Lange Zeit galt die Kegelrobbe in deutschen Gewässern als nahezu ausgestorben – umso erfreulicher ist es, dass sie inzwischen immer häufiger an den Stränden Mecklenburg-Vorpommerns gesichtet werden. Wie können wir diesen Aufwärtstrend aktiv unterstützen und den beeindruckenden Meeressäugern eine sichere Zukunft an unseren Küsten ermöglichen?
Das Comeback der Kegelrobbe
1900 umfasste der Kegelrobbenbestand in der Ostsee noch stolze 100.000 Tiere. Der Fischereiindustrie jedoch waren sie ein Dorn im Auge und so wurden sie als Nahrungskonkurrenten gejagt und beinahe ausgerottet. 1914 wurden sogar Kopfgelder auf die Robben ausgesetzt. So kam es, dass die Ostsee-Kegelrobbe schon 1920 vollständig aus deutschen Küstengewässern verschwunden war!
Zusätzlich führte die extreme Wasserverschmutzung mit Umweltgiften wie PCBs und DDT seit 1950 zu Fortpflanzungsstörungen bei den verbliebenen Kegelrobben, die zuvor in nicht-deutsche Gewässer geflüchtet waren. 1980 drohten sie schließlich ganz aus der Ostsee zu verschwinden. Nur in den nördlichen Teilen des Binnenmeers konnten einige wenige Tiere überleben.
Durch internationale Schutzmaßnahmen wie ein striktes Jagdverbot und das Produktionsverbot von PCB und DDT konnte sich die Kegelrobbenpopulation in der Ostsee größtenteils erholen. Inzwischen gibt es dort geschätzt 30.000-40.000 Individuen.
Und auch an die deutsche Ostseeküste kehren sie nun langsam wieder zurück – heute leben dort etwa 300 Exemplare.
Die Rückkehr der Kegelrobbe – nur ein kurzer Besuch?
Trotz der steigenden Zahlen wird die Kegelrobben-Population in den Küstengebieten Deutschlands auf der Roten Liste immer noch als "gefährdet" geführt und gilt als streng geschützt. Das Töten, Fangen oder Besitzen von Kegelrobben ist in Deutschland bis heute verboten; genauso wie erhebliche Störungen der Tiere.
Wie fragil die Robbenpopulation an der deutschen Ostseeküste ist, zeigt sich auch daran, dass bisher nur zwei Geburten verzeichnet wurden und keines der Jungtiere überlebt hat. Die Lebensbedingungen sind dort also immer noch nicht optimal.
Strandbesucher*innen müssen deshalb besonders große Rücksicht nehmen – schon kleinere Störungen können dazu führen, dass sich die Tiere aus den deutschen Küstengebieten wieder zurückziehen.
Kraft tanken fürs Überleben: Warum Ruhe für Robbenkinder lebenswichtig ist
Kegelrobben werden mit flauschigem, weißem Embyonalfell geboren, welches nach den ersten vier Lebenswochen von einem wasserdichten Fell ersetzt wird. Das Emryonalfell schützt vor der Kälte an Land, ist aber nicht zum Schwimmen geeignet. Kegelrobbenbabies können also nicht sofort ins Wasser, sondern erst, nachdem sie sich eine Speckschicht angefressen und den Fellwechsel durchlaufen haben.
Während der Säugezeit ist es nicht untypisch für Robbenmütter, ihre Jungen alleine am Strand zurückzulassen, um selbst nach Nahrung zu suchen – oft ist das Robbenbaby also mehrere Stunden am Stück alleine. Ein Robbenkind, welches alleine am Strand liegt, ist also nicht unbedingt ein Anzeichen dafür, dass es von der Mutter verlassen wurde!
