Superkeime im Boden: Umweltverschmutzung schwächt Antibiotika

04. August 2025
Fotograf:in: Roberto Sorin, Copyright: CC0 Unsplash

Antibiotika retten Leben – doch ihr übermäßiger und falscher Einsatz hat eine Schattenseite: Immer mehr Bakterien werden resistent. Das bedeutet, dass durch dauerhafte Nutzung der Medikamente ein Gewöhnungseffekt eintritt und die Antibiotika bei akuter Krankheit nicht mehr richtig gegen die Bakterien wirken können. Das kann viele medizinische Behandlungen riskanter und ineffektiver machen, da immer höhere Dosierungen des Medikaments eingesetzt werden müssen, um die gewünschte Wirkung zu erzielen.

Das ist kein neues Problem. Neu jedoch ist die Erkenntnis, wodurch sich diese Resistenzen besonders stark entwickeln – die Antibiotika befinden sich nicht mehr nur im Körper, sondern auch in unserer Umwelt: in Flüssen, Böden, Kläranlagen und auf landwirtschaftlichen Flächen. Dort entsteht eine unsichtbare Bedrohung, die uns alle betrifft.

Antibiotika in Boden, Wasser und Luft – wie kommt es überhaupt dahin?

Durch die weit verbreitete Antibiotikaverwendung in der Massentierhaltung gelangen Rückstände auch in unsere Gewässer.

Antibiotika gelangen auf verschiedenen Wegen in die Umwelt:

  • Tiere in der Massentierhaltung werden oft mit Antibiotika behandelt, um Krankheiten vorzubeugen, die durch die unhygienischen und beengten Haltungsbedingungen leicht ausbrechen können. Über die Gülle dieser Tiere, die auf Felder ausgebracht wird, gelangen Antibiotika-Rückstände in Böden und Gewässer.
  • Durch menschliche und tierische Ausscheidungen: nach der Einnahme durch Patient*innen und Tieren gelangt es über das Abwasser in Kläranlagen.
  • Aus der Pharmaindustrie, die Rückstände in Produktionsabwässern hinterlässt.
  • Auch in Krankenhäusern können Antibiotika über das Abwasser nach außen gelangen.

Das Problem: Herkömmliche Kläranlagen sind für solche Stoffe nicht ausgelegt. Sie filtern viele Rückstände nicht vollständig heraus – was bedeutet, dass Antibiotika und resistente Bakterien bis in Flüsse und Seen und damit in unser Grundwasser gelangen.

In Deutschland allein wurden bisher 64 unterschiedliche Antibiotika in der Umwelt gefunden. Weltweit sind es rund 200.

Ein perfekter Nährboden für resistente Keime

In der Umwelt treffen Antibiotika auf Bakterien – ein Teil von ihnen wird durch den ständigen Kontakt resistent und überträgt diese Fähigkeit sogar auf andere Bakterien. Besonders in Kläranlagen oder auf mit Gülle gedüngten Böden entsteht so ein regelrechtes Trainingslager für Superkeime.

Forscher*innen des Helmholtz-Zentrums für Umweltforschung (UFZ) arbeiten daran, die Prozesse besser zu verstehen. Sie versuchen etwa herauszufinden, welche Bakterien für den Abbau von Antibiotika verantwortlich sind – und wie man diesen Prozess gezielt fördern kann.

Warum das gefährlich ist

Durch die Antibiotikarückstände und deren Stoffwechselprodukte können Umweltorganismen auf direktem Wege geschädigt werden. Natürliche Nahrungsketten können aus dem Gleichgewicht gebracht und ganze Ökosysteme beschädigt werden. Auch die Bodenfruchtbarkeit kann beeinträchtigt werden.

Resistente Bakterien aus der Umwelt können auch zurück zum Menschen gelangen:

  • Über Lebensmittel, beispielsweise Gemüse, das mit belastetem Wasser gegossen wurde
  • Beim Baden in belasteten Gewässern
  • Über direkten Kontakt mit Tieren oder Boden
Antibiotikarückstände, die in die Umwelt gelangt sind, können die Fruchtbarkeit der Böden beeinträchtigen.

Das Gefährliche: Diese Keime sind oft direkt gegen mehrere Antibiotika gleichzeitig resistent. Die Umwelt dient sozusagen als “Reservoir und Überträger” für Resistenzen. Im schlimmsten Fall wirken dann selbst Reserveantibiotika nicht mehr – mit tödlichen Folgen.

Was wird getan – und reicht das?

Es gibt zahlreiche Ansätze, um das Problem zu bekämpfen:

  • Strengere Regelungen für den Antibiotikaeinsatz in der Tierhaltung
  • Strikte Überwachung resistenter Keime in Umweltproben
  • Forschung an neuen Klärtechnologien, um Rückstände zuverlässiger herausfiltern zu können
  • Aufklärung von Ärzt*innen und Landwirten, um unnötige Verschreibungen oder Einsätze zu vermeiden

Doch viele Expert*innen sind sich einig: Die bisherigen Maßnahmen reichen bei Weitem nicht aus. Es braucht verbindliche Regelungen auf internationaler Ebene sowie neue Anreize für umweltfreundlichere Landwirtschaft – und ein generelles Umdenken in Medizin, Landwirtschaft und Industrie.

Was wir tun können

Auch wir als Verbraucher*innen haben einen Einfluss auf die Zukunft:

  • Antibiotika nur bei ausdrücklicher medizinischer Notwendigkeit nehmen; Einhalten von Einnahmezeiten
  • Medikamente niemals in Abflüssen oder Toiletten entsorgen, sondern bei Problemstoffsammelstellen oder in einer Apotheke
  • Den Fleischkonsum reduzieren und stets auf Bio- oder regionale Herkunft achten

Diese Maßnahmen können dazu beitragen, die Belastung der Umwelt durch Antibiotika zu reduzieren und somit die Gefahr der Entstehung von Resistenzen zu minimieren.

Fazit: Die Umwelt vergisst nicht – und zahlt uns den Preis zurück

Antibiotikaresistenzen sind nicht nur ein medizinisches Problem. Sie sind ein Umweltproblem mit globalen Folgen. Je länger wir dieses ignorieren, desto schwieriger wird es, sie zu bekämpfen

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