Die Jagd gilt als recht umstrittenes Thema in Deutschland. Manche Menschen sind der Meinung, sie sei Tierquälerei und blutiger Freizeitspaß auf Kosten der Tiere und man solle diese in Frieden leben lassen.
Andere verteidigen die Jagd jedoch und messen ihr einen hohen Stellenwert beim Schutze des Waldes, der Tiere und der Umwelt zu. Was sind also die tatsächlichen Auswirkungen der Jagd auf Tier und Wald, was bedeutet es Jäger:in zu sein und kann man dieses Thema überhaupt in so simple Kategorien wie „gut“ und „schlecht“ unterteilen? Diesen Fragen gehen wir in diesem Artikel nach.
Gesetzliche Regelungen zur Jagd in Deutschland
Bis zum 19. Jahrhundert war es nur Adligen gestattet, auf die Jagd zu gehen – dies änderte sich 1948, denn seitdem ist das Recht zum Jagen in Deutschland an den Grund und Boden gebunden. Dies bedeutet, dass jede:r Grundeigentümer:in selbst über die Bejagung auf dem eigenen Gebiet verfügen darf. Dies bedeutet auch, dass das Jagdrecht verpachtet werden kann, sollte man selbst dafür keine Verwendung finden, es aber anderen gestatten wollen.
Kleinere Grundstücke werden im Übrigen für gewöhnlich zu Jagdbezirken von 75 Hektar oder mehr vereint und von Jagdgenossenschaften von Privatbesitzer:innen und Gemeinden genutzt.
Gejagt werden in Deutschland im Einvernehmen mit den Gesetzen des Deutschen Jagdverbandes (DJV) besonders Rot-, Reh-, Dam-, Muffel- und Schwarzwild ebenso wie Enten, Gänse, Fasane und Tauben.
Wie wird man Jäger:in und was macht das Jägersein aus?
Möchte man in Deutschland Jäger:in werden, so muss man zuerst eine anspruchsvolle Jägerprüfung bestehen, die den verantwortungsbewussten Umgang mit Schusswaffen sowie einen respektvollen Umgang mit der Natur gewährleisten soll.
Auch muss man, um einen Jagdschein zu erwerben, mindestens 15 Jahre alt sein, ein einwandfreies polizeiliches Führungszeugnis und körperliche und geistige Eignung besitzen.
Das “Grüne Abitur", wie die Jägerprüfung gerne bezeichnet wird, gliedert sich in drei Teile: Die Schießprüfung sowie eine mündliche und eine schriftliche Prüfung. Die tatsächliche Ausbildung wird von Jagdverbänden oder Jagdschulen angeboten und beinhaltet Theorie und Praxis zu Wildbiologie, Jagdpraxis, Brauchtum, Waffenkunde, Wildbrethygiene und Jagdrecht, sowie ein sicherer Umgang mit Schusswaffen. Der DJV ist mit etwa 245.000 Mitgliedern der Dachverband der 15 Landesjagdverbände, der sich durch die Jagd unter anderem auch dem Schutz von Wald, Forst und Wild verschrieben hat.
Im Übrigen können auch Förster:innen Jäger:innen sein; jedoch nur, wenn sie den notwendigen Jagdschein besitzen.
Doch was trägt die Jagd im Allgemeinen zum Schutz des Waldes bei?
Wie kann die Jagd zum Umweltschutz beitragen?
Bereits seit 1934, zur Einführung des Reichsjagdgesetzes, gelten in Deutschland neben allgemeinen Regelungen für Jäger:innen – wie die zuvor erwähnte Jagdprüfung – auch bestimmte Pflichten zugunsten des Umwelt- und Tierschutzes. Dazu gehören beispielsweise die Berücksichtigung von Jagd- und Schonzeiten, aber auch die sogenannte “Hege”. Dies bedeutet, dass sich Jäger:innen aktiv für den Erhalt und die Pflege von im Wald ansässigen Tierbeständen einsetzen müssen. Nicht nur darf den von der Jagd betroffenen Tieren nach dem Tierschutzgesetz nicht mehr als unvermeidbarem Schmerz zugefügt werden, sondern so muss sich jeder, der in Deutschland jagen möchte, gesetzlich also auch um den Wald und seine Bewohner sorgen.
