Wildbienen am Rande des Aussterbens: Was können wir tun?

09. Februar 2023
Der Weltbienen-Tag ist zwar erst am 20. Mai, dennoch spielen Bienen jeden einzelnen Tag eine zentrale Rolle im Erhalt unseres Ökosystems.
Der Weltbienen-Tag ist zwar erst am 20. Mai, dennoch spielen Bienen jeden einzelnen Tag eine zentrale Rolle im Erhalt unseres Ökosystems. - Fotograf:in: Niklas Pntk, Copyright: CC0 Pixabay

Weltweit geht die Population von 41% aller Insektenarten zurück und ein Drittel von ihnen ist sogar vom Aussterben bedroht.
Dass das global massive Insektensterben auch Bienen aller Art betrifft, ist kein Geheimnis. Die Hälfte der 560 heimischen Wildbienen-Arten droht völlig zu verschwinden. Die Gesamtbiomasse aller Insekten nimmt pro Jahr um 2,5% ab; in deutschen Naturschutzgebieten beispielsweise hat die Biomasse von Fluginsekten zwischen den Jahren 1989 und 2016 um ganze 76% abgenommen - Und all das, obwohl der Fortbestand von fast 90% der wildblühenden Pflanzenarten vom Transfer der Pollen durch Bestäuber abhängt.

Generelle Fakten

Die dreistesten aller parasitären Wildbienen: Die Kuckucksbienen schmuggeln ihre Eier in Brutzellen anderer Wildbienen.

Im Gegensatz zu den all-bekannten Honigbienen, die in großen Staaten zusammenleben, residieren die meisten Wildbienen eher allein, versorgen ihren Nachwuchs autonom und bauen auch ihre Nester eigenständig. 75% der Nester sind dabei im Boden und die restlichen 25% befinden sich an Pflanzenhalmen oder in Holz, meist in Fraßgängen von Käfern. Viele der Wildbienen sammeln Pollen und tragen diese dann als Nahrung für den Nachwuchs in die Höhlen, legen ihre Eier hinein und verschließen letztlich die Röhren.

135 von den 560 Wildbienen-Arten hingegen parasitieren andere Arten von Wildbienen und sparen sich dadurch das Nestbauen.

Die verschiedenen Arten unterscheiden sich stark in ihrem Aussehen: die kleinste Art, namentlich die Sand-Steppenbiene, ist nur 4 mm groß, während andere bis zu 3 cm und deutlich größer werden.

Die Gefährdung der Wildbienen

Durchschnittlich benötigen Wildbienen für die Versorgung einer einzigen Brutzelle 30 Sammelflüge.

Wildbienen sind ein unverzichtbarer Bestandteil unserer biologischen Vielfalt und tragen maßgeblich zur Bestäubung unserer Kultur- und Wildpflanzen bei: ganze 20% aller Nutz- und Wildpflanzen werden von Wildbienen, Schmetterlingen, Schwebfliegen und anderen Insekten bestäubt. Folglich wären die Regale unserer Supermärkte ohne die Hilfe der Bestäuber leer.

In Ländern, wo Bienen bereits ausgestorben sind, wie beispielsweise in Teilen Japans oder Chinas, müssen Obstbäume von Menschenhand mit einem Pinsel, Blüte für Blüte, bestäubt werden.

Wodurch werden Wildbienen und andere Insekten überhaupt gefährdet?

Zerstörung des Lebensraums

Die intensive Landwirtschaft stellt eine enorme Gefahr für zahlreiche Insektenarten dar.

In Deutschland werden über 50% der Landesfläche für landwirtschaftliche Zwecke genutzt und prägen das Milieu von Tieren & Pflanzen somit maßgeblich. Immer öfter vorherrschende Landschaften ohne Hecken und Wildblumen, die ständige Intensivierung der Landwirtschaft sowie einseitige Monokulturen auf riesigen Flächen haben fatale Folgen für die Bienen. Ihnen fehlen Lebensraum und Nahrungsgrundlagen, unter anderem da viele Wildbienenarten auf eine bestimmte Futterpflanze oder Pflanzenfamilie spezialisiert sind und ausschließlich diese anfliegen. Verschwindet dann diese bestimmte Pflanze aus der Landschaft, stirbt die jeweilige Wildbienenart zwangsläufig aus.

Auch die sog. „Flächenversiegelung“, bei der zunehmend Wald-, Hecken- und Heidelandschaft durch Gewerbe- und Wohnbebauungen sowie Straßen ersetzt werden, macht den Bienen zu schaffen. Grünflächen in Städten werden immer kleiner, oder verschwinden sogar gänzlich und auch auf dem Land weichen Gärten Pflastern, um sie mutmaßlich „pflegeleichter“ zu machen.

