Fracking als überholtes Verfahren? – Wie sich Hydraulic Fracturing auf unsere Umwelt auswirkt

Juni 2022
Fotograf:in: Joshua Doubek, Copyright: Fracking operation, CC BY-SA 3.0

„Hydraulic Fracturing“ oder kurz “Fracking” ist ein technisches Verfahren, das Erdgas (und -Öl) aus festen, unterirdischen Gesteinsschichten an die Oberfläche befördert. Der englische Begriff “fracturing” kann in diesem Kontext mit “aufbrechen” übersetzt werden. Er weist auf die Methode hin, mit der die Rohstoffe an die Erdoberfläche geholt werden.

Das Verfahren ist allerdings nicht ganz unumstritten, denn immer wieder kommt es in Fracking-Regionen zu schweren Umweltschäden.

Fracking - was ist das?

Erdgas ist unterirdisches Gas, das in kleinen Hohlräumen gespeichert ist und deshalb nicht frei entweichen kann. Fracking kann zum Einsatz kommen, wenn konventionelle Bohrverfahren zur Förderung von Erdgas nicht mehr ausreichen. In diesem Fall kommt zu den Bohrern und Fördermaschinen noch ein spezielles Gemisch hinzu, das verwendet wird, um die Gase an die Oberfläche zu transportieren. Dieses nennt man auch Fracking- oder Frac-Flüssigkeit.

Zur Förderung des Gases wird zunächst hunderte Meter tief in die Erde gebohrt, bis die gashaltige Erdschicht erreicht ist. Dann wird, nun horizontal, mit sehr hohem Druck (bis zu 1.000 bar) das Gemisch aus Wasser und Additiven, meist Sand und Chemikalien, durch die Erdschicht gejagt. Die Fracking-Flüssigkeit öffnet Risse in der festen Gesteinsschicht und sorgt durch ihre Festkörper dafür, dass diese geöffnet und gasdurchlässig bleiben. Das Gas kann nun zusammen mit der Flüssigkeit durch die Bohrleitungen zur Oberfläche aufsteigen.

Es wird in konventionelles und unkonventionelles Fracking unterschieden:

  • Konventionelles Fracking erfolgt sehr tief unterhalb des Grundwasservorkommens (ab mindestens 3.000m Tiefe). Das Gas wird aus Sandstein gelöst, wozu kleinere Mengen Frackingflüssigkeit notwendig sind als beim unkonventionellen Fracking.

  • Unkonventionelles Fracking meint die Förderung von Ressourcen aus beispielsweise Schiefer-, Ton- oder Kohleflözgestein. Die sind für gewöhnlich nicht ganz so tief, eher in der Nähe des Grundwassers anzufinden. Diese Gesteinsarten sind undurchlässiger als Sandstein, weshalb das Flüssigkeitsgemisch in großen Mengen und mit wesentlich mehr Druck durch die Gesteinsschichten geschossen werden muss. Um das Material zu lockern, werden hier vermehrt aggressive Chemikalien verwendet, die sich schädlich auf das Trinkwasser und somit Mensch und Natur auswirken können.

Fracking in Deutschland

Das erste Mal überhaupt wurde Fracking 1949 in den USA angewandt, um Erdöl sowie Erdgas zu fördern. Seit 2005 bezieht Amerika vorwiegend Schiefergas durch eine große Menge an Fracking-Stationen und auch andere Länder sehen Potenzial in der Technik.

In Deutschland wurde die Methode das erste mal 1961 angewandt. Sie wurde praktiziert, um an besonders tiefliegende und dichte Vorkommen von Erdgas zu gelangen. Seit dem Jahr 2011 wurde eine Reihe von Gesetzen erlassen, welche die Durchführung von Fracking-Operationen einschränken. Die Gewinnung von Erdgas durch Bohrungen in Schiefer-, Ton-, Mergel- und Kohleflöz-Gestein ist seither verboten. Das konventionelle Fracking hingegen ist weiterhin erlaubt, wird aber streng reglementiert.

