“Too Good To Go” meint aus dem Englischen übersetzt “zu gut um zu gehen”, was sich ein internationales Start-Up-Unternehmen im Kampf gegen die Lebensmittelverschwendung zum Namen gemacht hat. Too Good To Go wurde 2015 von Stian Oelsen, Thomas Momsen und Klaus Pedersen in Dänemark gegründet und gilt heute als einer der Vorzeigebeispiel schlechthin, welches breite Massen in Sachen Nachhaltigkeit bewegt. Das Konzept ist seit März 2020 in 13 europäischen Ländern vertreten, darunter Belgien, Dänemark, Frankreich, Großbritannien, Norwegen, Schweiz sowie Spanien. In Deutschland fasste es 2016 Fuß und ist vor allem durch die Teilnahme 2017 in der Serie “Die Höhle der Löwen” bekannt. Noch ist es vorwiegend in Großstädten etabliert, jedoch schließen sich immer mehr Kleinkommunen der Anti-Foodwaste-Philosophie an und integrieren das Too Good to Go-Konzept in ihr Verbrauchersystem. Insbesondere durch seine funktionsreiche App, die sowohl Anbieter als auch Abnehmer verbindet, gewann das Start-Up große Beliebtheit und wird mittlerweile von mehr als 50 Millionen Menschen befürwortet.
Die Philosophie
Laut der offiziellen Homepage werden über 1/3 aller Lebensmittel weggeworfen. Too Good To Go will daher weltweit Menschen dazu animieren, gegen Foodwaste vorzugehen. Dabei stützen sie sich auf ein Säulensystem, welches die Bereiche Privathaushalte, Unternehmen und Bildung abdeckt.
In erster Linie verbinden sie mithilfe einer entwickelten App (ebenfalls “Too Good To Go” genannt) Privatnutzer:innen und Unternehmen auf ganz unkomplizierte Weise: Nutzer:innen beanspruchen in der App übriggebliebene Lebensmittel, die Restaurants, Hotels & Co. zur Verfügung stellen.
Gleichzeitig versorgt Too Good To Go Interessent:innen mit fundiertem Wissen und aktuellen Zahlen in Bezug auf den Lebensmittelkonsum. Das Start-Up fördert ebenfalls Initiativen und Zusammenschlüsse von Städten, um gezielter auf kommunaler Ebene durchgreifen zu können. Bei der Initiative, “Städte gegen Foodwaste”, arbeiten zum Beispiel die Städte Bochum, Bonn, Dresden, Essen, Frankfurt am Main, Kassel, Kiel, Köln, Mainz sowie Saarbrücken gezielt mit dem Unternehmen zusammen und bilden ein Netzwerk gegen Lebensmittelverschwendung.
Too Good To Go für Privathaushalte
Mehr als 45 Millionen Tonnen an Lebensmitteln werden jährlich in europäischen Haushalten weggeschmissen. Um dieser enormen Verschwendungsrate entgegen zu wirken, will Too Good To Go zunächst Privatnutzer aufklären, wie man am sparsamsten mit Lebensmittelkonsum umgeht und eine Verschwendung reduziert. Hierbei betont es beispielsweise das Planen von Mahlzeiten und der dafür vorgesehenen Einkäufe oder appelliert daran, noch gut erhaltenes Obst und Gemüse zu kaufen, auch wenn es mit Beulen oder kleinen Druckstellen versehen ist. Zudem liefert es Tipps für die richtige Lagerung von Lebensmitteln und das richtige Einschätzen der Haltbarkeit von Produkten mithilfe des angebrachten Ablaufdatums.
Dabei ist das Mindesthaltbarkeitsdatum (MHD) kein Verfallsdatum, so wie viele denken, sondern eine Art Kennzeichnung, bis zu welchem Datum typische Eigenschaften wie Geschmack, Farbe oder Nährwerte eines ungeöffneten Lebensmittels unter einer korrekten Lagerung erhalten sein sollen. Ein Produkt, welches sein MHD bereits überschritten hat, ist nicht gleich ungenießbar und kann durchaus noch verzehrt werden. Es ist jedoch wichtig, zu prüfen, ob bereits Schimmel, untypischer Geruch sowie Geschmack, oder Farbveränderungen vorliegen.
Zum anderen ermöglicht der Konzern Privathaushalten, sich zusätzlich die App “Too Good To Go” kostenlos im AppStore herunterzuladen und zu nutzen. Mittels der App, wofür Too Good To Go am meisten bekannt ist, können Nutzer:innen sehen, welche umgebenden Unternehmen und Geschäfte unverkaufte Lebensmittel bereitstellen. Diese können nach Bezahlen einer kleinen Pauschale dort kurz vor Ladenschluss abgeholt werden. Man weiß zwar nicht immer, auf welche Produkte man genau stoßen wird, jedoch sind sie noch gut erhalten und vor allem ist der Gesamtwert dieser viel höher, als der zu zahlende Preis. Man kann dabei also nicht nur Lebensmittel retten, sondern auch noch Geld sparen.
Too Good To Go für Unternehmen
Auch Gastronomien, Hotels, Bäckereien oder Supermärkte können eine Kooperation mit Too Good To Go abschließen. Dafür müssen sie auf der Website des Startups ihre Kontaktdaten wie Name, E-Mail und Telefonnummer hinterlassen und werden infolgedessen von einem/r der Mitarbeiter:innen kontaktiert.
Dem Anti-Foodwaste-Unternehmen zufolge beteiligen sich mittlerweile mehr als 18.000 Restaurant und 865 Hotels in ganz Europa daran, übrige Mahlzeiten bereitzustellen.
