Krankenhäuser gelten als fünftgrößter Abfallproduzent Deutschlands, da sie jährlich rund 4,8 Millionen Tonnen Müll verursachen.
Selbst komplexe chirurgische Einweggeräte wie Ultraschallscheren und Klammernahtgeräte, die bei der Anschaffung oft mehrere hundert Euro kosten, landen nach einmaliger Nutzung in der Verbrennung – allein dadurch entstehen jährlich rund 8.000 Tonnen Abfall.
Es geht auch anders – das UKB zeigt wie...
Das Universitätsklinikum Bonn (UKB) will bis 2030 klimaneutral werden und hat deshalb im September 2022 gemeinsam mit dem hamburger Startup Resoucify ein Recyclingverfahren für eben solche komplexe OP-Einweggeräte entwickelt. Diese werden seitdem nicht mehr unter hohem Energieeinsatz verbrannt, sondern stattdessen sterilisiert und wiederverwertet. Auf diese Weise spart man sich neben Ressourcen auch eine Menge Geld, denn Abfallentsorgung ist teurer – die Bonner Klinik gibt circa 900.000 Euro im Jahr dafür aus. Der neue Umgang mit den Gerätschaften stellt also durchaus eine Win-win-Situation dar. Das Universitätsklinikum Bonn war damit die erste Klinik in Deutschland, die diesen Weg auf eigene Faust beschritt.
Wie die Weltgesundheitsorganisation WHO erklärt, spricht bei 85% der Krankenhausabfälle überhaupt nichts gegen Recycling, da es sich um ganz gewöhnlichen Müll handle der, anders als die übrigen 15%, nicht etwa als infektiös, giftig oder radioaktiv eingestuft wird.
Vor allem rentiert sich das Recycling von OP-Einweggeräten, Aluminium und hochwertigen Kunststoffen. Michael Schmitz ist Experte auf diesem Gebiet – er ist von Beruf Abfallmanager. Zusammen mit seinem Team und der digitalen Plattform von Resourcify lokalisiert er Schwachstellen und optimiert das Entsorgungssystem des Bonner Krankenhauses. Und ihre Arbeit erzielte bereits große Erfolge: Seit der Umstellung des Entsorgungssystemes spart sich die Bonner Klinik circa 100.000 Euro bei der Müllentsorgung. Der Mülltrennung wurde ein sogar eigener Raum im OP-Trakt gewidmet, da die eigentlichen OPs nicht darauf ausgelegt sind, zehn verschiedene Abfallbehälter unterzubringen.
CO2-Fußabdruck des Gesundheitswesens
Nicht nur die aktuelle Lage der Müllverwertung, sondern auch die CO2-Bilanz deutscher Krankenhäuser ist erschreckend: Sie sind verantwortlich für 5,2% der landesweiten Schadstoffemissionen, unter anderem auch wegen der Müllverbrennung, und stehen somit noch schlechter da als z.B. der Flugverkehr.
Schon gewusst?
Narkosegase sind um ein Vielfaches schädlicher als Kohlenstoffdioxid. Bei den 36.000 Narkosen, die jährlich im Klinikum in Bonn stattfinden, summiert sich das schnell. Das Erderwärmungspotenzial des Anästhetikums “Desfluran” ist z.B. 2450 mal so groß wie das von CO2. In Schottland wurde Desfluran aus ebendiesem Grund bereits aus den Krankenhäusern verbannt. Stattdessen entscheidet man sich dort heute z.B. für Sevofluran, welches allerdings immer noch 130 mal schädlicher als CO2 sein soll. Auch in Bonn verzichtet man inzwischen auf die besonders schädlichen Narkosegase wie Desfluran – und spart auf diese Weise circa 80% CO2-Äquivalente ein.
Auch die CO2-Bepreisung, die Anfang dieses Jahres nochmals erhöht wurde, dürfte als Motivation für andere Krankenhäuser gelten, dem Beispiel Bonns zu folgen.
- https://www.tagesschau.de/wirtschaft/klinik-muell-nachhaltigkeit-krankenhauser-100.html
- https://www.ukbonn.de/ueber-uns/nachhaltigkeit/
- https://www.who.int/news-room/fact-sheets/detail/health-care-waste
- https://www.bbc.com/news/health-64347191