Dazu gehören auch das Errichten und Pflegen von Ruhezonen und Brutplätzen und die Datenerhebung zu heimischen und invasiven Tierarten. All dies darf nur so geschehen, dass weder dem Wild, dem Wald, noch forst- oder landwirtschaftlich genutzten Flächen Schaden zugefügt wird.
Jäger:innen helfen durch ihre Tätigkeit, den Tierbestand zu kontrollieren. Dies ist notwendig, da besonders eine zu große Menge an bestimmten Tierarten wie Rehe oder Hirschen dem Ökosystem Wald deutlichen Schaden zufügen kann.
Gerne knabbern diese Tiere nämlich junge Bäume an und beschädigen die Rinde oder beißen Blätter und Knospen ab. Bei einer gemäßigten Population an Rehen und Hirschen, bzw. einem generell ausgeglichenen Ökosystem, stellt dies in der Regel keine Gefahr für den Wald dar, da sich die Bäume wieder davon erholen können. Werden es allerdings zu viele Rehe und sind dadurch einzelne Bäume ungewöhnlich oft betroffen, so kann dieser sogenannte “Verbiss” zu verlangsamten Wachstum führen oder gar zum Absterben mancher Bäume. Einer Studie des Max-Planck-Instituts zufolge gehen aufgrund dessen rund 50 bis 60 Prozent der Baumarten in Deutschland und Rumänien verloren. Dies schadet nicht nur den Waldbesitzer:innen finanziell, sondern wirkt sich negativ auf den gesamten Wald aus – schließlich ändert sich die Zusammensetzung und damit auch die Artenvielfalt des Waldes, wenn bestimmte Baumarten stärker vom Verbiss betroffen sind als andere.
Doch nicht nur eine zu hohe Reh- und Hirschpopulation kann ungewollte Auswirkungen auf den Wald und seine Bewohner haben. Auch andere Tiere, wie beispielsweise Wildschweine, bringen in unnatürlich hoher Menge ihre Probleme mit sich. So hat sich die Anzahl an Wildschweinen in Deutschland seit 1998 mehr als verdoppelt. Dies ist unter anderem dem Klimawandel und den damit verbundenen immer wärmeren Wintermonaten zuzuschreiben. Dadurch verringert sich die natürliche Auslese der Tiere und es entsteht ein Ungleichgewicht in der Bevölkerung des Waldes. Ähnlich wie bei der Überpopulation von Rehen kann dies dem Lebensraum der Tiere schaden und gleichzeitig können Probleme für Menschen und die Zucht gewöhnlicher Schweine entstehen, da Wildschweine Überträger der Schweinepest sein können.
Die verantwortungsbewusst durchgeführte Jagd kann also auf verschiedenste Weisen dazu beitragen, den Artenbestand in natürlicher Balance zu halten.
Auch gilt die Jagd für viele Menschen – auch für jene außerhalb des Jagdumfelds – als die natürlichste und gerechteste Art der Beschaffung von Tierfleisch, da die Tiere ihr Leben lang in der freien Natur leben durften und nicht eingepfercht mit vielen anderen Tieren in Gefangenschaft leben mussten oder gar mit Antibiotika vollgestopft werden, so wie es vielen Tieren in der Fleischindustrie ergeht.
(Mehr zu den verschiedensten Haltungsformen gibt es hier.)
Wann ist die Jagd umweltschädlich?
Wie in vielen anderen Bereichen auch, gibt es auch die Jagd betreffend nicht nur Vorteile, sondern auch Schattenseiten.
Schließlich wird das Ökosystem Wald durch jeden einzelnen Eingriff beeinflusst — positiv sowie negativ.
