Detective: Auf der Spur nach sicheren Alternativen zu Tierversuchen

März 2024
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Tierversuche haben lange Zeit einen zentralen Platz in der Sicherheitsforschung von Kosmetika eingenommen, doch die ethischen Bedenken und die zunehmende Frage nach der Übertragbarkeit der Ergebnisse auf den Menschen haben zu einer intensiven Suche nach Alternativen geführt. In diesem Kontext leuchtet das Projekt "Detective" als ein Leuchtturm der Hoffnung auf. Entwickelt, um eine Brücke zwischen der Notwendigkeit der Sicherheitsbewertung chemischer Substanzen und dem Schutz tierischen Lebens zu schlagen, bietet "Detective" innovative Lösungen, die das Potenzial haben, Tierversuche obsolet zu machen. Durch den Einsatz von Biomarkern und fortschrittlichen in-vitro-Methoden ebnet dieses EU-finanzierte Projekt den Weg für eine Zukunft, in der die Sicherheitsprüfung von Chemikalien nicht nur ethischer und genauer ist, sondern auch besser für unsere gemeinsame Umwelt.

EU verbietet Tierversuche für Kosmetika und fördert alternative Methoden

Am 11. März 2013 setzte die Europäische Union ein umfassendes Verbot um, welches die Durchführung von Tierversuchen für kosmetische Produkte untersagt. Ab diesem Zeitpunkt war es nicht mehr gestattet, kosmetische Produkte oder deren Bestandteile, die an Tieren getestet wurden, innerhalb der EU zu verkaufen.

Um die Lücke in der wissenschaftlichen Forschung zu schließen, die notwendig ist, um Alternativen zu bestehenden Sicherheitstests zu entwickeln, haben die Europäische Kommission und die Organisation Cosmetics Europe zusammen die Forschungsinitiative SEURAT-1 (Safety Evaluation Ultimately Replacing Animal Testing) gestartet, um Alternativen zu Tierversuchen zu finden. Diese Initiative konzentriert sich darauf, neue Methoden zu entwickeln, um zu testen, wie sicher chemische Substanzen sind, wenn sie mehrmals verabreicht werden - und das ohne Tierversuche.

Dies ermöglicht es nicht nur, die Sicherheit von Kosmetika und möglicherweise anderen Produkten tierveruschsfrei zu bewerten, sondern auch die wissenschaftliche Genauigkeit und Relevanz für den Menschen zu verbessern. Die Bewertung der systemischen Toxizität ist nicht ausschließlich für die Bestandteile von Kosmetikprodukten von Bedeutung. Bei erfolgreicher Durchführung könnten die Erkenntnisse dieser Initiative weitreichende Folgen für zahlreiche andere Bereiche, einschließlich der Entwicklung von Medikamenten, der Lebensmittelherstellung sowie der Bewertung der Sicherheit von Industriechemikalien, Pestiziden und Bioziden haben.

SEURAT-1 und das Projekt "Detective"

Gestartet im Januar 2011, hat die Forschungsinitiative SEURAT-1 ihre Wurzeln zwar in Belangen der Kosmetikbranche, ihre Bedeutung erstreckt sich jedoch weit darüber hinaus, einschließlich der Anwendung innerhalb der EU-Verordnung REACH (Registration, Evaluation, Authorisation and Restriction of Chemicals), der Medikamentenentwicklung und weiterer Industriesektoren. SEURAT-1 markiert das erste von der EU finanzierte Vorhaben, das sich der Erforschung von Alternativen zu Tierversuchen widmet, speziell im Kontext der Bewertung systemischer Toxizitäten bei wiederholter Anwendung.

Das Detective-Projekt, initiiert unter dem Dach des 7. EU-Rahmenprogramms, ist ein zentraler Bestandteil der Initiative SEURAT-1. Diese Initiative, die aus sechs verbundenen Forschungsprojekten besteht und über einen Zeitraum von fünf Jahren angelegt ist, verfügt über ein Budget von 50 Millionen Euro und vereint die Expertise von mehr als 70 Institutionen aus ganz Europa. Unter der Leitung von Professor Jürgen Hescheler vom Universitätsklinikum Köln, bündelt das Detective-Projekt die Kräfte von 14 Forschungsteams aus Universitäten und der Industrie aus sieben europäischen Nationen. Ein herausragendes Team ist die Gruppe rund um PD Paul Jennings aus Innsbruck, das sich diesem wegweisenden Forschungsunterfangen verschrieben hat.

