Brasilien: Abholzung des Regenwaldes nimmt weiter ab

Januar 2024
Fotograf:in: Kyle Cleveland, Copyright: Unsplash

Die Abholzung von Wäldern schadet dem globalen Klima gleich in zweierlei Hinsicht: Zum einen verlieren wir dadurch wichtige Kohlenstoffsenken. Außerdem verursacht auch der Prozess der Rodung selbst CO2-Emissionen, da das einst von den Pflanzen gespeicherte Treibhausgas bei ihrer Zerstörung wieder freigesetzt wird.
Tatsächlich sind in Brasilien z.B. weder der Industrie- und Transportsektor noch die Energiewirtschaft die Hauptverursacher von Treibhausgasen, sondern die Rodung zusammen mit der Landwirtschaft – mit einem Anteil von 75%.

EU-Gesetz zum Schutz der Wälder

Die Verluste, die die Wälder weltweit in dem Zeitraum zwischen 1990 und 2020 erlitten, entsprechen einer Fläche, die größer ist als die EU selbst. Das Konsumverhalten der Europäischen Union hat mit 10% Teilschuld daran. Daher erarbeiteten die Mitgliedsstaaten der EU ein Gesetz, das die Importe all derjenigen Produkte verbietet, die der Grund für die Rodung von Waldflächen sind. So steht es im Gesetz geschrieben, dass Lieferanten in Form einer Sorgfaltserklärung bescheinigen müssen, dass die von ihnen gelieferten Waren in keinem Zusammenhang mit der Abholzung oder der Schädigung von Wäldern stehen. Das Gesetz ist am 29. Juni 2023 in Kraft getreten – allerdings räumte man den Unternehmen weitere 18 Monate Zeit ein, um ihre Lieferketten anzupassen. Demzufolge wird man also voraussichtlich ab Ende 2024 keine Produkte mehr innerhalb der EU finden, deren Herstellung auf der verantwortungslosen Abholzung von Wäldern basiert.

Sicherheitsmaßnahmen der brasilianischen Regierung

Der Amazonas-Regenwald ist der weltweit größte tropische Regenwald und verfügt über eine unvergleichliche Artenvielfalt. Etwa 10% der weltweiten Flora und Fauna sind in dieser Region zuhause.
60% des Amazonas befinden sich auf brasilianischem Boden. Eine dementsprechend große Verantwortung zum Schutze des Waldes trägt der brasilianische Staat.
Drei Jahre lang hat die Regierung der Umweltzerstörung weitestgehend freien Lauf gegeben. Dieser katastrophalen Umweltpolitik will der neue brasilianische Präsident Luiz Inácio Lula da Silva nun ein Ende bereiten. In seinem Wahlversprechen stellte er eine 180 Grad Wende in Aussicht. Seit seiner Wiederwahl im Januar 2023 wurden Maßnahmen zur Überwachung und Kontrolle der illegalen Abholzung erneut aufgenommen und Bündnisse mit anderen Nationen, die ebenfalls tropischen Regenwald beherbergen, geschlossen. Dieser zuletzt genannte Schritt ist entscheidend, um die illegalen Machenschaften des organisierten Verbrechens grenzübergreifend verfolgen und verhindern zu können – denn die Verantwortlichen könnten lediglich andere Regionen abwandern und so der Strafverfolgung entgehen. Die Zerstörung würde in diesem Fall lediglich verlagert werden.

Man hat sich außerdem das Ziel gesetzt, die illegale Waldrodung bis 2030 aus Brasilien zu verbannen. Bis dorthin ist es jedoch noch ein weiter Weg, denn die Regierung des letzten brasilianischen Präsidenten Bolsonaro erteilte Umweltverbrechern praktisch einen Freifahrtschein – z.B. strich man zuständigen Umweltbehörden und Ämtern zum Schutz indigener Völker die Gelder und das Personal, daneben wurden Gesetze sowie Bußgelder abgemildert. Der Staat nahm sich auf diese Weise selbst die Kontrolle und übergab sie an kriminelle Organisationen. Kaum verwunderlich ist es also, dass die Waldrodung zwischen 2019 und 2022 um 75% zunahm – verglichen mit dem Durchschnitt des vergangenen Jahrzehnts.

Wie die brasilianische Regierung per X- (ehemals Twitter) Post Anfang des Jahres bekannt gab, wurden 2023 50% weniger Regenwaldfläche gerodet, als im Jahr zuvor. In 2022 waren es noch 10.278 km² Quadratkilometer, wohingegen es im Jahr 2023 “nur” noch 5.153 waren – das ist immerhin noch rund sechsmal so groß wie NYC, doch ein Fortschritt ist es allemal.

Gerade in einem Jahr wie 2023, welches unzählige Verluste aufgrund einer extremen Trockenperiode verzeichnete, darunter 154 Flussdelfine und zahllose andere Tiere des Regenwaldes, sind das willkommenen Nachrichten.

Mehr dazu hier: Ungelöstes Mysterium um 125 tote Delfine im Amazonas

Droht eine schlichte Verlagerung des Problems?