Am 11. Februar 2017 sind die Rechtsänderungen im Wasserhaushaltsgesetz (WHG) in Bezug auf Fracking geltend gemacht worden. Sie beinhalten Einschränkungen für die Anwendung des Verfahrens in Deutschland und schreiben vor, dass unkonventionelles Fracking zur Erdgasgewinnung bundesweit nur noch aus wissenschaftlichem Interesse, nicht für kommerzielle Zwecke zu nutzen.

Teil des Regelungspaketes waren unter anderem:

  • "Gesetz zur Änderung wasser- und naturschutzrechtlicher Vorschriften zur Untersagung und zur Risikominimierung bei den Verfahren der Fracking Technologie"
  • "Gesetz zur Ausdehnung der Bergschadenshaftung auf den Bohrlochbergbau und Kavernen"
  • "Verordnung zur Einführung von Umweltverträglichkeitsprüfungen und über bergbauliche Anforderungen beim Einsatz der Fracking-Technologie und Tiefenbohrung"

Einige ausgewählte, wissenschaftlich begleitete Vorhaben hingegen sind gestattet und sollen dazu beitragen, mehr über die Auswirkungen von Fracking auf die Bodenschichten und die Umwelt zu erfahren. Diese Erprobungen dürfen nur unter strengen Auflagen erfolgen und müssen ausschließlich mit unbedenklichen Inhaltsstoffen erfolgen, um die Reinhaltung des Grundwassers zu gewährleisten. Zudem müssen bei jedem Projekt die Zustimmung sowie verschiedene Genehmigungen der jeweils zuständigen Landesregierung eingeholt werden, bevor die Bohrungen durchgeführt werden können. Laut Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz werden die Probebohrungen seit Mai 2019 “von einer unabhängigen Expertenkommission bestehend aus sechs Sachverständigen anerkannter Forschungseinrichtungen und Behörden begleitet”. Die Kommission erstattet jährlich Bericht zum Stand der Forschung im Hinblick auf die Fracking-Technik und evaluiert die Angemessenheit eines Fracking-Verbots.

Konventionelles Fracking, also die Förderung von Erdgas aus Sandgestein, wird dagegen schon viele Jahre lange praktiziert. Ein Gesetz aus dem Jahr 2016 hat weitere Einschränkungen zugunsten des Umwelt- und Verbraucherschutzes erlassen. Es verschärft noch einmal sowohl bestehende Vorgaben zur konventionellen Erdöl- und Erdgasförderung, als auch die damit verbundene Durchführung des Fracking-Verfahrens:

Die Genehmigung von Bohrungen zur Erdgasförderung obliegt den einzelnen Bundesländern, ebenso wie das Festlegen weiterer Kriterien. Bundesweit gilt allerdings, dass Fracking nicht in besonders sensiblen Gebieten erfolgen darf, also beispielsweise bei Wasserschutzgebieten, Seen, Mineralwasservorkommen, Heilquellen und Wasserentnahmestellen der öffentlichen Wasserversorgung und Herstellung von Lebensmitteln.

Der Schutz des Trinkwassers steht an oberster Stelle, weshalb auch an die Entsorgung des Lagerstättenwassers höchste Anforderungen gestellt werden. Es darf nur in solche Gesteinsschichten gelangen, in denen sich tatsächlich Erdgas- oder Ölvorkommen befinden und muss eine Verseuchung des Trinkwassers ausschließen. Außerdem besteht eine Verpflichtung zur Überprüfung der Umweltverträglichkeit (UVP-Pflicht) für alle Fracking-Operationen. Diese erfolgt durch die UVP-Verordnung Bergbau. Die Überprüfung erfolgt auch im Hinblick auf möglichen Bergschäden, die als Resultat von Tiefenbohrungen wie Fracking-Maßnahmen entstehen können.

Hier gehts zum Bericht Evaluierung des “Regelungspakets Fracking” des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz.

