Das Leitungswasser deutscher Haushalte muss den Richtlinien der Trinkwasserverordnung des Bundesministeriums für Gesundheit entsprechen und kann deshalb ohne Bedenken getrunken werden. Tatsächlich gehört Trinkwasser sogar zu den am strengsten kontrollierten Lebensmitteln in Deutschland.
Dennoch werben viele Firmen mit “Trinkwasserfiltern”, die die Qualität des Wassers verbessern sollen. Doch was hat es damit auf sich? Sollte man Leitungswasser vorsichtshalber filtern?
Schwermetalle in den Leitungen
Wenn Bedenken bezüglich der Wasserqualität bestehen, sollte man dies zunächst mit dem Hauseigentümer bzw. Vermieter abklären, da die Rohrleitungen die aktuellen Standards möglicherweise nicht mehr erfüllen. So stammen Schwermetalle wie Blei und Kupfer so gut wie immer aus (veralteten) Wasserleitungen, die aber seit 1973 nicht mehr verlegt werden. In einem solchen Fall müssen allerdings die betroffenen Leitungen entsprechend ausgetauscht bzw. repariert werden. Ein Wasserfilter ist hier also nicht die Lösung. Beim städtischen Wasserwerk oder einem unabhängigen Institut kann man den Bleigehalt des Wassers für etwa 30 bis 70 Euro untersuchen lassen.
PFAS: Industriechemikalien außer Kontrolle
Die Stoffgruppe der PFAS (kurz für Per- und polyfluorierte Alkylsubstanzen), auch bekannt als “Ewigkeitschemikalien”, umfasst etwa 10.000 verschiedene Industriechemikalien, die allesamt sehr widerstandsfähig und dementsprechend auch extrem langlebig sind und seit den 1940er Jahren vielseitig eingesetzt werden. Unter anderem findet man PFAS heute in Kosmetika, Pizzakartons, beschichteten Pfannen und Regenjacken. Aufgrund ihrer Beschaffenheit stellen PFAS jedoch ein großes Problem für die Umwelt dar: Weil sie quasi unzerstörbar sind, reichern sie sich in der Natur und in verschiedenen Organismen – ja, auch in uns Menschen – an. PFAS verstecken sich in zahlreichen Alltagsgegenständen. Sie sind sowohl in Lebensmittel-Verpackungen, in den Lebensmitteln selbst als auch im Trinkwasser zu finden.
Laut der europäischen Lebensmittelbehörde wurden PFAS primär in Produkten tierischen Ursprungs nachgewiesen.
Untersuchungen der Umweltschutzorganisation BUND Ende des Jahres 2023 bestätigten, dass auch aufbereitetes Trinkwasser mit den Ewigkeitschemikalien belastet ist. In neun der zehn entnommenen Leitungswasserproben wurden PFAS gefunden. Nicht viel besser steht es um abgepacktes Wasser: drei von fünf getesteten Marken enthielten ebenfalls PFAS. Auch hier stellt sich die Frage: Brauche ich einen Wasserfilter? Solange die gesetzlichen Grenzwerte eingehalten werden – was bei allen Proben der Fall war – stellen die PFAS keine gesundheitliche Bedrohung dar. Damit die Grenzwerte allerdings auch zukünftig eingehalten werden, sollte man beim Kauf von Pfannen, Regenjacken und Kosmetika nach Möglichkeit darauf achten, dass diese PFAS-frei sind. Zwar sind die Industriechemikalien nicht kennzeichnungspflichtig, was es dem Endverbraucher schwer macht, nachhaltige Kaufentscheidungen zu treffen, neuerdings werden Produkte aber immer öfter mit der Aufschrift “PFAS-frei” gekennzeichnet.
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Fakten-Check: Wie sinnvoll sind Wasserfilter?
