Deutschland auf dem Weg zur Kreislaufwirtschaft

November 2023
Fotograf:in: Frames For Your Heart, Copyright: Unsplash

Die Menschheit verbraucht heute dreimal so viele Rohstoffe wie noch im Jahr 1970. Weltweit werden im Namen der Linearwirtschaft Ressourcen vergeudet, als gäbe es kein Morgen mehr. Deutschland ist dabei keine Ausnahme, ganz im Gegenteil: Wir zählen zu den Spitzenreitern. Zwar lässt sich dieser Umstand teilweise durch das rasante Bevölkerungswachstum rechtfertigen, doch an den Umweltauswirkungen ändert das nichts.

Die alarmierenden Daten globalen Ressourcenkonsums

Der Earth-Overshoot Day markierte dieses Jahr den 2. August. Das bedeutet, dass wir die Ressourcen, die die Erde in einem Jahr produziert, in nur sieben Monaten aufgebraucht haben. Das ist alles andere als nachhaltig, denn von dem Earth-Overshoot Day an verbrauchen wir Rohstoffe, die eigentlich zukünftigen Generationen zustehen. Wenn wir so weitermachen wie bisher, werden wir im Jahr 2050 die Ressourcen von drei Erden benötigen.

Die Herausforderungen der Linearwirtschaft

Das Problem besteht vor allem darin, dass das Prinzip der Linearwirtschaft den Weltmarkt beherrscht.
Trotz des wachsenden Bewusstseins für die Grenzen unseres Planeten setzt sich die Ausbeutung ungebremst fort. Eben dieser verantwortungslose Umgang mit Rohstoffen trägt übrigens nicht nur maßgeblich zur unsicheren Versorgungslage bei, sondern verschärft auch die Klimakrise und das Artensterben. Die Rohstoffgewinnung, wie sie aktuell betrieben wird, verursacht mehr als 20% der globalen Schadstoffemissionen. Wenn man dazu noch den Wasserverbrauch und den Verlust von Artenvielfalt aufgrund der stetigen Flächenerschließung zählt, kommen wir auf erhebliche Umweltschäden. Diese ließen sich jedoch an vielen Stellen vermeiden, würde man die Produkte am Ende ihres Lebenszyklus nur wiederverwenden.
Um unseren eigenen Lebensraum nicht endgültig zu zerstören, müssen wir unsere Auffassung einer erfolgreichen Wirtschaft grundlegend revidieren.

Eine Alternative gibt es bereits – die sogenannte Kreislaufwirtschaft, die das Gegenstück zur Linearwirtschaft bildet.

Von der Linearwirtschaft zur Kreislaufwirtschaft

Unter der Kreislaufwirtschaft versteht man ein System, bei welchem Produkte, die sich am Ende ihres Lebenszyklus befinden, nicht einfach leichtfertig entsorgt, sondern recycelt und zurück in den Kreislauf geführt werden, womit sich dieser schließt. Sie fungieren also als Ausgangsmaterial für die Herstellung neuer Produkte, wodurch der Abbau neuer Rohstoffe minimiert wird. Nur indem man die Lebensdauer von Produkten durch Wiederverwertung verlängert, lässt sich der rigorose Abbau neuer Rohstoffe reduzieren.
Anders als es in Deutschland heute gehandhabt wird, umfasst die Kreislaufwirtschaft mehr als nur den Recyclingprozess. Sie setzt schon bei der Anfertigung des Designs an.
Viele Produkte, die sich momentan im Umlauf befinden, sind also gar nicht darauf ausgelegt, einer langfristigen oder mehrmaligen Nutzung standzuhalten. Nicht selten hört man sogar von der geplanten Obsoleszenz, einer Marketingstrategie, bei der man die Lebensdauer eines Produkts bewusst herabsetzt. So will man Verbraucher:innen dazu bewegen, regelmäßig neue Produkte zu kaufen und immer wieder Geld für denselben Artikel auszugeben. Das widerspricht allen Grundsätzen der Nachhaltigkeit, aber maximiert den Profit. Mit dem “Recht auf Reparatur" will man dem entgegenwirken. Auch die verbesserte Reparierbarkeit von Produkten muss allerdings schon beim Design miteinbezogen werden, da die Ersatzteile nicht nur vorrätig, sondern auch verbraucherfreundlich einzubauen sein müssen.

Wie sieht es in Deutschland aus?

Deutschland mangelt es bis heute an einem ganzheitlichem Plan zur Umstellung der Wirtschaft, doch das soll sich durch die Nationale Kreislaufwirtschaftsstrategie (NKWS) nun ändern. Um den Erfolg dieser Strategie zu sichern, ist man auf wissenschaftlichen Rat angewiesen. In diesem Sinne zeigte der WWF zusammen mit dem Öko-Institut, Fraunhofer ISI und FU Berlin in der Studie “Modell Deutschland Circular Economy“ (MDCE), wie Deutschland die Kreislaufwirtschaft bis 2045 ausbauen kann.