Gefahren von Fracking

Auch wenn Fracking unter strengen Auflagen durchgeführt wird, kann nie gewährleistet werden, dass nicht doch etwas vom Rückfluss des aufsteigenden Wassers in das Grundwasser oder in Oberflächengewässer gelangt und diese verunreinigt. Da das Verfahren in der freien Natur stattfindet, ist es mit großer Vorsicht zu behandeln. Über den langfristigen Einfluss auf die Wasserqualität konnten bis jetzt noch keine eindeutigen Aussagen getroffen werden. Es wird jedoch deutlich, dass Fracking keineswegs als erprobtes und sicheres Verfahren angesehen werden kann und veranlasst zur Diskussion, ob das Risiko bislang nicht absehbarer Folgen für Mensch und Natur wirklich eingegangen werden sollte.

Der größte Kritikpunkt ist dabei die Zusammensetzung der Frac-Flüssigkeit, die bei einer Fracking-Operation verwendet wird. Die wird bei jeder Fracking-Operation individuell vom Förder-Unternehmen zusammengestellt und kann zwischen 12 und 750 verschiedene Chemikalien beinhalten - einige davon werden sogar als giftig eingestuft und können sich krebserregend auf den Menschen auswirken.

Das BMUV selbst führt auf seiner Website den Zusammenhang von Neuerkrankungen an Krebs um Rothenburg und Bothel und dem Erdgas-Fördergebiet in unmittelbarer Umgebung an. Es wird auf andauernde Untersuchungen verwiesen, deren Ergebnisse bis dato auf keinerlei Zusammenhang schließen lassen. Dafür müssten weitere Analysen auf regionaler Ebene stattfinden, für welche das Bundesministerium die Unterstützung durch das Zentrum für Krebsregisterdaten (ZfDK) verspricht.

Welche Chemikalien genau verwendet werden und in welchen Mengen, das obliegt den einzelnen Gasunternehmen - die exakten Bestandteile ihres Gemischs müssen sie nicht offenlegen. Nur die Identität der enthaltenen Stoffe und der geplante Anteil sind in Deutschland anzugeben.

Sollte die Fracking-Flüssigkeit beim Förderungsprozess versehentlich in das Grundwasser gelangen, können schwere Schäden entstehen, die so leicht nicht mehr eingegrenzt werden können. Laut dem Mitgliederverband BUND, der sich unter anderem für Klimaschutz und den Ausbau regenerativer Energien einsetzt, besteht die Gefahr, dass sich neben Chemikalien auch Schwermetalle oder radioaktive Stoffe aus dem Untergrund mit dem Grubenwasser vermengen und sich beim Rückfluss im Grundwasser absetzen.

Das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz (BUMV) weist ebenfalls auf diese und weitere Gefahren hin:

  • Verunreinigung von Grund- und Trinkwasser
  • Lärm und Luftemissionen
  • Flächenverbrauch
  • Wasserverbrauch

Schon bei der Beschreibung des Verfahrens fällt auf, was für eine enorme Menge an Wasser und Energie für die Durchführung von Fracking aufgebracht werden muss. Für eine Bohrung mit sechs Bohrsträngen, die genutzt werden, um das Gas innerhalb der Lagerstätten optimal erschließen zu können, werden bis zu 174.000 Kubikmeter Wasser verbraucht. Laut BUMV entspricht das dem täglichen Wasserverbrauch einer Großstadt wie München.

Als Flächenverbrauch wird durchschnittlich mit 10.000 Quadratmeter pro Bohrstelle gerechnet. Außerdem müssen Wege angelegt werden, auf welchen die Schwertransporte von der Bohrstelle zur Verkehrsanbindung gelangen können. Pro Tag fallen laut Greenpeace bis zu 100 Fahrten von Lastwägen an. Zum Bohren werden hauptsächlich Verbrennungsmotoren genutzt, die ihrerseits für die Produktion einer Menge Abgase sorgen und außerdem eine Lärmbelästigung darstellen können.