Trotz der Hoffnung vieler Menschen, dass Wasserfilter ihr Trinkwasser endgültig von Schadstoffen befreien werden, entpuppen sich die Filter oft als “falscher Freund”, denn es kann schnell und vor allem unbemerkt passieren, dass die Filter verkeimen und die Schadstoffe dann in geballter Form wieder an das gefilterte Wasser abgeben. Sehen wir uns die verschiedenen Wasserfilter doch einmal genauer an…
Da gibt es zum einen das Membran-/ Umkehrosmose-Verfahren: Dabei werden Wassermoleküle von Schadstoffen wie Nitrat, Phosphat und Schwermetallen getrennt, indem das Wasser mit elektrischen Pumpen durch eine halbdurchlässige Membran gepumpt wird. Zugleich werden allerdings auch für unseren Körper wertvolle Mineralstoffe aus dem Wasser gefiltert, die uns dann fehlen. Ein weiteres Risiko besteht darin, dass an der Membran Schwebstoffe zusammengetragen werden, die zu einem Keimbefall führen können.
Eine Alternative dazu sind Aktivkohlefilter, die wie ein Magnet auf die Schadstoffe wirken und sie an sich binden. Die Aktivkohle ist allerdings auch ein ausgezeichneter Nährboden für Mikroorganismen. Wird der Filter also nicht rechtzeitig gewechselt oder steht das Wasser für einige Zeit in der Leitung, ist die Aktivkohle prädestiniert für einen Keimbefall. So wurden dem Bayerischen Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit zufolge bereits Proben des gefilterten Trinkwassers entnommen, die die Grenzwerte der Trinkwasserverordnung um mehr als das Hundertfache überschritten.
Dazu kommt, dass reguläres Leitungswasser eigentlich nur 0,2 Cent pro Liter kostet – dieser Preis steigt für einen Liter gefiltertes Trinkwasser auf rund 15 Cent.
Letzten Endes ist es Geschmacksache – wortwörtlich – denn tatsächlich verändern Wasserfilter das Aroma des Wassers leicht. Bei der Zubereitung von Säuglingsnahrung gelten dagegen andere Regeln…
Leitungswasser – eine Gefahr für Säuglinge?
Bei der Ernährung eines Neugeborenen sollte man besonders auf den Nitrat-, Blei und Urangehalt des Trinkwassers achten – gerade wenn man in Mittelgebirgsregionen wie Teilen Thüringens, Nordbayerns und im südlichen Sachsen lebt, wo beispielsweise die Uranbelastung von Natur aus höher ist. Auskunft über den Uran-/Nitratgehalt des Leitungswassers kann das Gesundheitsamt oder der Wasserversorger geben. Da Bleirückstände im Leitungswasser praktisch immer auf die häuslichen Rohrleitungen zurückzuführen sind, lässt man dies am besten vom städtischen Wasserwerk überprüfen. Wenn es jemals dazu kommt, dass einer der Stoffe den gesetzlichen Grenzwert überschreitet, sollten frisch gebackene Eltern lieber auf abgepacktes Wasser mit dem Aufdruck „geeignet für die Zubereitung von Säuglingsnahrung“ umsteigen, statt lediglich einen Wasserfilter einbauen zu lassen.
- https://www.verbraucherzentrale.de/wissen/umwelt-haushalt/wasser/wasserbehandlung-im-haushalt-wasserfilter-und-wasserfilteranlagen-5525
- https://utopia.de/ratgeber/wasser-plastikflaschen-gesundheit_30456/
- https://utopia.de/ratgeber/wasser-filtern-sinnvoll_31857/
- https://www.umweltbundesamt.de/sites/default/files/medien/479/publikationen/uba_rund_um_das_trinkwasser_ratgeber_web_0.pdf
- https://www.umweltbundesamt.de/themen/fakten-zur-nitratbelastung-in-grund-trinkwasser
- https://www.bund.net/chemie/pfas/
- https://www.bmuv.de/faqs/per-und-polyfluorierte-chemikalien-pfas
- https://riva-filter.de/aktivkohle-wasserfilter-was-filtert-aktivkohle/
- https://www.oekotest.de/essen-trinken/Wasser-filtern-Wie-sinnvoll-sind-Wasserfilter-wie-Brita-Co-_600943_1.html
- https://alb-filter.com/blogs/ratgeber/per-und-polyfluorierte-chemikalien-pfas
- https://atiptap.org/files/a-tip-tap-hintergrundpapier-nitrat-nitrit-im-trinkwasser-1.pdf