Cerrado ist die artenreichste Savanne der Welt, die – wie auch der Amazonas-Regenwald – zum größten Teil in Brasilien liegt. Sie ist das Zuhause 5% aller Tiere und Pflanzen unserer Erde. Und auch sie ist nicht vor der Zerstörung durch illegale Waldrodung sicher. Trotz der Erfolge, die 2023 in Brasilien erzielt wurden, erlebte die Feuchtsavanne in diesem Jahr solch massive Zerstörung, wie sie seit 2016 nicht mehr gesehen wurde. Dabei ist die Savannenlandschaft per Definition nicht mal ein “Wald”, lediglich 30% Cerrados werden als ein solcher eingestuft. Und genau darin liegt das Problem, das auch der WWF an dem neuen Gesetz der EU bemängelt hat: Ein Großteil Cerrados steht nicht unter dem Schutz des Gesetzes. Es besteht also die Sorge, dass die neuen Regelungen von Seiten der EU und der brasilianischen Regierung einfach umgangen werden, indem man auf Gebiete wie die Savannenlandschaft Brasiliens ausweicht.

Der Aktionsplan zur Verhinderung und Kontrolle der Entwaldung im Cerrado "PP Cerrado", der im November 2023 vom brasilianischen Umweltministerium vorgestellt wurde, soll dies nun stoppen.

Maßgeblich ist auch, dass neue Entwicklungsperspektiven – Alternativen zu Rinderzucht und Sojaanbau – geschaffen werden. Solange nicht-nachhaltige Sektoren die einzigen Einkommensquellen sind, in die die Bewohner Vertrauen haben, scheint eine 180-Grad-Wende, so wie sie Präsident Lula vorsieht, ein sehr ambitioniertes Ziel zu sein. Staatliche Unterstützung in Form von neuer Infrastruktur und Hilfe bei der Neuorientierung sind dabei entscheidend – so Angela Mendes, Direktorin des Instituts für biologische Vielfalt ICMBio.

Deutschland steht mit Millionen zur Seite

Deutschland investierte bereits in der Vergangenheit Millionen in den Fond zum Schutz des Amazonas-Regenwaldes. Zwar wurde dieser Fond während der Amtszeit Bolsonaros auf Eis gelegt, doch inzwischen laufen die Zahlungen wieder und so möchte sich Deutschland auch in Zukunft weiterhin durch finanzielle Unterstützung an der Bewahrung des Regenwaldes beteiligen. Bundesaußenminister Annalena Baerbock kündigte auf ihrer Reise durch Lateinamerika Mitte des vergangenen Jahres weitere Zuschüsse in Millionenhöhe an. Nach Norwegen zahlt Deutschland das meiste Geld in diesen Fond ein.

  • https://news.mongabay.com/2023/11/deforestation-in-the-brazilian-amazon-falls-22-in-2023/
  • https://www.zdf.de/nachrichten/panorama/brasilien-regenwald-abholzung-cerrado-daten-100.html
  • https://www.europarl.europa.eu/news/de/press-room/20230414IPR80129/parlament-nimmt-neues-gesetz-zur-bekampfung-der-weltweiten-entwaldung-an
  • https://www.zeit.de/wissen/umwelt/2023-12/brasilien-regenwald-abholzung-november-rueckgang
  • https://www.tagesschau.de/ausland/amerika/abholzung-brasilien-gesunken-100.html
  • https://www.forschung-und-lehre.de/zeitfragen/deutlich-weniger-rodung-im-brasilianischen-amazonasgebiet-6032
  • https://www.handelsblatt.com/politik/international/amazonas-brasilien-meldet-47-prozent-weniger-rodungen-im-regenwald/29306644.html
  • https://www.tagesschau.de/ausland/amerika/brasilien-lula-regenwald-klima-101.html
  • ​​https://www.dw.com/de/amazonas-l%C3%A4nder-beraten-%C3%BCber-schutz-des-regenwalds/a-66036365
  • https://www.nzz.ch/international/brasiliens-regierung-hat-die-rodungen-im-amazonasgebiet-reduziert-aber-trotzdem-fackelt-in-brasilien-so-viel-wald-ab-wie-noch-nie-wie-kann-das-sein-ld.1767975
  • https://www.bbc.com/news/world-latin-america-67962297
  • https://germany.representation.ec.europa.eu/news/entwaldungsfreie-lieferketten-neue-regeln-kraft-18-monate-ubergangsfrist-2023-06-29_de
  • https://www.wwf.de/themen-projekte/projektregionen/amazonien/cerrado/der-cerrado-braucht-hilfe
  • https://www.wwf.de/themen-projekte/projektregionen/amazonien/cerrado/cerrado-schutz-vor-importierter-zerstoerung
  • https://www.tagesspiegel.de/politik/der-prasident-wird-gegen-einen-youtuber-handgreiflich-bolsonaro-hat-die-niederlage-vor-augen-8567704.html
  • https://www.tagesschau.de/ausland/amerika/deutschland-amazonas-hilfszahlungen-100.html#:~:text=Nach%20vier%20Jahren%20hat%20Deutschland,Brasilianische%20Entwicklungsbank%20(BNDES)%20bekanntgaben.
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