Unkraut – der Begriff allein ruft bei vielen Gartenliebhabern unwillkommene Gedanken hervor. Doch nicht jedes als Unkraut bezeichnete Gewächs sollte aus unseren Gärten verbannt werden. Einige dieser Pflanzen bieten überraschende Vorteile für die Bodenqualität, die Förderung der Biodiversität und sogar für unsere Gesundheit. Auch diese Pflanzen haben ihre Daseinsberechtigung und können uns in vielerlei Hinsicht unterstützen. In diesem Artikel beleuchten wir, warum es sich lohnen kann, diese vermeintlichen Plagegeister zu schätzen.
Unkraut oder Wildkraut?
Weshalb eine Pflanze als Unkraut bezeichnet wird, hat viele Gründe. Sie können anderen erwünschten Pflanzen den Platz wegnehmen, ihnen die Nährstoffe im Boden klauen, das Sonnenlicht für sich beanspruchen oder sogar Krankheiten verbreiten. Eines haben diese augenscheinlichen Miesepeter gemein: Sie sind Überlebenskünstler und äußerst resistent gegenüber jeglichen Hindernissen, wie Trockenheit, Betonboden und nährstoffarmen Böden. Streng genommen sind all diese unerwünschten Kräuter lediglich Wildkräuter, allerdings nehmen die wenigsten dieses Wort in den Mund, da Unkraut besser verdeutlicht, was sie von diesem Grünzeug halten. Ständig muss man jäten, den Boden aufwühlen und ein Auge darauf haben, dass die schönen Blumen oder das selbst angebaute Gemüse nicht von diesen ungebetenen Gästen eingeschränkt werden.
Samen- und Wurzelunkraut
Man unterscheidet bei den Unkräutern zwischen Samenunkräutern und Wurzelunkräutern. Die Samenunkräuter sind einjährig und produzieren extrem viele Samen, die dann durch den Wind weiterverbreitet werden. Ein bekanntes Beispiel ist der Löwenzahn. Verwandeln sich die gelben Blütenblätter in kleine Schirmchen, braucht es nur einen Windhauch und die Pusteblume kann sich über den ganzen Garten verteilen. Möchte man diesen Pflanzen beikommen, so genügt es, diese auszureißen oder zu schneiden, am besten vor oder während der Blütezeit, damit sich die Samen nicht weiterverteilen.
Wurzelunkraut verbreitet sich, wie der Name schon sagt, durch sein Wurzelwerk im Garten. Einfaches Ausreißen reicht da nicht, man muss die gesamte Wurzel erwischen, indem man sie ausgräbt. Im schlimmsten Fall muss ein ganzes Beet umgegraben werden. Bekannte Vertreter sind Giersch und Brennnessel.
Nützliche Wildkräuter
In einigen Fällen ist es ratsam, diese Unkräuter zu bekämpfen, wenn sie Überhand nehmen. Aber einige dieser Pflanzen sind auf vielerlei Weise sehr nützlich. Sie eignen sich als gesunde Nahrungsmittel wie Salate oder Tees oder besitzen heilende Eigenschaften. Außerdem können sie auch für andere Pflanzen nützlich sein, indem sie zum Beispiel Ungeziefer fernhalten oder den Boden auflockern. Und nicht zuletzt dienen einige von ihnen als Nahrung für Insekten. Wir stellen einige dieser Nützlinge vor!
1. Löwenzahn (Taraxacum officinale) – Tiefenlockerung und Heilpflanze
Löwenzahn ist nicht nur ein bekannter „Gartenstörenfried“, sondern auch eine wertvolle Pflanze für Boden und Mensch. Mit seiner tiefen Pfahlwurzel lockert er verdichtete Böden auf und bringt wertvolle Nährstoffe aus tieferen Erdschichten an die Oberfläche, die anderen Pflanzen zugutekommen. Auch seine Blüten haben im heimischen Garten eine wichtige Funktion: Sie bieten eine wunderbare Anlaufstelle für Insekten, welche den Nektar zur Ernährung benötigen.
Seine Wurzeln durchbrechen schwere Böden, was die Drainage verbessert und den Luftaustausch im Boden fördert. Wer den Löwenzahn nicht komplett ausreißt, sondern ihn partiell stehen lässt, kann von seiner positiven Wirkung auf den Boden profitieren.
Löwenzahnblätter und -blüten sind reich an Vitaminen und Mineralstoffen. Als Salat, Tee oder Tinktur wirkt er appetitanregend und hilft der Verdauung. Mehr zum Thema Löwenzahntee findet ihr in diesem Artikel!
2. Giersch (Aegopodium podagraria) – Energielieferant und Schutz vor Erosion
Giersch ist für viele Gärtner ein Albtraum, da er sich durch seine Wurzeln schnell und aggressiv ausbreitet. Doch seine intensive Vermehrung hat auch Vorteile. Giersch bedeckt große Flächen und schützt damit den Boden vor Austrocknung und Erosion.
Durch die dichte Bedeckung sorgt Giersch für eine natürliche Mulchschicht, die den Boden vor Verdunstung schützt. Seine Blätter sind zudem stickstoffreich und eignen sich hervorragend als Mulchmaterial oder Kompost.
Giersch ist essbar und war früher ein beliebtes Wildgemüse. Er ist reich an Vitamin C und bekommt nicht nur Hamstern, Kaninchen und Meerschweinchen. Ein leckerer Giersch-Salat, Giersch-Pesto oder auch eine Limonade können aus dieser vielseitigen Pflanze gewonnen werden!