Vor allem in der Gastronomie und der Hotelwirtschaft werden Massen an Essensabfällen generiert. Dem liegt beispielsweise ein durchgehender Betrieb der Küche zugrunde, bei dem mit der täglichen Zubereitung der Mahlzeiten Reste im Durchtakt entsorgt werden müssen. Aber auch übermäßig bestückte Buffets, zu große Servierportionen, fehlendes Engagement seitens der Gäste, Reste der Mahlzeiten einzupacken, Fehler bei der Bestellung oder abgelaufene Vorräte des Restaurants können Foodwaste wachsen lassen.
Natürlich können nicht die Reste eines Gasts von seinem Teller abgekratzt und weitergegeben werden, aber durchaus können ausversehen falsch oder doppelt zubereitete Gerichte sowie Buffet-Überbleibsel noch in den Genuss von Abnehmer:innen kommen. Auch Vorproduziertes in der Küche, wie Pommes, vorgekochte Nudeln, Teig oder übriger Salat sind noch unberührt und haben Potential zum weiteren Gebrauch.
Einer der vielen Beteiligten war auch die Hotel-Kette Accor, welche das Anti-Foodwaste Konzept mithilfe von Too Good To Go in bis zu 500 Hotels in Europa, darunter Belgien, Niederlande, Deutschland, Schweiz, Frankreich, Spanien, Italien sowie Großbritannien umsetzen wollte. Mit Erfolg: Die Kette schaffte es seit 2016 bis zu 160.000 Mahlzeiten zu retten. Auch berühmte Ketten wie Dunkin Donuts, Nordsee, Dean & David, Alnatura, Edeka oder Netto folgen dem Trend.
Durch eine Kooperation mit Too Good To Go können Gastronomie- und Servicebetriebe eine unnötige Lebensmittelverschwendung vermeiden, Aufmerksamkeit durch die App erzeugen und gleichzeitig durch Kooperationsboni zusätzlichen Gewinn einholen. Eine Win-Win-Situation sozusagen.
Supermarkt- sowie Bäckereiketten profitieren ebenso von der Lebensmittelrettung der Too Good to Go-Bewegung. Laut Cyanizer werden in Supermärkten täglich ca. 45 kg Lebensmittel weggeschmissen, die noch zum Verzehr geeignet wären. Aufgrund dessen machte sich das Start-Up auch diese Branche zu einer großen Zielgruppe, um Partnerschaften zu schließen. Tatsächlich stellen mittlerweile mehr als 4.400 Supermärkte ihre Nahrungsmittel in Boxen oder auch in bereitgestellten Tüten mit dem Logo für Abholer:innen zur Verfügung. Vor allem Obst und Gemüse, welches zwar noch in guter Qualität, aber mit einigen Imperfektionen wie Druckstellen oder Verkrümmungen versehen ist, wird aufgrund der mittlerweile hohen Ansprüche der Verbraucher:innen gerne wieder zurückgelegt und bleibt somit dauerhaft übrig.
Des Weiteren müssen Regale, insbesondere Auslagen für Backwaren, der Supermärkte stets aufgestockt werden, um einen bestmöglichen Eindruck auf die Kundschaft zu hinterlassen. Ausverkaufte Lebensmittel gelten als No-Go, was einen Supermarkt im Wettbewerb zu anderen Märkten runterstufen würde. Um dieses Problem zu umgehen, bestellen Lebensmittelgeschäfte Waren mengenweise vor, um genug Vorrat zu haben, was jedoch meistens zu einer Überlagerung führt.
Zugleich ist bei der geplanten Aufstockung der Regale nie wirklich genau einschätzbar, wie viel davon am Tag abgenommen wird.
Kund:innen präferieren außerdem Produkte, die noch lange haltbar sind und legen daher gerne Lebensmittel in den Korb, deren Mindesthaltbarkeitsdatum diesem Wunsch entspricht. Waren mit einem früheren Mindesthaltbarkeitsdatum bleiben daher als Restbestände, bis sie unverkäuflich werden.
Auch Kunden einer Bäckerei erwarten stets frische Brötchen. Die Ansprüche sind mittlerweile so hoch, dass nicht mal ein Tag alte Backprodukte in die Tonne kommen.
Glücklicherweise konnte Too Good to Go bereits über 5.000 Bäckereien begeistern, ein Zeichen gegen Foodwaste zu setzen.
Bildung gegen Lebensmittelverschwendung
Durch gezieltes Aufklären in Bildungssektoren will Too Good to Go neue Maßstäbe für ein Bewusstsein hinsichtlich der Lebensmittelverschwendung erzielen. Dafür stellt es Lernmaterialien, Lernpakete oder Fragebögen auf der Homepage bereit, die Lehrer:innen oder Dozent:innen frei zur Verfügung stehen.
Studierende können für Studienarbeiten sogar Informationen über ein laufendes Forschungsprojekt anfragen.
Darüber hinaus findet man unter der Rubrik “Knowledge Hub” eine online Wissensdatenbank, über die Interessent:innen Artikel rund um das Thema Lebensmittelverschwendung bereitgestellt bekommen.
Erfolge des Unternehmens
Too Good To Go hat seinen Vorsatz, bis zum Jahr 2020 rund 50 Millionen Menschen zur Bekämpfung der Lebensmittelverschwendung zu animieren, erfüllt, was es anhand der Anzahl registrierter Accounts in ihrer App festmacht.
Im Google PlayStore wird die App mit 4,8 von 5 Sternen bewertet und liegt in den Top 100 der “Top Charts” (Stand Februar 2022).
Auch das Ziel, 75.000 Unternehmen als Partner zu gewinnen haben sie 2020 erfüllt.