Die Umwelt-DNA – was steckt dahinter?

Februar 2024
Copyright: Foto von Hans-Jurgen Mager auf Unsplash

Die Eiskappen unseres Planeten schwinden aufgrund des menschengemachten Klimawandels mit erschreckender Geschwindigkeit. So gehen ganze 13% des Eises im arktischen Meer pro verstrichenem Jahrzehnt verloren und alleine in den vergangenen 30 Jahren ging das älteste und dickste Eis in der Arktis um alarmierende 95% zurück. Wird diese rasante und bestürzende Entwicklung nicht vermindert, so bedeutet dies eine eisfreie Arktis und das bereits 2040.
Dies wiederum wird verheerende Auswirkungen auf unser aller Leben haben, da mit dem Schwinden der Eiskappen auch das natürliche Gleichgewicht des Klimas aus den Fugen geraten wird. Unglücklicherweise muss man aber nicht einmal weit in die Zukunft sehen, um die verheerenden Auswirkungen des sich stetig ändernden Lebensraumes der Arktis erkennen zu können. Denn zahlreiche, wundervolle Tiere wie Robben, Eisbären und andere dort beheimatete Arten sind bereits jetzt vom harten Überlebenskampf im neuen Klima und dem daraus resultierenden Artensterben betroffen.

Der Weltnaturschutzunion (IUCN) nach zufolge könnte die weltweite Population der Eisbären, die Stand 2020 ohnehin nur bei 22.000 – 31.000 Tieren lag, innerhalb der nächsten 45 Jahre um ganze 30% zurückgehen.
Um diesen Entwicklungen entgegenzuwirken, stellen sich – abgesehen von der Notwendigkeit von konsequent durchgeführten allgemeinen Klimaschutz – verschiedene Fragen an die Forschung, deren Beantwortung dabei helfen soll, die Arktis und ihre wunderbaren Bewohner zu schützen. Dazu gehören vor allem Informationen, die sich aus dem Verhalten der betroffenen Tiere gewinnen lassen, um deren Lebensumstände, Gesundheit, Gewohnheiten, Verhaltensänderungen und ähnliches untersuchen und in einen größeren Kontext setzen zu können.

Eine besondere neue Art der Forschung auf diesem Gebiet bietet eine neue Methode der DNA-Untersuchung von Tieren, welche ihre Spuren im Schnee hinterlassen.

Sowohl diese verzaubernde Eislandschaft als auch ihre Bewohner leiden unter den Folgen des Klimawandels.

Die Umwelt-DNA

Die Gewinnung und erfolgreiche Untersuchung der sogenannten Umwelt-DNA – auch eDNA (environmental DNA) genannt – gelang kürzlich Wissenschaftler:innen des MIX Forschungsinstituts in Schweden mit Unterstützung vom WWF.
Mit der von ihnen entwickelten Methode lässt sich die DNA von Tieren aus deren Tatzenspuren im Schnee extrahieren, indem der umliegende Schnee geschmolzen und gefiltert wird, und mithilfe einer sogenannten Mikrosatellitenanalyse analysiert wird.
Die Technologie der Untersuchung einer DNA ist grundsätzlich nichts Neues in der Forschung, da sie so ähnlich beispielsweise auch bei der Kriminalforschung eingesetzt wird. Was jedoch tatsächlich neu ist, ist die nun möglich gemachte Entnahme und Untersuchung der Kern-DNA (bzw. nuklearen DNA) aus den Spuren der untersuchten Tiere. Dies ist besonders deshalb von großer Relevanz, da die Kern-DNA das meiste genetische Material beinhaltet und ihre Analyse daher die Türen zu besonders detaillierten Informationen über besagte Tiere öffnet.

Die an der Studie beteiligten Wissenschaftler:innen untersuchten insgesamt 24 Wildspuren von Eisbären und entnahmen außerdem 44 Proben aus den Spuren von Luchsen. Bei ganzen 87,5% der Eisbärspuren konnte eine Analyse der Kern-DNA durchgeführt werden und selbiges gelang auch bei 59,1% der Luchsspuren. 24% der Luchsspuren konnten infolgedessen erfolgreich genotypisiert werden. Genotypisierung beschreibt den Vergleich verschiedener DNA-Sequenzen, wodurch genetische Variationen analysiert und erkannt werden können. Das bedeutet, dass sie zur Identifizierung einzelner Individuen anstelle einer gesamten Art dienen kann. Sie findet beispielsweise auch in der Medizin eine Anwendung, indem durch sie Vorhersagen zu erblichen Eigenschaften oder Krankheiten getätigt werden können. Die Genotypisierung ist also eine bewährte Methode, um mehr über ein Individuum zu erfahren.
Bei den in der Studie untersuchten Eisbärenspuren konnten übrigens 13 Spuren genotypisiert werden, wobei zwölf unterschiedliche Individuen erkannt wurden – die zwei der untersuchten Spuren stammen anscheinend von ein und demselben Tier, weshalb insgesamt nur zwölf und nicht dreizehn Tiere identifiziert wurden.

Durch die Tatzenabdrücke der Tiere lassen sich erstaunliche Einsichten in ihre Lebensweise gewinnen.

Welche Informationen bietet die Umwelt-DNA?