Flächendeckender Pestizide-Einsatz

Beim Menschen treten pro Jahr weltweit 385 Millionen Erkrankungen ausgelöst durch Pestizide auf.

Der massive Einsatz von Insektiziden, die Pflanzen vor Schädlingen schützen sollten, schadet am Ende allen Insekten, auch den Nützlingen wie den Wildbienen. Böden werden kontaminiert und Pestizide durch die Wurzeln von Wildblumen aufgenommen, die dann wiederum sowohl Nektar als auch Pollen belasten. Bienen, die diese dann zu sich nehmen, leiden unter allgemeiner Schwäche und Lernschwierigkeiten, was wiederum Kommunikation und Navigation sowie Orientierung beeinträchtigt. Sie weisen ein schlechteres Immunsystem auf, was sie anfälliger für Krankheiten macht und sie verfügen über eine geringere Fruchtbarkeit.
Den Bienen fällt es also unter anderem schwerer, zu ihrem Bienenstock zurückzufinden, was ihre Sterblichkeit erhöht. Dies ist besonders problematisch für Wildbienen, die ja ohne Volk leben, welches ihre Verluste kompensieren könnte.
Studien zufolge enthalten etwa 75% der gesammelten Honigproben weltweit das Insektizid Neonicotinoid. Für negative Auswirkungen auf den Bienen-Organismus reicht bereits die chronische Aufnahme geringster Mengen. Hummelköniginnen, die belastet sind, bekommen beispielsweise deutlich weniger Nachwuchs.

Ihr wollt mehr zum Thema Pestizide erfahren? Hier geht’s zum entsprechenden Artikel!

Folgen des Wildbienensterbens

So beginnt ein Teufelskreis mit enormen negativen Auswirkungen: Durch den Rückgang an Insekten, gibt es weniger Bestäubungen, relevante Lücken im Nahrungsnetz entstehen, die auch den Menschen durch geringere Qualität und Quantität der Ernten betreffen. Besonders im Frühjahr sind Wildbienen von größter wirtschaftlicher Bedeutung, da Honigbienen bei kälteren Temperaturen kaum aktiv sind.

Prognosen zufolge lägen Ernteeinbußen bei einem Totalverlust tierischer Bestäubung bei Wassermelonen, Kakao, Paranüssen sowie Kürbissen bei über 90%; bei Gurken, Mandeln, Kirschen, Äpfeln und Pflaumen bei 40-90%, sowie bei 10-39% für Kaffee, Pfeffer, Tomaten, Erdbeeren, Kidneybohnen und vielem mehr.

Gegenmaßnahmen

Das kann jeder von uns tun

Einige Wildbienenarten nutzen Blütenblätter oder Blattteile zum Auskleiden der Wände ihrer Nester, um ihre Larven zu schützen.

Auch das einzelne Individuum kann sich am Wildbienenschutz beteiligen. Gärten können naturnaher und bienenfreundlicher gestaltet werden, mit viel Abwechslung, welche den Bienen Unterschlupf und Futter bietet.

Unterm Strich gilt: je diverser die Bepflanzung der Gärten, desto besser für die Bienen.
Beim Kauf von Saatgut sollte darauf geachtet werden, heimische und auch bienenfreundliche Pflanzen zu erwerben, denn: nicht alles, was blüht, stellt eine Nahrungsquelle für Bienen dar. Gut sind beispielsweise Lavendel, Margeriten, Glockenblumen oder Sonnenblumen.

Wenn genug Platz vorhanden ist, kann man den Bienen auch in einem Insektenhotel Unterschlupf bieten. Im Handel gibt es ein großes Angebot an Hotels, aber wer handwerklich geschickt ist, kann sie auch einfach und schnell selbst bauen.

Tipps für den Bau: Am besten eignen sich natürliche Materialien wie beispielsweise angebohrtes Hartholz, Halme aus Stroh, Ton mit Löchern oder Röhren aus Papier. Aufgehangen werden sollten die Insektenhotels an einem sonnigen, wind- und wettergeschützten Ort.

Gemeinsam ans Ziel

Landwirtschaftliche Flächen sollten so bewirtschaftet werden, dass sie ausreichend Lebensraum für wildlebende Pflanzen- und Tierarten bieten. Dies kann zB durch Projekte wie dieses langsam aber sicher verwirklicht werden.

Das Projekt „Landwirtschaft für Artenvielfalt“ (LfA) hat genau dies zum Ziel: die Vielfalt der wildlebenden Pflanzen- und Tierarten in landwirtschaftlich geprägten Lebensräumen durch ein Naturschutzmodul zu maximieren.

Im Zentrum des Projekts steht ein Leistungskatalog von über 100 verschiedenen Naturschutzmaßnahmen.

