Wie Investigativjournalist und Pulitzer-Preisträger David Cay Johnston sagte:
“Sieben große Lebensmittelhersteller - Hershey, Mars, Mondelez, Nestlé, Cargill, Barry Callebaut und Olam - machen den größten Teil der Gewinne aus der Arbeit versklavter Kinder.”
Tatsächlich gehört das Thema Sklaverei nicht der Vergangenheit an, ganz im Gegenteil: Es betrifft heute mehr Individuen als je zuvor in der Geschichte der Menschheit.
Kinderarbeit – die traurige Wahrheit
160 Millionen Kinder (Aussage der Internationalen Arbeitsorganisation ILO) werden um ihre Lebensperspektive beraubt und Giganten wie Nestlé & Co. bereichern sich – wenn auch indirekt – daran. Vor allem der südliche Teil Afrikas landet immer wieder in den Schlagzeilen, denn dort ist Kinderarbeit bei Weitem kein Einzelfall. Die Elfenbeinküste und Ghana, zwei Länder, aus denen europäische Unternehmen reichlich Kakao importieren, fallen besonders negativ auf.
Die Internationale Arbeitsorganisation (ILO) definiert Kinderarbeit als eine Beschäftigung, die Kinder ihre Kindheit und ihr Potenzial nicht ausleben lässt, die sie gefährdet oder die körperliche und geistige Entwicklung der Betroffenen negativ beeinflusst. Ebenso als Kinderarbeit eingestuft wird es, wenn Kinder arbeiten müssen statt eine Schule besuchen zu können. Weiterhin fallen der Handel mit Kindern, Schuldknechtschaft und auch die Pflichtrekrutierung zum militärischen Dienst sowie die Prostitution eines Kindes unter den Begriff Kinderarbeit.
Die Rolle der Global Player
Global Player sind in der Lage, die Preise und demzufolge auch die Produktionsbedingungen zu bestimmen. Wenn einem Bauer kein fairer Preis bezahlt wird, kann dieser seine Angestellten nicht gerecht entlohnen. Die "Lösung"? Kinderarbeit – denn einem Kind muss er nur ein Zehntel des Gehaltes bezahlen.
Zwar unterzeichneten Hershey, Mars, Nestlé und Barry Callebaut bereits 2001 das “Harkin-Engel-Protokoll", mit dem sie ihre Verantwortung zumindest auf Papier erklärten. Doch ihre Schuld möchten sie sich bis heute nicht eingestehen und eingehalten wurden die Versprechen von 2001 auch nicht. Dem Protokoll zufolge verpflichteten sie sich dazu bis zum Jahr 2005 moderne Sklaverei auf den Kakaoplantagen Westafrikas zu eliminieren, doch diese Frist wurde noch oft vertagt. Selbst nach mehr als 20 Jahren wurde das Ziel nicht erreicht. Da sich die Problematik über die gesamte Lieferkette erstreckt, ist es schwierig, die Übeltäter zu lokalisieren.
Fernando Morales-de la Cruz ist ein ehemaliger politischer Berater für verschiedene Staatsregierungen. Der Menschenrechtsaktivist und Journalist gründete diverse Initiativen, die gegen Kinderarbeit vorgehen. Ein möglicher Ansatz wäre es laut Fernando Morales-de la Cruz, die Bauern mehr am Profit des Endprodukts zu beteiligen – nur zehn Cent pro Tasse Kaffe, Tee oder Kakao würden ausreichen, um den Arbeitern einen fairen Lohn, eine bessere Zukunft und Entwicklungschancen zu bieten. Ganzen Regionen könnte so aus der Armut geholfen werden. Eltern könnten es sich leisten, ihre Kinder in die Schule zu schicken, sodass ihnen die Chance auf eine Zukunft gewährt würde. Das wiederum würde es den Kindern ermöglichen, in ihre Heimat zu investieren und nach und nach stärkere Sozialsysteme aufzubauen. Regionen, deren wirtschaftliches Wachstum seit jeher rückständig war, könnten die Industrieländer so in ihrem Entwicklungsstand langsam einholen.
Da stellt sich die Frage, warum das Argument Fernandos nicht längst verwirklicht wurde...
Unverwirklichte Lösungsansätze - Woran scheitern die Initiativen?
Fairtrade ist, nach eigener Aussage, bis heute das einzige Zertifizierungssystem, das strategisch auf faire Löhne hinarbeitet und in dieser Thematik Pilotprojekte startet.
Im Jahr 2019 erhöhte Fairtrade den Mindestpreis für Kakao zwar um 20%, doch da diese Entscheidung von Absatzeinbrüchen gefolgt war, wagte man keine erneute Preiserhöhung – nicht einmal von Seiten der Landarbeiter war dies gewollt, da diese der Sicherheit ihres Arbeitsplatzes Priorität einräumen. Mit 50% haben die Landarbeiter die Hälfte der Stimmrechte und werden, laut Fairtrade, in jede Entscheidung mit einbezogen.
Fairtrade zufolge würde eine Gehaltserhöhung alleine auch nicht genügen – Aufklärung und Diversifizierung der Wirtschaft, die damit zunehmende Unabhängigkeit von Rohstoffen und deren Weltmarktpreisen sowie Bildung spielen ebenso eine wichtige Rolle.
Die weltweiten Ausmaße moderner Sklaverei
Noch nie zuvor in der Geschichte der Menschheit gab es so viele Sklaven wie heute – im Jahr 2023. 50 Millionen Menschen weltweit sind im Menschenhandel gefangen. Besonders zwischen 2016 und heute war diese Zahl drastisch gestiegen – um ganze 10 Millionen. 28 Millionen dieser 50 Millionen Sklaven werden als Zwangsarbeiter kategorisiert oder im Sex Trafficking missbraucht und 22 Millionen leben in Zwangsehen.