So wirkt sich die Jagd beispielsweise stark auf das Verhalten der davon betroffenen Tierarten aus: Menschen, die sich (zum Teil in großen Jagdgesellschaften) im Wald aufhalten, laute Schüsse und Unruhen im Wald während der Jagdsaison sind keine Seltenheit. Dies führt dazu, dass sich immer mehr Tiere (besonders jene, deren Art stark von der Jagd betroffen ist; wie Rehe) vor den Menschen und deren Einflüssen zurückziehen. Tatsächlich sind die Wildtiere in wenig bejagten Gebieten den Menschen gegenüber sogar weniger scheu, wohingegen sie sich in Gebieten, in welchen viel gejagt wird, so gut als möglich zurückziehen. Im Zuge dessen meiden sie nicht nur die Gegenwart des Menschen, sondern halten sich grundlegend von Gebieten unter menschlichem Einfluss fern. Dies bezieht beispielsweise viele Felder und Wiesen mit ein. Doch wohin ziehen sich die Tiere stattdessen zurück? In der Regel verziehen sich die Tiere tiefer in die Wälder zurück, was aus mehreren Gründen zum Problem werden kann. Zum einen schwinden weltweit auch aufgrund von Abholzung immer mehr Waldflächen und auch Deutschland bietet keine Ausnahme. Dies führt aber wiederum dazu, dass sich der Lebensraum der Tiere erneut einschränkt und so drängen sich immer mehr Tiere, wenn sie keine andere Alternative sehen, auf einer immer kleiner werdenden Fläche im Wald zusammen. Aus bereits zuvor genannten Gründen (wie dem Verbiss des Waldes) kann dies schnell zu Problemen in der Forstwirtschaft und der Gesundheit des Waldes führen.
Gleichzeitig vermehren Tiere unter Jagddruck tatsächlich ihren Fortpflanzungstrieb, was wiederum die Population vergrößert und für mehr Arbeit für Förster:innen und Jäger:innen sorgt. Denn je mehr Tiere es gibt, desto mehr Tiere müssen in den Folgejahren erlegt werden, um die Kapazitäten ihres Umfeldes nicht zu sprengen.
Und auch das Füttern der Tiere, zu dem die Jäger:innen aufgrund der Hege in Notzeiten verpflichtet sind, hat nicht nur Vorteile. Zwar soll dadurch beispielsweise gefährdeten Arten wie Rebhühnern und Fasanen durch die Wintermonate geholfen werden, doch auch andere Tiere wie Rehe oder Wildschweine gelangen an mehr Futter, was die natürliche Wintermortalität beeinflusst. Erneut steigt also die Zahl der Tiere an und mit ihr die damit verbundenen Folgen für den Wald. Neben diesen Faktoren spielen aber auch andere, wie beispielsweise die Frage nach der verwendeten Munition und damit einhergehende Schäden eine große Rolle beim Wohle der Tiere und ihres Lebensraumes. So gibt es Anzeichen dafür, dass besonders die Verwendung von Bleimunition zu Umweltschäden führen kann. Bleischrot wirkt sich nämlich nicht nur negativ auf das Wasserwild direkt aus, sondern kann sogar für Vergiftungen bei Fressfeinden besagter Tierarten verantwortlich gemacht werden. Dementsprechend wird empfohlen, mindestens bei der Jagd an Gewässern auf diese Art der Munition zu verzichten.
Bedrohungen der Tiere durch die Wilderei
Ebenso nicht umweltfreundlich und meist schädlich für die Tiere ist die Wilderei. Zwar ist sie in Deutschland als illegal und somit als Straftat eingestuft, doch das schreckt bei weitem nicht alle Menschen davon ab.
Doch was genau zählt als Wilderei?
Grundsätzlich betrachtet gilt in Deutschland das unberechtigte Fangen, Fischen und Jagen von Wildtieren als Wilderei. Unberechtigtes Jagen schließt dementsprechend jede Art von Tierfang mit ein, die ohne gesetzlich vorgeschriebenen Jagdschein getätigt wird.