Eine weitere Gefährdung stellt das erhöhte Erdbebenrisiko durch das Aufbrechen der massiven unterirdischen Gesteinsschichten sowie der Behandlung des Bodens mit dem verseuchten Fracking-Wasser dar. Die enthaltenen Giftstoffe können sich wiederum ihren Weg durch andere Erdschichten bahnen und weitere Gebiete verseuchen, die dann wiederum für Verfahren wie Geothermie nicht mehr genutzt werden können.

Bei den Bohrungen können unbeabsichtigt Kammern geöffnet werden, die große Mengen an Methan enthalten. Diese klimaschädlichen Gase können nun entweichen und zur Beschleunigung des Treibhauseffekts und damit der globalen Klimakatastrophe beitragen.

Auch darf nicht vergessen werden, dass Erdgas zur Energieversorgung selbst als klimaschädlich gewertet wird und deshalb die Erschließung weiterer Quellen nicht im Sinne des Umweltschutzes ist.

Vorteile von Fracking

Es ist nicht abzustreiten, dass das Fracking einige Potenziale birgt. Auch in Deutschland wäre es an sich möglich, Gas aus Schiefergestein zu fördern, ähnlich wie in den USA. Wäre unkonventionelles Fracking hierzulande erlaubt, könnte laut Schätzungen der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR) das zwei- bis siebenfache der aktuellen Erdgasreserven gefördert werden. Das ist insofern relevant, da der Energieverbrauch weltweit sogar noch wachsen wird, während die Reserven fossiler Brennstoffe gleichzeitig zurückgehen.

Würde man diese erschließen, so könnte sich Deutschland laut dem Wirtschaftsverband Erdöl- und Erdgasgewinnung aus der Importabhängigkeit befreien und die Wertschöpfung auf das Inland beschränken. Außerdem ließen sich dadurch auch die Gaspreise wieder senken.

Ein Blick in die Zukunft

Erdgas ist ein wichtiger Bestandteil der Energieversorgung in Deutschland. Da viele der Lagerstätten entweder nicht erreichbar oder bereits erschöpft sind, wird ein Großteil der Ressourcen importiert. Im Hinblick auf die Abhängigkeit von anderen Ländern, wie beispielsweise Russland, wird die Diskussion um eine autarke Energieversorgung in Deutschland wieder angefacht (Stand März 2022). Die Überlegung, auf früher verwendete Methoden auszuweichen, scheint im ersten Moment nachvollziehbar. Allerdings sollte dies nicht zu Lasten unserer Umwelt oder Gesundheit gehen. Greenpeace stuft Hydraulic Fracturing nicht als Zukunftstechnologie ein.

Befürworter der Technologie sind vor allem Förderfirmen, die den Fracking-Boom und den damit einhergehenden Reichtum an Gasreserven in den USA beobachten. Wirtschaftsverbände warnen deshalb bereits vor einer Abwanderung von deutschen Unternehmen.

Die Regierung bleibt bei dem Verbot des unkonventionellen Frackings näher als 3.000m an der Erdoberfläche, stuft ein grundsätzliches Verbot der Technologie aber nicht als sinnvoll ein, denn auch weitaus umweltfreundlichere Verfahren wie Geothermie erfordern ein kontrolliertes Aufbrechen der Gesteinsschichten. Konventionelles Fracking sei seit Jahrzehnten erprobt und unterliege ausreichend Auflagen, um Risiken zu minimieren.

In Bezug auf den Klimaschutz gesteht das BMUV ein, dass Erdgas-Fracking innerhalb von Deutschland keinen sonderlich effizienten Beitrag zur Energieversorgung leistet. Es reiche auch nicht aus, um Deutschland unabhängig vom Gas-Import werden zu lassen. Den Ausbau einer Fracking-Infrastruktur stuft das Bundesministerium außerdem eher als hinderlich für die Erreichung der Klimaziele ein - besser sei ein direktes Umschwenken auf effiziente Energienutzung und nachhaltige Energien.

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