52% der Zwangsarbeit und 25% Zwangsehen werden Ländern mit hohem oder mittlerem Einkommen zugeordnet. 47.000 davon betroffene Menschen leben in Deutschland.
Moderne Sklaverei begegnet uns in jedem Moment des Alltags, in unserer Kleidung, in unserem Essen und in der Elektronik, die wir tagein tagaus nutzen. Für diese Realität tragen Industrienationen genauso viel Verantwortung wie die unmittelbaren Verursacher des Leids so vieler Menschen, denn diese Länder sind diejenigen, die von der Ausbeutung profitieren.
Eine schnelle und effektive Methode, um festzustellen, inwiefern man selbst an dieser weltweiten Ausbeute an Menschen beteiligt ist, bietet der Test von FRDM.
Wirtschaftliche sowie soziale Folgen globaler Krisensituationen wie die des Klimawandels und der Corona-Pandemie verschlimmern die Lage um einiges.
Auch politische Unruhen spielen eine große Rolle in den Entwicklungen aufgrund der darauf folgenden Migrationsströme, da Flüchtlinge einfach in dieses ausbeuterische System geraten, wenn sie keine gültigen Papiere oder Visa vorweisen können. Werden Menschen aus ihrer Heimat vertrieben, sei es aufgrund von Korruption, Krieg oder Naturkatastrophen, fallen sie besonders oft in die Hände von Kriminellen: Wanderarbeiter:innen sind dreimal mehr gefährdet als Menschen mit festem Wohnsitz.
Die Ungleichheit der Geschlechter begünstigt zudem die Ausbeutung von Frauen, weil Analphabeten als leichte Beute betrachtet werden und auch heute noch vielerorts ein Bildungsverbot für Frauen besteht – sei es aus religiösen oder veralteten traditionellen Glaubenssätzen.
- https://www.bpb.de/kurz-knapp/lexika/das-junge-politik-lexikon/320427/global-player/
- https://www.sueddeutsche.de/politik/nestle-gigant-der-skandale-1.4477635
- https://www.zeit.de/kultur/film/2013-08/bottled-life-nestle-wasser-film/komplettansicht
- https://de.statista.com/statistik/daten/studie/1013483/umfrage/plastikmuell-hauptverursachende-firmen-weltweit/
- https://www.handelsblatt.com/unternehmen/handel-konsumgueter/lebensmittelkonzern-warum-nestle-so-unbeliebt-ist/26287122.html
- http://changingmarkets.org/wp-content/uploads/2022/06/Greenwash.com-packaging-press-release.pdf
- https://de.euronews.com/green/2023/03/22/vergessene-durren-in-diesen-5-regionen-konnte-es-bald-konflikte-um-wasser-geben
- https://www.handelsblatt.com/unternehmen/handel-konsumgueter/globale-kaffee-allianz-warum-nestle-fuer-das-starbucks-kaffeegeschaeft-7-milliarden-dollar-zahlt/21250572.html
- https://www.handelsblatt.com/unternehmen/handel-konsumgueter/getraenkeunternehmen-hinter-diesen-produkten-steckt-coca-cola/26297996.html
- https://www.merkur.de/welt/studie-abgefuelltes-wasser-untergraebt-nachhaltigkeitsziele-zr-92150025.html
- https://www.zdf.de/nachrichten/panorama/kinderarbeit-serie-unternehmen-ausbeutung-100.html
- https://www.bmz.de/de/themen/kinderarbeit/zahlen-und-fakten-17970
- https://www.visualcapitalist.com/illusion-of-choice-consumer-brands/
- https://www.theguardian.com/world/2019/nov/15/coca-cola-country-in-southern-mexico-photo-essay
- https://www.spiegel.de/wirtschaft/unternehmen/doku-bottled-life-im-kino-nestle-und-das-geschaeft-mit-dem-wasser-a-921908.html
- UN-Weltwasserbericht 2022: Grundwasser | Deutsche UNESCO-Kommission
- Weltwasserbericht 2022_Deutsche Kurzfassung.PDF (unesco.de)
- Weltwasserbericht – Wikipedia
- UN-Weltwasserbericht: Ein Viertel ohne Zugang zu sauberem Wasser | tagesschau.de
- Weltwasserkonferenz und UN-Weltwasserbericht 2023 (baulinks.de)
- https://www.unicef.de/informieren/aktuelles/blog/-/weltwassertag-2023-zehn-fakten-ueber-wasser/275338
- https://www.theguardian.com/global-development/2022/sep/12/ten-million-more-people-now-trapped-in-slavery-report-says
- https://www.youtube.com/watch?v=2Vw8sTHi_W0
- https://www.theguardian.com/news/2019/feb/25/modern-slavery-trafficking-persons-one-in-200
- https://www.tagesschau.de/ausland/global-slavery-index-100.html
- https://www.walkfree.org/global-slavery-index/findings/regional-findings/europe-and-central-asia/
- https://www.bpb.de/kurz-knapp/hintergrund-aktuell/211147/internationaler-tag-der-erinnerung-an-sklavenhandel-und-dessen-abschaffung/
- https://www.ilo.org/berlin/presseinformationen/WCMS_855152/
- https://bhr-navigator.unglobalcompact.org/issues/kinderarbeit/definition-und-rechtliche-instrumente/?lang=de
- https://www.aktiv-gegen-kinderarbeit.de/firma/nestle/#