Nach der Säugezeit, die einen Zeitraum von etwa drei Wochen umfasst, ist das Robbenkind auf sich alleine gestellt. Das Jagen ist für die Jungtiere noch schwierig, weswegen ungestörte Ruhephasen an Land in dieser Phase extrem wichtig sind. Jede unnötige Störung einer jungen Kegelrobbe kann ihre Überlebenschance verringern, denn sie brauchen diese Zeit, um Kraft zu tanken und sich zu erholen. Obwohl sie keine natürlichen Fressfeinde haben, liegt die natürliche Sterblichkeit im ersten Lebensjahr bei 50%.
Wann sollte man tatsächlich eingreifen?
Sieht ein Robbenbaby stark abgemagert aus oder ist es verwundet, dann ist es vermutlich ein Waise. Aber auch hier gilt: Nicht auf eigene Faust handeln oder der Robbe zu nahe kommen. Stattdessen sollte man den Tierschutz kontaktieren, der das Jungtier in eine Auffangstation bringen kann, wo es wieder aufgepäppelt wird.
Vorsicht Kegelrobbe – Abstand halten zum eigenen Schutz
Die Wurfzeit an der Ostsee liegt zwischen Februar und April; kurz darauf folgt im April/Mai die Paarungszeit. In diesen Monaten kommen Kegelrobben, die sonst eher Einzelgänger sind, oft zu größeren Gruppen zusammen. Der Mai ist auch die Zeit, in der die Tiere ihren Fellwechsel durchlaufen. Sie liegen in dieser Zeit gerne an Land und die Wahrscheinlichkeit, sie dort anzutreffen, ist besonders hoch. Wer einen Ostseeurlaub in den Frühlingsmonaten plant, sollte also gewisse Verhaltensregeln kennen.
Kegelrobben sind Deutschlands größtes Raubtier und sollten nicht unterschätzt werden. Sie verfügen über ein imposantes Gebiss und können schwere Infektionen übertragen. Mit 20 km/h an Land sind sie vermutlich auch schneller, als es manch unwissender Strandbesucher erwarten würde – also immer einen Sicherheitsabstand einhalten!
Das Deutsche Meeresmuseum fordert Besucher*innen der Ostseeküste dazu auf, jede Sichtung sowie Totfunde von Kegelrobben zu melden, um mehr Daten über ihre Aufenthaltsgebiete sammeln zu können. Das geht ganz einfach online über die OstSeeTiere-App. Im Falle eines Totfundes in Mecklenburg-Vorpommern soll man sich zusätzlich an folgende Nummer wenden, damit das Tier schnellstmöglich abgeholt werden kann: 03831 26 50 3333. In Schleswig-Holstein kannst du dich im Falle eines Totfundes bei der Leitstelle unter 110 melden. Du kannst die Polizei oder das Deutsche Meeresmuseum auch kontaktieren, um eine Robbe, die Hilfe benötigt oder von Personen bedrängt wird, zu melden.
Weitere Regeln im Umgang mit Kegelrobben lauten:
- Nie den Fluchtweg ins Wasser versperren
- Zu jeder Zeit mindestens 100 Meter Abstand wahren – Wenn eine Robbe dich wiederholt anschaut, fühlt sie sich bedroht. In diesem Fall solltest du unbedingt den Abstand vergrößern.
- Nicht Füttern oder Anfassen
- Hunde anleinen
- Andere Strandbesucher warnen
Insbesondere einem Jungtier sollte man nie zu nahe kommen, denn damit riskiert man, dass es von der Mutter verstoßen wird. Grundsätzlich können Störungen der Robben dazu führen, dass die Muttertiere nicht mehr an den Strand zurückkehren; die Überlebenschancen der Kegelrobbenkinder sind dann extrem gering.
Einzelnachweise & Weblinks:
- https://www.bund-mecklenburg-vorpommern.de/fileadmin/mv/Publikationen/Robbenbroschuere_web_BUND_kleiner.pdf
- https://www.deutsches-meeresmuseum.de/wissenschaft/sichtungen/robbensichtung
- https://www.bund.net/themen/aktuelles/detail-aktuelles/news/kegelrobben-jetzt-ist-der-nachwuchs-an-der-ostsee-unterwegs/
- https://www.wwf.de/themen-projekte/artenlexikon/kegelrobbe