Mithilfe der DNA, die aus hinterlassenen Hautzellen der Fußsohlen der Tiere gewonnen wird, ist es den Forscher:innen möglich Fragen zur Art und Identifikation eines einzelnen Tieres, seiner Gesundheit, Ernährung, aber auch zu Verhaltensmustern und Wanderbewegungen ganzer Bestände zu untersuchen und zu beantworten.
Eine nette Anekdote hierzu: Bereits 2014 gelang es französischen Wissenschaftler:innen der Firma SPYGEN in Zusammenarbeit mit dem Unternehmen Canon und dem Norwegischen Polarinstitut die DNA eines Eisbären aus dessen zurückgelassenen Tatzenabdrücken zu gewinnen. Neben dem genetischen Material des Eisbären wurden aber auch Spuren einer Möwe und einer Robbe analysiert und identifiziert. So ließ sich aus diesen Funden rückschließen, dass jener Eisbär die besagte Robbe getötet hatte und sich ebenfalls eine Möwe am Ort des Geschehens befand.
Eben solche Erkenntnisse, die aus der Analyse der DNA gewonnen werden können, ermöglichen es den Forschenden also noch mehr über das Verhalten der faszinierenden und schützenswerten Tiere zu erfahren.

Doch auch den Menschen selbst kann diese Art der DNA-Untersuchung eine Hilfe beim Erkennen und Einordnen des Verhaltens der Tiere sein. Beispielsweise kann man so bereits frühzeitig erkennen, ob und wann sich ein Tier einer menschlichen Siedlung nähert. Durch diese Entdeckungen kann man wiederum angemessen auf die Situation reagieren, um so ein friedliches Zusammenleben von Mensch und Tier in der Eiswüste zu schaffen.


Alle Eisbären verdienen es so frei in einer Schneelandschaft toben und spielen zu dürfen – fern von den Einflüssen der Menschen und des Klimawandels!

Vorteile der Umwelt-DNA

Weniger Stress für Tiere und Forschende

Ein unschätzbarer Vorteil, den die Untersuchung der Umwelt-DNA gegenüber anderen Methoden der Tierbeobachtung und -Analyse mit sich bringt, ist die Tatsache, dass man den Tieren selbst bei Verwendung dieser speziellen Methode nicht zu nahe kommen muss. So werden einerseits die Forschenden als auch die Tiere weniger Gefahrensituationen ausgesetzt und besonders den Tieren bleibt viel Stress erspart, da sie so für eine genaue Untersuchung nicht betäubt werden müssen, um an die benötigten Informationen zu gelangen.

Größere Akzeptanz bei indigener Bevölkerung

Die Analyse der Umwelt-DNA, um Informationen über die zu schützenden Tiere zu gewinnen, schwächt außerdem die Bedenken indigener Bevölkerungsgruppen in der Arktis ab, die sich zuvor gegen frühere Methoden – wie der Betäubung einzelner Tiere zu Untersuchungszwecken – ausgesprochen hatten.

Geld und Zeit

Nicht nur ist diese Art der Überwachung von Tieren viel zeitsparender als die zuvor notwendige persönliche Beobachtung der Tiere, sondern sie erweist sich auch um einiges kostengünstiger.

Jeder kann forschen

Mit genug Anleitung und Training seitens Forscher:innen bietet die Umwelt-DNA auch Nicht-Wissenschaftler:innen die Möglichkeit zum Schutze der geliebten Tiere der Arktis beizutragen, da sich nun theoretisch auch lokale Gemeinschaften und Freiwillige an der Überwachung und Betreuung der Tiere beteiligen können – und dies ohne sich den Tieren selbst nähern zu müssen und sich so in Gefahr zu begeben.


Was kann ich tun, um die Tiere der Arktis zu schützen?

Möchtet ihr euch auch für den Schutz der wundervollen Tiere der Arktis einsetzen, so gibt es aber auch bequeme und wenig wissenschaftliche Methoden, dies zu erreichen.
Der WWF bietet beispielsweise Spendenaktionen zur Erhaltung des Lebensraumes der Arktisbewohner und ihren allgemeinen Schutz.
Helft gemeinsam mit, unseren Planeten und seine Bewohner zu schützen!

Helft dabei, diese wunderbaren Tiere vor dem Aussterben zu bewahren!
  • https://www.wwf.de/themen-projekte/bedrohte-tier-und-pflanzenarten/eisbaeren/eisbaer-dna-aus-spuren-im-schnee?newsletter=infonewsletter%2FHausliste%2F2023%2F12%2F09%2Feisbaer-dna%2Fluchs%2F415294&utm_medium=email&utm_campaign=eisbaer-dna&utm_source=infonewsletter&ecmId=5N250BEJ-RYVHZJ&ecmEid=5N8C6U5K-5N250BEJ-12TFQ9T&ecmUid=56MPM4J5-102N1576
  • https://vet-magazin.at/wissenschaft/wildtierkunde/DNA-erstmals-Eisbaeren-Spuren.html
  • https://www.mdr.de/wissen/wissen-news-eisbaer-population-durch-dna-in-schneespuren-bestimmen-104.html
  • https://www.deutschlandfunknova.de/nachrichten/arktis-eisbaeren-dna-aus-den-fussspuren-gewinnen
  • https://www.spektrum.de/news/eisbaeren-dna-im-schnee-genspuren-in-fussspuren/2200579
  • https://www.frontiersin.org/articles/10.3389/fcosc.2023.1250996/full
  • https://www.worldwildlife.org/pages/six-ways-loss-of-arctic-ice-impacts-everyone
  • https://www.wwf.de/themen-projekte/artenlexikon/eisbaer#:~:text=Wie%20viele%20Eisbären%20gibt%20es%3F&text=Den%20neuesten%20Untersuchungen%20zur%20Folge,meisten%20Eisbären%20leben%20in%20Kanada.
  • https://www.helmholtz-klima.de/klimafakten/behauptung-die-zahl-der-eisbaeren-nimmt-trotz-klimawandel-zu-0
  • https://www.studysmarter.de/ausbildung/mfa/medizinische-untersuchung/genotypisierung/
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