Kritisch ist Wilderei besonders deshalb, weil sie unkontrolliert in die natürliche Umgebung und den Lebensraum der Tiere eingreift und ihnen im schlimmsten Fall unvorstellbare Schmerzen und Leid zufügen kann. So wird besonders die Wilderei in Schon- und Nachtzeiten als kritisch betrachtet. Aber auch die Gewerbs- und gewohnheitsmäßige Wilderei sowie das Jagen und Fangen der Tiere mit unzulässigen Mitteln — wie mit Fangen und Schlingen, die den Tieren vermeidbare Qualen zufügen — werden als grausamere Formen der Wilderei eingestuft.
Ebenso zur Wilderei gezählt, sind aber auch Tätigkeiten, die man auf den ersten Blick vielleicht nicht als solche einstufen würde. So zählt nämlich auch das illegale Aneignen von Teilen bereits verstorbener Tiere zur Wilderei. So sollte man also keinesfalls Knochen, Geweihe, Federn oder weitere Teile unerlaubt aus einem Jagdrevier entfernen, da man sich schon durch die Mitnahme dieser strafbar macht.
Überschreitet man beim Fischen eine gewisse Fangquote, so fällt dies außerdem unter die Kategorie der Fischwilderei und auch die unberechtigte Nutzung eines Hundes zur Jagd kann als Wilderei gelten.
Besondere Vorsicht sollte man übrigens auch bei der sogenannten „Wildrettung“ walten lassen. Wer beim Fund eines verletzten Wildtieres auf selbstständiges und unfachmännisches Verhalten zum Festhalten des Tieres zurückgreift, kann auch hier mit einer Strafe rechnen müssen, da die Rettung und Versorgung eines Wildtieres stets nur mit Zustimmung (und unter Beaufsichtigung) eines Jagdausübungsberechtigten erfolgen darf. Wer also ein verletztes Tier im Wald findet, sollte sich zunächst an die dafür zuständigen offiziellen Stellen wenden.
Besondere Vorsicht in Sachen Wilderei gilt übrigens bei Eulen und Greifvögel, da alle ihre in Europa vertretenen Arten dem Bundesnaturschutzgesetz und der EU-Artenschutzordnung unterliegen. Somit stehen die Tiere ganzjährig unter Schonzeit und jeder Versuch der Nachstellung, des Fangens und des Verkaufes wird als Straftat angesehen.
Fazit
Die Jagd ist ein kompliziertes und sehr facettenreiches Thema, was es schwer macht, ihr mit Schwarz-Weiß-Denken zu begegnen und sie danach zu beurteilen. Fest steht aber, dass die Jagd grundsätzlich notwendig ist, um den Wildbestand zu regeln und so ein ausgewogenes Ökosystem zu erhalten. Andererseits sollte dies stets in Maßen und mit genügend Weitblick geschehen, sodass durch die Jagd nicht mehr Probleme geschaffen werden, als eh schon vorliegen. So ist auch die Zusammenarbeit von Jägern, Förstern und Naturschützern gefordert, um die Jagd den aktuellen Gegebenheiten anpassen zu können und so ein verantwortungsbewusstes Jagen zum Schutz des Waldes und der Tiere gewährleisten zu können.
- https://www.landundforst.de/niedersachsen/gilt-wilderei-deutschland-569916
- https://www.forstwirtschaft-in-deutschland.de/forstwirtschaft/produkte-leistungen/jagd/
- https://www.planet-wissen.de/natur/naturschutz/foerster/pwieaufgabendesfoersters100.html
- https://www.jagdreisen.at/laender/jagen-in-deutschland/
- https://www.quarks.de/umwelt/tierwelt/warum-sich-die-jagd-in-deutschland-veraendern-muss/
- https://www.jagdverband.de/rund-um-die-jagd/der-jagdschein
- https://www.duh.de/themen/natur/naturvertraegliche-landnutzung/landwirtschaft/antibiotika-in-der-massentierhaltung/