Was die Hitzewelle mit unseren Meeren macht

August 2023
Copyright: Foto von frank mckenna auf Unsplash

Extreme Temperaturanstiege in unseren Weltmeeren beschäftigen und beunruhigen Wissenschaftler weltweit. Seit Beginn dieses Jahres steigen die Temperaturen in den Ozeanen immer rasanter an und erreichen neue Rekordwerte – seit Beginn der Temperaturaufzeichnung durch Sateliten vor 40 Jahren waren die Meere bei Weitem noch nicht so warm. Doch wie kommt es zu diesen drastischen Veränderungen und was bedeutet das für die Lebewesen, die auf das Wasser als ihren Lebensraum angewiesen sind?


Die Hintergründe erklärt

Dass sich auch die Temperaturen des Wasser ändern, ist an sich keine Überraschung. Aussagen des Weltklimarates IPCC zufolge steigen die Temperaturen in den Meeren schon seit Jahren an – Grund hierfür ist besonders, dass unsere Ozeane bisher etwa 93% der Wärmeenergie absorbiert haben, die durch den menschengemachten Treibhauseffekt auf der Erde verblieben ist, welche infolgedessen nun in den Tiefen der Ozeane eingelagert ist und die Weltmeere langsam erhitzt. Der Klimawandel trägt also durchaus seinen Teil zum Anstieg der Wassertemperaturen bei. Das unfassbar erschreckende an der derzeitigen Situation ist insbesondere der plötzliche und unerwartete Temperaturanstieg des Wassers. Verglichen mit dem Zeitraum der letzten zehn Jahre sind die Ozeane seit April 2022 um einige Zehntel Grad wärmer geworden.
Weshalb sich diese Veränderung in gar so raschem Tempo vollzog, ist auch für die Wissenschaft noch ein Rätsel. Nicolas Gruber vom Institut für Biogeochemie und Schadstoffdynamik an der Eidgenössischen Technische Hochschule in Zürich zufolge könnte es jedoch durchaus möglich sein, dass die Erwärmung der Ozeane nur eine verzögerte Reaktion der allgemeinen Erderwärmung ist und erst allmählich in all ihren Ausmaßen sichtbar wird. Hinzu kommmen dann auch noch regelmäßig auftretenden Wetterphänomene wie der El Niño, welcher alle zwei bis sieben Jahre über den Pazifik hinweg zieht und Änderungen in Luft- und Meeresströmungen nach sich zieht, die wiederum zu Veränderungen in Temperaturen zu lande und im Wasser führen.

Besonders den Atlantik trifft es schwer

Insbesondere die räumliche Ansiedlung der betroffenen Gebiete ist erstaunlich. Unmengen an Gewässern weltweit sind betroffen. Mitunter am meisten in Mitleidenschaft gezogen worden sind jedoch mehrere Gebiete des Atlantiks.

Erstaunlich stark trifft es den Nordatlantik, welcher einen Durchschnittswert von 23°C erreicht hat. Vor der Küste Großbritanniens ist das Wasser also durchschnittlich bis zu 5°C wärmer als sonst. Eine Tatsache, über die sich manche Badegäste vielleicht freuen, die aber fatale Auswirkungen auf das Ökosystem und die Biodiversität unserer Meere hat.

An der Küste Nordirlands
An der Küste Nordirlands

Die Risiken für die Unterwasserwelt

Abgesehen davon, dass wärmere Wassertemperaturen – und somit erhöhte Wasseroberflächentemperatur – Hitzewellen und Regenfälle auch an Land begünstigen, bedroht der Wandel der Temperatur die Existenz zahlloser Meeresbewohner.
Im Vergleich zum Wetter an Land schwanken die Temperaturwerte in den Meeren grundsätzlich deutlich weniger und dementsprechend sind auch die meisten Tier- und Pflanzenarten dort nicht auf derartig starke und plötzliche Änderungen vorbereitet. Dies hat katastrophale Auswirkungen auf die gesamte Biodiversität der Ozeane.

Ändern sich die Wasserbedingungen um sie herum, so versuchen die meisten mobilen Tierarten, vor den ungewohnten Umständen zu fliehen. So ziehen manche Fische und andere Tierarten beispielsweise hunderte bis tausende Kilometer polwärts. Nicht nur bedeutet dies für die betroffenen Tiere eine kräftezehrende und gefährliche Reise, auch das gesamte Nahrungsnetz unterliegt Veränderungen, denen manche Tierarten schlichtweg nicht gewachsen sind. So trägt die Flucht der Fische beispielsweise dazu bei, dass auch Seevögel sich immer weiter von der Küste entfernen müssen. Sie ziehen sozusagen ihrer Beute hinterher. Da Seevögel aber für diesen neuen Kraftakt weitaus mehr Energie aufwenden müssen, als sie theoretisch aufbringen können, können sie sowohl sich selbst als auch ihren Nachwuchs nicht mehr mit ausreichend Futter versorgen. Ein Beispiel hierfür sind zum Beispiel die Papageientaucher in europäischen Siedlungsgebieten. Ihr Bestand verringert sich immer weiter, da die Sandaale – ihre Hauptnahrungsquelle – wiederum ihrer eigenen Nahrungsquelle – dem Zooplankton – weiter in kühlere Meeresregionen folgen.

Sogar noch schlimmer als diese umherziehenden Tierarten trifft es jedoch Lebewesen wie Korallen, Muscheln und Moostierchen, denn ihnen ist es, aufgrund ihre Immobilität nicht einmal möglich, vor den raschen Temperaturänderungen zu flüchten – was folgt ist das Massensterben unzähliger Meeresbewohner.