3. Brennnessel (Urtica dioica) – Stickstofflieferant und Schutz für Insekten
Die Brennnessel ist oft gefürchtet wegen ihrer brennenden Härchen, doch sie bietet zahlreiche Vorteile. Als Stickstoffanzeiger zeigt sie nährstoffreiche Böden an und lässt sich vielseitig im Garten nutzen.
Brennnesseln eignen sich hervorragend zur Herstellung von Jauche, einem natürlichen Dünger, der reich an Stickstoff, Kalium und Eisen ist. Diese Jauche stärkt Pflanzen, fördert das Wachstum und schützt vor Schädlingen.
Brennnesseln sind für viele Schmetterlingsarten wie den Admiral und das Tagpfauenauge unverzichtbar als Futterpflanze. Wer also einen schmetterlingsfreundlichen Garten anlegen möchte, sollte der Brennnessel einen Platz gönnen.
Und nicht zuletzt bietet die Brennnessel auch Vorteile für den Menschen. Als heißer Brennnessel-Tee oder im Salat, tut dieses vitamin- und mineralstoffhaltige Grün in jedem Fall unserem Körper gut. Wusstet ihr, dass ihr sogar bei Sushi die Nori-Blätter durch Brennnesselblätter ersetzen könnt?
4. Klee (Trifolium) – Stickstoffsammler und Bodendecker
Klee, oft als hartnäckiges Unkraut im Rasen betrachtet, ist eine wertvolle Pflanze, wenn es um die Verbesserung der Bodenqualität geht. Klee gehört zu den Leguminosen, die Stickstoff aus der Luft binden und diesen in den Boden abgeben.
Klee fördert die Bodenfruchtbarkeit auf natürliche Weise, indem er Stickstoff im Boden anreichert. Ein bewährter Tipp für nährstoffarme Böden: eine Kleegrünbrache anlegen, um den Boden langfristig zu verbessern.
Die kleinen Blüten des Klees sind ein wichtiger Nektarspender für Bienen, Hummeln und andere Bestäuber. Ein kleereicher Garten trägt also zur Erhaltung der Insektenpopulation bei.
Für den Menschen sind sie ebenfalls bekömmlich und können zu Salaten und Tees verarbeitet werden. Auch wenn ihr also kein vierblättriges Kleeblatt findet, könnt ihr euch trotzdem glücklich schätzen, dieses Kraut in eurem Garten zu haben!
5. Ackerwinde (Convolvulus arvensis) – Gründünger und Erosionsschutz
Die Ackerwinde ist zwar bekannt dafür, andere Pflanzen zu überwuchern, doch auch sie hat nützliche Eigenschaften. Ihre kräftigen Wurzeln tragen zur Bodenstabilisierung bei und verhindern Erosion.
Ackerwindenwurzeln lockern den Boden und reichern ihn mit organischem Material an, wenn sie absterben. Wer sie im Zaum hält, kann von ihrer bodenverbessernden Wirkung profitieren.
Ackerwinden bieten Lebensraum und Nahrungsquelle für viele Insekten. Ihre Blüten ziehen insbesondere Bienen und Schmetterlinge an, was sie zu einer wertvollen Pflanze für die Förderung der Biodiversität macht.
6. Weitere nützliche „Unkräuter“
- Spitzwegerich (Plantago lanceolata): Ein Heilkraut, das bei Wunden, Insektenstichen und Atemwegsproblemen hilft. Spitzwegerich ist zudem eine wichtige Nahrungsquelle für Insekten und kann auch als Bodendecker fungieren.
- Vogelmiere (Stellaria media): Dieses unscheinbare Pflänzchen verbessert durch seine Wurzeln die Bodenstruktur und eignet sich als vitaminreiches Wildgemüse.
- Schafgarbe (Achillea millefolium): Schafgarbe hat heilende Eigenschaften, besonders bei Verdauungsbeschwerden. Sie zieht Nützlinge wie Marienkäfer und Schlupfwespen an und fördert so das ökologische Gleichgewicht im Garten.
Es lohnt sich, den Blick auf Unkräuter zu überdenken. Viele dieser Pflanzen tragen zur Verbesserung der Bodenqualität, zur Erhaltung der Biodiversität und sogar zur menschlichen Gesundheit bei. Sie schützen den Boden, liefern wertvolle Nährstoffe und bieten Lebensraum für eine Vielzahl von Insekten. Mit einer durchdachten und ökologischen Gartenpraxis lassen sich die vermeintlichen Störenfriede sinnvoll integrieren und tragen langfristig zu einem gesunden und blühenden Garten bei.
- https://www.srf.ch/wissen/gesundheit/ernaehrungstrend-nuetzliches-unkraut-weshalb-wildkraeuter-so-gesund-sind
- https://www.servus.com/a/g/fakten-zum-unkraut
- https://www.bund.net/bund-tipps/detail-tipps/tip/unkraut-im-garten-stehen-lassen-top-5-der-nuetzlichsten-wildkraeuter/?mtm_campaign=KVTNL-01&mtm_kwd=a-5
- https://www.bluehendesoesterreich.at/naturmagazin/unkraut-oder-heilkraut-die-5-sonnenseiten-des-unkrauts-im-garten
- https://www.mein-schoener-garten.de/themen/unkraut-wildkraut
- https://www.smarticular.net/gesunde-unkraeuter-nicht-bekaempfen-sondern-aufessen/