründet. 2019 nahm Isaac Nutrition an der Fernsehshow Die Höhle der Löwen teil – und konnte auch tatsächlich überzeugen und sicherte sich eine Finanzierung.
Ende 2022 befand sich das Unternehmen jedoch bereits im Abverkauf: Die Produktion wurde gestoppt und wird auch nicht mehr aufgenommen werden. Das Proteinpulver wurde aus dem Mehl des Buffalo-Wurms bezogen und in Deutschland produziert; auch das unverarbeitete Mehl des Wurms war erhältlich.
Doch als Gründe für das Einstellen des Geschäfts werden Probleme in den Lieferketten sowie Preissteigerungen als Folgen des Russland-Ukraine-Konflikts genannt. Auch das derzeit noch rückläufige Interesse für das Thema Insekten in puncto Lebensmittel erwies sich dem Gründer-Trio als eine weitere grundlegende Schwierigkeit.

Die Zukunft wird zeigen, ob sich Insekten als massetauglicher Fleischerersatz in der EU etablieren könne. Gerade in den jüngeren Generationen findet ein grundlegendes Umdenken, das mit einer steigenden Akzeptanz für unbekanntere Nahrungsmittel und nachhaltigere Alternativen einhergeht, statt.
Im Moment liegen der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit acht weitere Anträge auf Marktzulassung für Insekten in verschiedenen Formen vor.

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