Das Thema Insulinresistenz ist eine Herausforderung, die trotz des konstanten Fortschritts in der medizinischen Forschung und Gesundheitspflege weiterhin hartnäckig bestehen bleibt und nach wie vor Millionen von Menschen weltweit betrifft.
Diese komplexe metabolische Störung hat in den letzten Jahren zunehmend an Bedeutung gewonnen, denn sie stellt eine ernsthafte gesundheitliche Bedrohung dar. Es wird davon ausgegangen, dass sich die Prävalenzzahlen, also die Anzahl der Betroffenen in der allgemeinen Bevölkerung, auf 10-25% belaufen.
Das Spektrum der Insulinresistenz reicht von einer breiten Palette von akuten Auswirkungen auf den Körper bis hin zu chronischen Krankheiten, die den Körper langfristig schädigen können. In diesem Artikel beschäftigen wir uns mit den Ursachen, Symptomen und potenziellen Folgen von Insulinresistenz, um ein tieferes Verständnis für dieses Gesundheitsproblem zu schaffen.
Was ist Insulinresistenz
Insulinresistenz ist eine komplexe metabolische Störung, die sich durch die Unfähigkeit von Zellen äußert, angemessen auf das Hormon Insulin zu reagieren.
Insulin ist ein lebenswichtiges Hormon, das von den Beta-Zellen der Bauchspeicheldrüse produziert und freigesetzt wird und eine Schlüsselrolle im gesunden Glukosestoffwechsel eines jeden Körpers spielt. Die Hauptfunktion von Insulin besteht darin, die Aufnahme von Glukose (Zucker) aus dem Blut in die Zellen zu erleichtern, um Energie zu erzeugen und den Blutzuckerspiegel zu senken.
Bei Menschen mit Insulinresistenz wird dieses harmonische Zusammenspiel gestört. Die Zielzellen, wie beispielsweise Muskel-, Fett- und Leberzellen, reagieren nicht mehr effektiv auf die “Insulinsignale”, was zu einem erhöhten Blutzuckerspiegel führt. Als Reaktion auf diesen Anstieg des Blutzuckers produziert die Bauchspeicheldrüse mehr Insulin, um die Glukose aus dem Blut in die Zellen zu befördern. Es entsteht also ein Teufelskreis, der mit der Zeit zu einem Erschöpfen der Betazellen führen kann, der letztendlich zu Typ-2-Diabetes führt. Aus diesem Grund wird eine Insulinintoleranz häufig auch Prä-Diabetes genannt.
Wie wird Insulinresistenz begünstigt ?
Die Ausbildung einer Insulinresistenz kann durch eine Vielzahl von Faktoren begünstigt werden. Ein wesentlicher Aspekt ist das Alter, da mit zunehmender Lebenszeit die natürliche Neigung zur Insulinresistenz tendenziell ansteigt.
Genetische Veranlagungen spielen ebenfalls eine bedeutende Rolle, da bestimmte Genmutationen das Risiko für Insulinresistenz erhöhen können. So ist die Wahrscheinlichkeit, selbst an einer Insulinresistenz zu erkranken, deutlich höher, wenn ein biologisches Elternteil bereits an einem Typ-2-Diabetes leidet.
Hormonelle Ungleichgewichte, insbesondere im Zusammenhang mit Erkrankungen wie dem Polyzystischen Ovarialsyndrom (PCOS) bei Frauen, können die Empfindlichkeit gegenüber Insulin beeinträchtigen. Mindestens 60% aller Frauen mit PCOS leiden ebenfalls an einer damit einhergehenden Insulinresistenz.
Übergewicht und Adipositas sind starke Begleiter von Insulinresistenz, da überschüssiges Fettgewebe Entzündungsprozesse auslösen und die Insulin-Signalwege stören kann.
Ebenso spielt der generelle Lebensstil eine entscheidende Rolle, wobei Bewegungsmangel und eine unausgewogene, glucosereiche Ernährung die Entwicklung von Insulinresistenz fördern können.
Symptome einer Insulinresistenz
Insulinresistenz kann eine Vielzahl von Symptomen mit sich bringen, die meist auf Störungen im Glukosestoffwechsel hindeuten. Eines der frühen Anzeichen ist oft ein gesteigerter Appetit, insbesondere nach kohlenhydratreichen Lebensmitteln. Ein auffälliger Anstieg des Blutzuckerspiegels kann zu vermehrtem Durstgefühl und häufigem Wasserlassen führen. Zudem klagen viele Betroffene über anhaltende Müdigkeit und eine verringerte Leistungsfähigkeit. Gewichtszunahme, insbesondere im Bauchbereich, sowie Schwierigkeiten beim Abnehmen können ebenfalls ein Hinweis sein.
Hautprobleme wie dunkle Hautflecken, insbesondere im Nacken- oder Achselbereich, sind weitere mögliche Indikatoren.
Da Insulinresistenz jedoch auch oft weitgehend asymptomatisch verläuft, bleibt sie häufig unbemerkt, bis sie fortschreitet und ernstere gesundheitliche Komplikationen verursacht. Frühzeitige Erkennung und Maßnahmen zur Verbesserung der Insulinsensitivität sind entscheidend, um die Entwicklung von Diabetes und anderen damit verbundenen Erkrankungen zu verhindern oder zumindest zu verlangsamen.