Diese sind entsprechend den unterschiedlichen Ansprüchen verschiedener Tier- und Pflanzenarten und deren jeweiligen Lebensräumen maßgeschneidert und basieren auf einem Punktesystem, das proklamiert, wie effektiv sich die jeweilige Maßnahme gestaltet. Um das Naturschutzmodul zu erfüllen müssen teilnehmende Gesamtbetriebe dann eine bestimmte Punktzahl erreichen.

Es gibt bereits zahlreiche Projekte und Initiativen, die sich für den Artenerhalt von Insekten einsetzen, jedoch noch lange nicht genügend.

Beteiligt am Projekt sind mittlerweile über 200 Bio-Betriebe und damit über 53.000 ha Agrarfläche. Konkret beteiligt sich dieses Projekt also daran, zusätzliche Naturschutzleistungen zu erbringen, um ökologisch und arterhaltend zu produzieren, indem landwirtschaftliche Flächen so bewirtschaftet werden, dass sie ausreichend Lebensraum für wildlebende Pflanzen- und Tierarten bieten.

Somit folgt das Projekt den Prinzipien des ökologischen Landbaus, der die intensive Landwirtschaft dringend ablösen muss! Bei diesem wird die Biodiversität unter anderem durch vielfältige Fruchtfolgen und den Verzicht auf chemisch-synthetische Pestizide sowie mineralischen Stickstoffdünger erhalten. Unter anderem werden neue Biotope und Landschaftsstrukturen wie Säume und Hecken, die gut besiedelt werden können, geschaffen.

Impfstoff für Honigbienen

In den USA wurde erstmals ein Impfstoff gegen die aggressive bakterielle Bienenkrankheit „Amerikanische Faulbrut“ (AFB) zugelassen, in der Hoffnung, dass der Impfstoff bei der Behandlung und auch Vorbeugung der Krankheit bei Honigbienen hilft.

AFB – was bedeutet das?

Im Jahr 2022 wurden in Deutschland 72 Ausbrüche von Amerikanischer Faulbrut gemeldet. AFB ist eine schwere Erkrankung für Honigbienen. Die Krankheit wird durch sporenbildende Bakterien namens Paenibacilli larvae ausgelöst – und tritt weltweit auf. Diese befallen die Bienenlarven in den Brutzellen, zersetzen und töten diese. Während des Vorgangs bilden sich Unmengen an weiteren Sporen, die dann oft den gesamten Bienenstock befallen, der dann nicht mehr gerettet werden kann.

Betroffene Bienenstöcke sehen aufgrund dieser leeren Zellen „gesprenkelt“ aus und besitzen einen fauligen Geruch. Die Brut ist glibberig oder schleimig. Das Einzige, was dann meist noch getan werden kann, ist, infizierte Bienenstöcke und die jeweilige Ausrüstung zu verbrennen, um ein weiteres Verbreiten der Bakterien zu vermeiden.

Der Impfstoff

Die Forschung arbeitet kontinuierlich daran, das Bienen- und Insektensterben zu minimieren, eine optimale Lösung gibt es bislang jedoch noch nicht.

Das Vakzin enthält tote Paenibacillus-Larven und wird dem Gelée Royale untergemischt. Dieses ist ein Zuckerfutter, welches der Bienenkönigin verabreicht wird.
Der Impfstoff lagert sich dann in den Eierstöcken ab und verleiht den sich neu bildenden Larven Immunität. Dies hat zur Folge, dass zwischen 30 und 50% weniger Larven an AFB erkranken.

Aber: bereits eine einzige infizierte Larve in einem Bienenvolk ist genug, um die Krankheit im gesamten Bienenstock loszutreten. Weiterhin hat der Impfstoff im Moment keine generelle Zulassung, was bedeutet, dass ihn nur bestimmte Imker erhalten und das Vakzin nicht frei verkäuflich ist.

Fürs erste heißt es also Abwarten, was Feldstudien in der Zukunft für Ergebnisse hervorbringen werden. Denn bisher stellt der Impfstoff keine effiziente Dauerlösung dar, da das Präparat die Infektionskette nicht vollständig unterbinden kann

Außerdem: In den USA lässt sich der Impfstoff mit der gezielten Anwendung von Antibiotika ergänzen, um AFB erfolgreicher unter Kontrolle zu bringen. In Europa und DE jedoch ist der Einsatz von Antibiotika verboten, da diese zwangsläufig auch im Endprodukt Honig enthalten sind.

Fazit

Prognosen von Forschern zufolge würde eine durch Ernteausfälle verursachte Mangelernährung bis zu 1,42 Millionen zusätzliche Todesfälle weltweit pro Jahr zufolge haben. Nicht zuletzt zum Wohle der Menschheit sollten wir dafür sorgen, dass wir nicht herausfinden müssen, ob ein Überleben ohne Bienen und andere Bestäuber möglich ist.

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