Scan4Chem: Eine App gegen besorgniserregende Chemikalien

Dezember 2023
Copyright: LIFE AskREACH

In der heutigen Zeit stehen wir täglich mit einer Vielzahl von Produkten in Berührung, seien es Möbel, Kleidung, Sportartikel oder Spielzeug. Wir konsumieren diese Produkte oft ohne genaue Kenntnis der potenziellen Gefahren, die sie möglicherweise in unser Zuhause bringen. Wie eine App des Umweltbundesamtes (UBA) beim Aufklären helfen kann, das verraten wir euch jetzt.

SVHC

In unserer Umwelt existieren viele Chemikalien mit hoch problematischen Eigenschaften für Mensch und Natur. Solche Substances of Very High Concern (SVHC) werden von der EU als “besonders besorgniserregende Stoffe” eingestuft, da sie zum Beispiel erbgutverändernd oder krebserregend sein können. Über die Luft oder Kontakt mit der Haut können sie in unseren Körper gelangen.
Darüber hinaus können schwer abbaubare Stoffe richten nicht nur beim Menschen potenziell irreversible Schäden anrichten, sondern auch in der Natur. Durch Anreicherung in Böden und Sedimenten, können solche Chemikalien auch nach 100 Jahren noch aktiv bleiben. Außerdem sind manche Stoffe extrem mobil und resistent gegenüber äußeren Einflüssen und wurden sogar schon in Eisbären nachgewiesen.

Warum einige Chemikalien “persistent-mobil-toxisch” (PMT-Chemikalie) genannt werden, erklären wir dir in diesem Artikel.

Verbraucherschutz

Die EU räumt ihren Bürger:innen das Recht ein, zu wissen, ob solche besonders besorgniserregenden Stoffe in den von ihnen konsumierten Produkten verwendet werden. Bisher fallen darunter 235 Stoffe, alle sechs Monate werden weitere ergänzt.

Das REACH Auskunftsrecht bezieht sich dabei auf Gebrauchsgegenstände wie Schuhe, Textilien, Elektrogeräte, Spielzeug und DIY-Produkte. Entgegen der allgemein verbreiteten Meinung gilt es allerdings nicht für Kosmetika, Putzmittel, Farben oder Waschpulver, da solche Gemische eigenen Kennzeichnungsregelungen unterliegen.

Hersteller wie auch Händler sind dazu verpflichtet, auf Anfrage hin Auskunft über ihre Produkte zu erteilen. Und hier sehen wir auch schon das Problem, denn in den seltensten Fällen haben wir Verbraucher:innen die Zeit und die Kapazität, über all unsere Einkäufe Auskunft einzufordern. Außerdem braucht man die Antwort in den meisten Fällen sofort, und nicht nach einigen Tagen Mailkontakt.

Scan4Chem

Hier kommt die App "Scan4Chem" des Umweltbundesamtes (UBA) ins Spiel. Eine recht innovative und einfache Lösung, die es uns ermöglicht, unsere Einkäufe genauer unter die Lupe zu nehmen und informierte Entscheidungen über den Umgang mit diesen Produkten zu treffen.

Mit der App scannt man den Barcode eines Produktes oder tippt den Namen manuell in ein Suchfeld ein und wird im Bestfall in Echtzeit darüber informiert, ob SVHCs enthalten sind. Die App greift auf eine zentrale Datenbank zu, die auf freiwilliger Basis von Unternehmen befüllt werden kann. Sollten die Informationen nicht enthalten sein, so kann auf einfache Weise eine direkte Anfrage an das entsprechende Unternehmen gestellt werden.

Mit der App werden so nicht nur die eigenen Fragen schnellstmöglich beantwortet, man trägt durch die Nutzung auch zum weiteren Ausbau der Datenbank bei.

Einfach beim Einkaufen Artikel scannen.

Die App ist ein wichtiges Mittel für Unternehmen sowie Verbraucher:innen. Erstere sparen Zeit und Ressourcen, da sie nicht unzählige Anfragen beantworten, sondern nur einmalig die Daten zu einem Produkt eingeben müssen und die Auskunft dann zentral abgefragt werden kann. Für Konsument:innen ist es dagegen von entscheidender Bedeutung, die Inhaltsstoffe eines Produkts zu kennen und potenziell schädliche Chemikalien identifizieren zu können.

Hier geht's zur App bei Google Play und im App Store.

Deine Stimme zählt

Scan4Chem ist sowohl als Smartphone-App als auch als Web-Anwendung verfügbar und steht jederzeit zur Verfügung, um uns den Zugang zu wichtigen Informationen über potenziell besorgniserregende Chemikalien zu erleichtern. Das ist eine Chance, die wir nutzen sollten – auch, um den Herstellern zu zeigen, dass wir es ernst nehmen mit unseren Rechten und unserer Gesundheit sowie dem Erhalt unserer Umwelt.

Die App fördert gleichzeitig die Transparenz in der Produktionskette, indem sie Hersteller dazu ermutigt, sicherere Alternativen zu verwenden und ihre Produkte freiwillig zu kennzeichnen.

Durch viel Beteiligung wird die App zu einem wichtigen Tool.

Stand Juni 2023 wurde die App in Europa rund 140.000 Mal heruntergeladen, wobei 230.000 Scans durchgeführt wurden. Es wurden ca. 48.000 Anfragen an 37.000 unterschiedliche Unternehmen versendet und für rund 51.000 Produkte wurden Informationen vom Anbieter in der Datenbank angelegt. Das sind bereits beeindruckende Zahlen, aber es zeigt auch, dass bei weitem nicht genug Unternehmen auf die Verbraucheranfragen vorbereitet sind oder sich bisher freiwillig beteiligen wollen. Das Umweltbundesamt führt daher in Kooperation mit den Partnern des LIFE AskREACH-Projekts eine Kampagne für Unternehmen durch. Ziel ist es, die Unternehmen auf ihre Verpflichtung zur Bereitstellung von Informationen aufmerksam zu machen und sie entsprechend zu schulen.

In diesem Artikel erfährst du mehr über die Chemikalie PFAS und in welchen Alltagsprodukten sie zu finden ist.

Eine weitere App, die euch die Inhaltsstoffe verschiedener Produkte, vor allem Kosmetika, aufgelistet und bewertet, stellen wir euch in diesem Artikel vor.

  • https://www.umweltbundesamt.de/themen/chemikalien/chemikalien-reach/reach-fuer-verbraucherinnen-verbraucher/scan4chem-smartphone-app-web-app#scan4chem
  • https://www.umweltbundesamt.de/themen/chemikalien/informationen-zu-chemikalien-in#biozide
  • https://www.youtube.com/watch?v=lvTb4fnafqU&t=16s
  • https://www.umweltbundesamt.de/themen/chemikalien-in-produkten-wo-gibt-es-verlaessliche
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