Wasser aus Wüstenluft gewinnen - MOFs sollen es möglich machen

Oktober 2023
Fotograf:in: Wolfgang Hasselmann, Copyright: CC0 Unsplash

Es sind zwar zwei Drittel der Erde von Wasser bedeckt, doch nur weniger als drei Prozent davon sind tatsächlich trinkbar.

Aufgrund der ungleichmäßigen Verteilung dieses Trinkwassers herrscht vor allem in Lateinamerika, Afrika und Asien verstärkt Wasserknappheit.

Da liegt es nahe, dass kreative und innovative technische Maßnahmen benötigt werden, um dennoch an Trinkwasser zu gelangen. Maßnahmen wie beispielsweise der Einsatz von sogenannten Metal Organic Frameworks. Was genau es damit auf sich hat, erklären wir euch in diesem Artikel.

MOFs

Bereits im Jahr 2014 wurden bei der Arbeit mit sogenannten Metal Organic Frameworks (MOFs), die so porös sind, dass sogar ein Gramm die Innenoberfläche eines ganzen Fußballfeldes besitzt, erstmals ein Material entwickelt, welches sich dafür eignet, Wasser in seinen Poren zu binden: MOF-801.

Was sind MOFs überhaupt?

MOFs sind metallorganische Gerüststrukturen, die so löchrig wie Schweizer Käse sind. Das heißt, dass sie durch eine unglaublich poröse Struktur, die aus winzigen Hohlräumen besteht, eine immens große innere Oberfläche besitzen. Dadurch können sie als äußerst selektive Filter verschiedene Moleküle speichern, voneinander trennen, filtern oder auch an einem Katalysator konzentrieren. Primär finden MOFs in Verbindung mit Gasen Anwendung, oder aber auch, um Wasser aus trockener Luft zu filtern.


Mittels Adsorption haften sich Wassermoleküle aus der Umgebungsluft an die innere Oberfläche dieses Materials. Infolgedessen steigt die Luftfeuchtigkeit im Inneren des MOF bis zu dem Punkt an, an dem Wasser bereits bei Raumtemperatur kondensiert. Ein leichtes Erwärmen des MOF reicht dann, damit das Wasser austritt, kondensiert und gesammelt werden kann.

Während eines Feldversuches in der Mojave-Wüste Kaliforniens produzierte ein Prototyp 0,7 Liter pro Kilogramm MOF täglich. Das System arbeitet ununterbrochen mittels Solarzellen und einem Akku.
Sogar bei einer unglaublich niedrigen relativen Luftfeuchtigkeit von 7% konnten immernoch 0,2 l Wasser pro Tag und Kilogramm MOF gewonnen werden.

Die Entwicklung des MOF-801

Im Jahr 2017 prämierte das erste PoC-Gerät (Proof of Concept-Gerät, also ein System, welchem der Überprüfung der Umsetzbarkeit einer Technologie in der Realität dient) mit MOF-801. Es war vollständig solarbetrieben, adsorbierte Wasser in der Nacht und setzte das aufgenommene Wasser tagsüber durch die Hitze der Sonne frei, wobei der Wasserdampf auf der Innenfläche eines Containers gesammelt wurde.
Das nächste Modell aus dem Jahr 2019 verwendete schließlich Solarzellen zur Betreibung von Ventilatoren, die die Umgebungsluft durch eine Patrone mit MOFs befördert. Im Inneren dieser befinden sich zwei unterschiedliche Systeme: Eins zum Adsorbieren und das andere zum Austreiben des Wassers.

Die Produktivität dieses Systems ist dabei zehn Mal höher als die der Vorgängerversion und sogar 100 Mal so hoch wie die des ersten PoC-Geräts.
Ein Grund für diese erhöhte Produktivität ist die Verwendung eines neuen Materials: Die Version MOF-303 enthält Aluminium, welches das Wasser besser binden kann, während MOF-801 auf Zirkonium basiert.

Wer sich näher mit dem Thema auseinandersetzen möchte, dem hilft diese Studie sicherlich weiter.