Mögliche Folgeerkrankungen
Um die vielfältigen Auswirkungen einer Insulinresistenz zu verstehen, müssen wir uns das Hormon Insulin noch einmal genauer anschauen: Bei diesem handelt es sich nämlich um ein sogenanntes “Wachstumshormon”. Das bedeutet, dass seine Funktionen weit über die bloße Kontrolle des Blutzuckers hinausgehen und daneben auch die Regulierung von Zellwachstum, Zellteilung und Proteinsynthese umfasst
In einem gesunden Körper unterstützt Insulin das Wachstum und die Erneuerung von Zellen. Es interagiert mit spezifischen Rezeptoren auf der Zelloberfläche, aktiviert Signalwege und fördert somit die Aufnahme von Nährstoffen und den Bauprozess innerhalb der Zellen. Allerdings kann eine Insulinresistenz diese fein abgestimmten Prozesse stören und zu unterschiedlichsten pathologischen Veränderungen im Körper führen. Dazu gehören unter anderem:
1. Herz-Gesundheit
Insulinresistenz kann erhebliche Auswirkungen auf die Herzgesundheit und die Blutgefäße haben, was das Risiko für kardiovaskuläre Erkrankungen deutlich erhöht.
Ein zentraler Aspekt ist dabei die Entstehung von Bluthochdruck (Hypertonie), da Insulinresistenz dazu neigt, die Blutgefäße weniger empfindlich für die blutdrucksenkende Wirkung von Insulin zu machen. Gleichzeitig führt Insulinresistenz häufig zu einer Dysregulation der Blutfettwerte. Dieses Ungleichgewicht begünstigt die Entwicklung von Atherosklerose, einer Krankheit, die den Blutfluss beeinträchtigen kann.
Insulinresistenz ist auch mit erhöhten Entzündungswerten verbunden, was die Gefäßgesundheit zusätlich beeinträchtigen kann. Die kombinierten Effekte von Insulinresistenz auf Bluthochdruck, Blutfette, Entzündungsprozesse und Atherosklerose tragen somit maßgeblich zur Entstehung von Herz-Kreislauf-Erkrankungen bei.
2. Gehirn: neurologische Erkrankungen
Insulinresistenz hat weitreichende Auswirkungen auf das Gehirn und wird zunehmend mit verschiedenen neurologischen Erkrankungen in Verbindung gebracht. Siet stellt einen Risikofaktor für die Entstehung von Alzheimer und Demenz dar. Das gestörte Insulinsignal beeinflusst nicht nur den Energiestoffwechsel im Gehirn, sondern kann auch die Bildung von schädlichen Proteinablagerungen fördern, die mit dem fortschreitenden Gedächtnisverlust bei diesen Erkrankungen in direkter Verbindung stehen. Darüber hinaus gibt es Hinweise darauf, dass Insulinresistenz eine Rolle bei der Parkinson-Krankheit spielt, indem sie Entzündungen und oxidativem Stress im Gehirn Vorschub leistet. Auch Migräneattacken können durch Insulinresistenz beeinflusst werden, da sie mit Gefäßveränderungen und Entzündungsprozessen einhergehen.
3. Krebs
Auch bei der Entstehung und Progression von bestimmten Krebserkrankungen (darunter Brustkrebs und Prostatakrebs) spielt Insulinresistenz eine signifikante Rolle. Ein erhöhter Insulinspiegel kann das Wachstum von Krebszellen begünstigen (zur Erinnerung: Insulin ist unter anderem ein Wachstumshormon und für ein gesundes Zellwachstum sowie -Teilung zuständig).
4. Muskeln und Knochen
Weiterhin hat Insulinresistenz nachweislich Auswirkungen, die weit über den Stoffwechsel hinausgehen. In Bezug auf die Muskulatur kann Insulinresistenz zu einem Verlust an Muskelmasse und -kraft führen. Dies geschieht durch gestörte Insulinsignalwege, die die Muskeln in ihrer Fähigkeit beeinträchtigen, Glukose effektiv aufzunehmen und zu nutzen.
Gleichzeitig fördert Insulinresistenz eine erhöhte Abbaurate des Muskelproteins.
Auf den Knochen hat Insulinresistenz ebenfalls negative Effekte und wird mit einer verringerten Knochendichte und -masse in Verbindung gebracht. Es besteht ein erhöhtes Risiko für Osteoporose und Frakturen. Zusätzlich kann Insulinresistenz Entzündungsprozesse verstärken, was wiederum die Entstehung von Osteoarthritis begünstigen kann, einer schmerzhaften Arthrose-Erkrankung, die den Knorpel in den Gelenken beeinträchtigt.
Exkurs: Insulin und Vitamin D
Der Zusammenhang zwischen Insulin und Vitamin D ist vielschichtig – so kann sich eine Insulinresistenz beispielsweise gravierend auf den Vitamin-D-Stoffwechsel auswirken.
Insulin spielt eine wichtige Rolle bei der Aktivierung von Vitamin D in den Zellen. Wird dieser Prozess durch eine Insulinresistenz unterbunden, so kann ein Mangel an aktivem Vitamin D auftreten.
Ein normaler Vitamin-D-Spiegel trägt dazu bei, die Insulinsensitivität zu verbessern, indem das Vitamin entzündungshemmende Prozesse unterstützt. Details zu den positiven Wirkungen von Vitamin D findet ihr hier.
Lust auf mehr?!
- “Why we get sick” von Benjamin Bikman
- https://www.labor-karlsruhe.de/fileadmin/user_upload/pdf/infoschriften/Adipositas_A4_01-2019.pdf
- https://www.dr-kirkamm.de/labordiagnostik/labortest/insulinresistenz-metabolisches-syndrom