Das Geheimnis des kochenden Amazonasflusses

In den Tiefen des Amazonas Regenwalds fließt seit tausenden von Jahren ein nahezu kochend heißer Fluss, fernab von jeglichen Thermalquellen und Vulkanen. Was hat es damit auf sich?

Das Rätsel des kochenden Flusses

Tief im Herzen des Amazonas liegt ein geheimnisvoller Fluss, der so heiß ist, dass er kleine Tiere in Sekundenschnelle kochen könnte.

Der Fluss schlängelt sich über mehr als sechs Kilometer durch ein abgelegenes Gebiet des peruanischen Teil des Amazonas Regenwaldes und ist stellenweise fünf Meter tief und so breit wie eine zweispurige Straße. Mit einer Durchschnittstemperatur von etwa 86 °C zählt er zu den größten Thermalflüssen der Welt.

Doch das Erstaunlichste: Seine Hitze stammt nicht, wie für geothermale Quellen üblich, von vulkanischer Aktivität, denn der nächstgelegene Vulkan ist über 700 km entfernt. Seine Temperatur ist also ein Rätsel, das lange Zeit ungelöst blieb.

Von der einheimischen Bevölkerung erhielt der Fluss den Namen “Shanay-timpishka” was so viel bedeutet wie "von der Sonne zum Kochen gebracht".

Erhitzung aus den Tiefen der Erde

Die Kraft der Sonne alleine reicht tatsächlich nicht aus, um den Fluss so stark zu erhitzen. Das heiße Wasser muss seinen Ursprung also an anderer Stelle haben:

Geochemische Analysen zeigen, dass das Wasser des Flusses aus Regenfällen stammt und nicht aus tiefen Erdschichten. Wo genau der Regen niedergeht, ist unklar – womöglich in den hunderte Kilometer entfernten Anden.
Dort könnte das Wasser in den Untergrund sickern und anschließend tief im Erdinneren (ca. 4000 Meter unter der Oberfläche) aufgeheizt werden, bevor es schlussendlich im Tiefland wieder an die Oberfläche tritt.
Sollte sich diese Annahme bestätigen, würde sie auf ein gewaltiges unterirdisches Wassersystem hinweisen, das die Anden mit dem Amazonasbecken verbindet.

FunFact: Trotz der extremen Bedingungen ist der Fluss Lebensraum für einzigartige Organismen – darunter seltene Mikroorganismen, die bislang nur an diesem speziellen Ort nachgewiesen wurden: sogenannte Extremophilen.

Was der Fluss über die Zukunft des Regenwaldes verrät

Die enorme Hitze des Flusses könnte Prognosen über die Zukunft des Regenwaldes im Hinblick auf den Klimawandel erlauben! Fotograf:in: Vlad Hilitanu, Copyright: CC0 Unsplash

Der Shanay-timpishka könnte einen Blick in die Zukunft des Regenwaldes ermöglichen – insbesondere im Hinblick auf die Veränderungen durch den Klimawandel.

Die Baumartenvielfalt in Regenwäldern nimmt nämlich mit steigender Lufttemperatur – die mit der enorm hohen Temperatur des Flusses einhergeht – ab: Für jede Erwärmung um 1°C gibt es 11 % weniger Baumarten. Das ist besonders bedeutsam, da Prognosen zufolge die Temperaturen in der Region bis zum Jahr 2100 um 3 bis 6°C steigen könnten.

Weiterhin weisen wärmere Gebiete nicht nur weniger Artenvielfalt auf, sondern werden auch von hitzeresistenten Bäumen dominiert, die normalerweise in den heißesten Regionen Südamerikas wachsen.

Aber: Vorsicht bei der Interpretation dieser Prognosen. Die Erkenntnisse lassen sich nicht ohne Weiteres auf den gesamten Amazonas-Regenwald übertragen. In weiten Teilen des Amazonasbeckens könnte die Wasserverfügbarkeit eine entscheidendere Rolle für die Artenvielfalt spielen als die Temperatur, da dort saisonale Regenmuster und Trockenstress darüber bestimmen, welche Baumarten überleben können.