Neue Erkenntnisse auf atomarer Ebene

Mittels Röntgenkristallografie und quantenchemischer Berechnungen in den Hohlräumen der MOFs gelang es Forschenden an der Humboldt-Universität in Berlin nun herauszufinden, warum denn genau in den Aluminium-MOFs die Wassermoleküle so gut haften bleiben. Ergebnisse machten deutlich, wo und auf welche Art und Weise sich die Wassermoleküle auf atomarer Ebene im Gerüst hängen bleiben.
Auch die Interaktion der Wassermoleküle untereinander scheint eine wichtige Rolle zu spielen: die ersten gesammelten Moleküle verbinden sich mit den organischen Stoffen des MOF, während die darauffolgenden Wassermoleküle Ketten innerhalb der Hohlräume bilden, die dann zu Clustern und ganzen Netzwerken an Clustern erweitert werden.

Wichtig für eine adäquate Funktion des Wassersammlers ist es, dass sich die ersten Wassermoleküle nicht zu fest mit den organischen Stoffen der MOFs verbinden, da das Wasser ansonsten nicht mehr so einfach aus dem Material herausgepresst werden kann.

Da Forscher durch diese Untersuchungen nun nachvollziehen können, wie die molekulare Entwicklung von Wasserstrukturen in metallorganischen Materialien funktioniert, können die MOFs auf atomarer Ebene gezielt optimiert werden, auch hinsichtlich unterschiedlichen Umweltbedingungen wie Außentemperatur und Luftfeuchtigkeit.

Die Weiterentwicklung der MOFs

Ein neu entwickeltes Material namens “SHCP-10” (Sulfonated Hypercrosslinked Polymer 10) stellt die aktuellste Version der “Wasserauffänger” dar. Es ist ein schwefelhaltiges, hoch vernetztes Polymer, welches sich preisgünstig und simpel herstellen lässt. Auch bei diesem sammelt sich das Wasser an der Oberfläche und kann alle zwei Stunden mittels der Energie der Sonne “geerntet” werden.

Dabei erreicht das Polymer Spitzenleistungen von 0,8 l Wasser pro Kilogramm und Zyklus. Im Vergleich zu seinen Vorgängermodellen verbraucht es dabei deutlich weniger Energie.

Salzhaltiges Hydrogel

Ebenfalls neu aus dem Jahr 2023, von Forschern des MIT (Massachussetts Insitute of Technology) erfunden, ist ein transparentes, gummiartiges Material, welches aus Hydrogel hergestellt wird und von Natur aus eine hohe Saugkraft besitzt. Im Alltag findet dieses Hydrogel unter anderem Verwendung in Wegwerfwindeln.

Das fertige Endprodukt entsteht schließlich durch die Infusion des Hydrogels mit dem Salz Lithiumchlorid. Verwendet wird dieses spezielle Salz, da es das einzige ist, welches mehr als das Zehnfache seiner eigenen Masse an Feuchtigkeit absorbieren kann.
Das schlussendlich daraus entstehende salzhaltige Hydrogel hat also die Eigenschaft, Wasserdampf der Luft zu entziehen, ihn aufzunehmen und die Feuchtigkeit zu halten, indem es sich aufbläht.

Im Anschluss an die Absorption kann das gesammelte Wasser erhitzt und kondensiert werden (wie auch bei den MOFs). Ein weiterer positiver Punkt des Materials ist der geringe Kostenfrage, die sehr hohe Leistung und das enorme Potential, das das Material darstellt: manche Forscher meinen sogar, dass es die Effizienz von Klimaanlagen erhöhen könnte, da das “Salzgel” in diesen als Entfeuchtungselement genutzt werden und so viel Energie gespart werden könnte.

Den Nebel ernten

Schon im Jahr 2006 wurde diese Methode von Klimaexperten am Rande der Atacama-Wüste in Chile entwickelt. Die Wassergewinnung basiert hierbei auf dem “Ernten von Nebel”. Mittels vertikal angebrachter Kunststoffnetze wird Nebel, der vom Pazifik durch den Wind herangetragen wird, aufgefangen, bis er kondensiert.

Die dabei entstehenden Wassertropfen fließen über Rohre und Rinnen in ein Auffangbecken. Im Ökoschutzgebiet Cerro Grande können so pro Jahr in etwa 560.000 Liter Wasser aufgefangen werden.
Dieses Wasser besitzt sogar eine bessere Qualität, als herkömmliches Trinkwasser, da es ozon-gefiltert ist und nicht mit Chlor gereinigt werden muss.
In der Zukunft soll das gesammelte Wasser sogar verkauft werden. So könnten weitere wirtschaftliche Chancen für die lokalen Bewohner:innen entstehen.

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