Ein perfektes Beispiel hierfür bieten Korallenriffe weltweit. Sollte, allgemein betrachtet, auf unserer Erde alles weiterhin seinen jetzigen gewohnten Gang gehen und sollte nicht bald eine weitreichende Veränderung in Sachen Klimaschutz stattfinden, so gehen Wissenschaftler davon aus, dass in etwa 25 Jahren 90% aller Korallen tot sein werden – eine Katastrophe mit so weitläufigen und grausamen Auswirkungen, dass man sie sich lieber nicht vorstellen möchte.
Eine Zukunftsaussicht, die durch die steigenden Temperaturen um ein Vielfaches begünstigt wird.
Bereits 2023 droht neuesten Erkenntnissen zufolge die bisher vierte und vermutlich schlimmste uns bekannte Korallenbleiche. Schon sehr geringe Temperaturanstiege führen nämlich dazu, dass Korallen ausbleichen. Dies geschieht, da sie – aus bisher unbekannten Gründen – Einzeller, mit denen sie für gewöhnlich in Symbiose leben, abstoßen.
Doch nicht nur die Korallen selbst sind von dieser grausamen Entwicklung betroffen. Etwa ein Viertel der Biomasse in unseren Meeren hängt von Korallenriffen ab: Sie sind der Ausgangspunkt tausender Nahrungsketten und die Kinderstube unzähliger Tierarten. Die Stellung der Korallenriffen im Ökosystem sind so unglaublich komplex, dass das plötzliche Absterben der Riffe – besonders im tropischen Bereich des Atlantiks – zu einer kompletten Umstrukturierung des Ökosystems führen würde – eine Veränderung, die, wie es scheint, schon nach kurzer Zeit irreversibel wäre und mit der viele Tierarten nicht umgehen könnten.

Ohne aktiven Schutz der Meere sterben immer mehr Korallen - bald schon
Ohne aktiven Schutz der Meere sterben immer mehr Korallen - bald schon wird es sie kaum mehr geben

Phytoplankton - winzige Organismen von immenser Wichtigkeit

Auch Veränderungen, die durch zunehmende Wassertemperatur hervorgerufen werden und auf den ersten Blick unbedeutend oder als eher nebensächlich erscheinen, bringen weitreichende Auswirkungen mit sich. Eine dieser Veränderungen ist die Tatsache, dass viele Meeresbewohner bei sich verändernder Temperatur kleiner werden. Die Gründe hierfür sind bisher noch nicht ausreichend erforscht, doch die Konsequenzen sind erschreckend. So wird zum Beispiel befürchtet, dass kleiner werdendes Phytoplankton von anderen Lebewesen nicht mehr gefressen werden kann, da die Fresswerkzeuge der größeren Tiere nicht an die veränderte Beschaffenheit des Planktons angepasst sind.
Dabei ist es von größter Wichtigkeit für unser Ökosystem, dass Phytoplankton ein Bestandteil der Nahrungskette unserer Meere bleibt. Phytoplankton wächst nämlich, genau wie viele Pflanzen an Land, mitunter durch die Aufnahme von CO2. Fressen andere Lebewesen, wie beispielsweise Muscheln oder Zooplankton das Phytoplankton, so sinken die später ausgeschiedenen Aggregate und das darin gebundene CO2 zum Meeresgrund und verweilen dort. Sollten sich die Befürchtungen der Wissenschaftler also bewahrheiten, so fällt das Phytoplankton tatsächlich aus der Nahrungskette heraus und unser Planet verliert infolgedessen diese wichtige biologische Kohlenstoffpumpe. Die CO2 Belastung unserer Erde kann dementsprechend noch weniger ausgeglichen oder gestoppt werden als zuvor.

Auf langfristige Sicht werden unter jetzigen Bedingungen noch viele weitere Konsequenzen der Wassererwärmung erwartet, denn je dramatischer der Temperaturanstieg, desto länger dauert die Abkühlung der Meere, umso mehr Tiere sterben, umso mehr Biodiversität wird zerstört.

Phytoplankton
Phytoplankton - diese winzigen Organismen wirken als biologische Kohlenstoffpumpe in unseren Meeren.

Was kann man tun, um die Meere zu schützen?

Mit allen Mitteln versuchen Forscher und Menschen, die sich für den Schutz der Meere interessieren, der derzeitigen Entwicklung entgegenzuwirken. So gibt es beispielsweise konkrete Schutzmaßnahmen und gezielte Zucht- und Wiederansiedlungsprogramme für die bedrohten Riffe.
Dennoch verschafft man den Riffen und Meeresbewohnern damit leider nur eine kurze Atempause, denn auch die Aufforstung der Riffe mit Setzlingen und die Wiederbesiedlung funktionieren ohne konsequenten Schutz bereits existierender Riffe auf Dauer nicht.
Die einzige langfristige und nachhaltige Lösung ist es also, das Problem bei der Wurzel zu packen und aktiven Klimaschutz zu betreiben!

  • https://www.piqd.de/klimawandel/was-die-hitzewelle-in-den-ozeanen-fur-die-tierwelt-bedeutet
  • https://www.sueddeutsche.de/wissen/hitzewelle-meere-klimawandel-artensterben-biodiversitaet-1.5980544
  • https://www.zdf.de/nachrichten/panorama/waerme-atlantik-hitze-sommer-starkregen-100.html
  • https://www.stuttgarter-nachrichten.de/inhalt.beunruhigende-daten-aus-den-weltmeeren-warme-ozeane-heisser-sommer.f789d7d1-e57f-4023-93cf-d06640156caa.html
  • https://www.piqd.de/klimawandel/korallensterben-so-schlimm-wie-nie-zuvor-in-diesem-jahr
  • https://www.spektrum.de/news/schlimmste-globale-korallenbleiche-droht/2160930


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