Die Sektoren, die am meisten Ressourcen verbrauchen, verfügen folglich auch über das größte Einsparpotenzial. In der MDCE Studie konzentrierte man sich deshalb auf insgesamt acht Sektoren. Darunter fallen zum einen Lebensmittel und Ernährung – Platz Nummer drei der Sektoren, die am meisten Ressourcen für sich beanspruchen. Das ist besonders den tierischen Produkten in unserer Ernährung geschuldet, da deren Herstellung gleich doppelt Fläche und damit Ressourcen verbraucht – zum einen für die Tiere, zum anderen für den Futtermittelanbau. Aber auch die enorme Lebensmittelverschwendung trägt zu diesem Status bei. Die MDCE-Studie sieht vor allem einen Umstieg auf pflanzliche Alternativen und eine Reduktion der Lebensmittelverschwendung vor.
Neben Hoch- und Tiefbau; Fahrzeugen und Batterien; Haushaltsgeräten; Kommunikation und IT; Textilien; Möbeln und Beleuchtung wurden auch Verpackungen aufgelistet – am Ende eines Jahres hat jede:r Deutsche nämlich rund 225 kg an Verpackungen verbraucht. Dabei wären Veränderungen in diesem Sektor am einfachsten zu bewerkstelligen. Allein durch Projekte wie “Zero-Waste Läden” und den Ersatz herkömmlichen Verpackungsmaterials durch umweltschonende, recyclebare Alternativen ließen sich erhebliche Einsparungen erzielen. Die MDCE-Studie geht davon aus, dass die Rohstoffnachfrage allein dadurch um mehr als 50% sinken würde.

Dem Circularity Gap Report von 2020 zufolge sind “nur 8,6 Prozent der globalen Weltwirtschaft zirkulär”. Daran muss sich etwas ändern. Damit Reformen tatsächlich greifen, müssen alle Beteiligten miteinbezogen werden, die Zusammenarbeit von Politik, Verbraucher:innen, Unternehmen und deren Partnern entlang der Wertschöpfungskette ist unverzichtbar. Unternehmen müssen in neue Geschäftsmodelle investieren und die Regierung muss ihnen den Weg mit entsprechenden Vorschriften und Gesetzen ebnen. Nicht zuletzt müssen auch Verbraucher:innen diese neuen Produkte verstehen und unterstützen und Abstand nehmen wollen von den aktuellen Konsumgewohnheiten. Es muss mehr Wert auf Qualität statt Quantität gelegt werden.

Das “Circular Investment Readiness Network”

Pilotprojekte, die Fortschritte in der Kreislaufwirtschaft versprechen, brauchen mehr Förderung. Um die Vermittlung zwischen Projektleitern und den nötigen Investor:innen zu erleichtern, wurde das sogenannte “Circular Investment Readiness Network” ins Leben gerufen. Dieses Netzwerk dient all denjenigen, die im Rahmen der Kreislaufwirtschaft forschen und entwickeln, die Chance, sich auszutauschen und den Lernprozess so zu beschleunigen.

Um es kurz zu fassen: Der Studie MDCE zufolge gibt es eine Zukunft, in der unsere Wirtschaft den Planeten nicht nach und nach zerstört und ihn so auch für die Generationen, die nach uns kommen, erhält. Da man in diesem Zukunftsszenario außerdem weitaus weniger von der Beschaffung neuer Rohstoffe abhängig wäre, wäre die Versorgungslage Deutschlands verlässlicher. Und letzten Endes wirkt sich die Transformation hin zu einer Kreislaufwirtschaft sowohl auf die Umwelt als auch auf die Lebensqualität von uns Menschen ausschließlich positiv aus.

  • https://www.wwf.de/nachhaltiges-wirtschaften/circular-economy/die-zukunft-ist-zirkulaer
  • https://www.wwf.de/fileadmin/fm-wwf/Publikationen-PDF/Unternehmen/WWF-Modell-Deutschland-Circular-Economy-Broschuere.pdf
  • https://www.wwf.de/nachhaltiges-wirtschaften/circular-economy/modell-deutschland-circular-economy
  • https://www.wwf.de/nachhaltiges-wirtschaften/circular-economy
  • https://www.nks-bio-umw.de/aktuelles/news/neues-netzwerk-fuer-circular-economy-projekte
  • https://www.umweltdialog.de/de/wirtschaft/circular-economy/2023/Wie-will-die-EU-bis-2050-eine-Kreislaufwirtschaft-erreichen.php
  • https://www.europarl.europa.eu/news/de/headlines/priorities/kreislaufwirtschaft/20220331STO26410/recht-auf-reparatur-warum-sind-eu-rechtsvorschriften-wichtig
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