Frei von Tierversuchen: So geht’s

Das Projekt "Detective" konzentriert sich auf die Entwicklung und Validierung neuer Methoden zur Bewertung der Toxizität von Chemikalien und Medikamenten, ohne auf Tierversuche angewiesen zu sein. Dafür nutzt es fortschrittliche in-vitro-Technologien und Biomarker, um potenzielle schädliche Auswirkungen auf den menschlichen Körper zu identifizieren. Dabei werden menschliche Zellen und Gewebe in Laborumgebungen eingesetzt, um die Reaktionen auf chemische Substanzen genau zu studieren. Das Ziel ist es, verlässliche, schnelle und ethisch verantwortungsvolle Alternativen zu traditionellen Toxizitätsprüfungen zu schaffen.

in-vitro-Technologien

in-vitro bedeutet "im Glas" bezieht sich auf organische Prozesse außerhalb des lebenden Organismus, sondern, beispielsweise in künstlich erschaffenen Umgebungen wie im Reagenzglas oder in einer Petrischale.

Der Begriff “in-vitro” stammt vom Lateinischen und bedeutet “im Glas”, was darauf deutet, dass experimentelle Verfahren außerhalb eines lebenden Organismus durchgeführt werden, typischerweise in einer kontrollierten Umgebung wie einem Labor. In-vitro-Techniken nutzen oft Zellkulturen oder Gewebeproben, um die biologischen Effekte von Chemikalien, Medikamenten oder anderen Substanzen zu studieren. Darüber hinaus bieten sie die Möglichkeit, spezifische biologische Prozesse unter genau kontrollierten Bedingungen zu untersuchen, ohne auf Tierversuche angewiesen zu sein. Sie ermöglichen es der Forschung, die Wirkung von Substanzen direkt auf menschliche Zellen zu beobachten, was oft relevantere und präzisere Informationen liefert als Studien, die an Tieren durchgeführt werden.

Biomarker

Biomarker sind messbare Indikatoren biologischer Zustände oder Prozesse. Sie können eine Vielzahl von Formen annehmen, wie DNA-Sequenzen, Proteine, kleine Moleküle oder sogar komplexe physiologische Prozesse. Einfach gesagt: Biomarker sind wie biologische Fingerabdrücke in unserem Körper, die uns verraten, was in uns vorgeht. Zum Beispiel ist Zucker im Blut ein Biomarker für Diabetes, und bestimmte Eiweiße können anzeigen, ob jemand an Herzproblemen oder Krebs erkrankt ist. Biomarker helfen also dabei, Krankheiten frühzeitig zu erkennen, zu überwachen, wie sich eine Krankheit entwickelt, oder zu sehen, wie gut eine Behandlung wirkt.

Biomarker werden verwendet, um normale biologische Abläufe, pathogene Prozesse oder pharmakologische Antworten auf eine therapeutische Intervention zu erkennen und zu quantifizieren.

Im Kontext von "Detective" und anderen tierversuchsfreien Forschungsansätzen spielen Biomarker eine entscheidende Rolle, indem sie es ermöglichen, die Toxizität und Sicherheit von Substanzen durch die Beobachtung spezifischer Veränderungen in Zellkulturen oder Gewebeproben zu bewerten, ohne auf lebende Tiere zurückgreifen zu müssen. Diese Biomarker können Aufschluss über schädliche Auswirkungen geben, lange bevor solche Effekte in einem vollständigen Organismus erkennbar wären, und bieten somit eine ethische und effiziente Alternative zur Bewertung der Sicherheit von Chemikalien und Medikamenten.

Einblick in Forschungsstand

Zu Beginn geht es darum, herauszufinden, wie verlässlich die Tests sind, wenn sie in großem Umfang und automatisiert durchgeführt werden. Das Interessante daran ist, dass das ganze Projekt auf menschlichen Zellkulturen basiert – also auf Zellen, die im Labor gezüchtet werden und von wichtigen Organen wie der Leber, dem Herz und den Nieren stammen. Dabei nehmen die Nierenzellen, die mit verschiedenen schädlichen Stoffen behandelt werden, eine Schlüsselrolle ein. Anja Wilmes, eine Mitarbeiterin des Projekts, erklärt, dass man durch diese Forschung tiefere Einblicke in die Reaktionen der Zellen auf Giftstoffe erhält.

Ein weiterer spannender Punkt des Projekts ist die folgende Suche nach Biomarkern, die uns verraten können, ob und wie ein Stoff schädlich ist. Hierfür kombiniert das Team verschiedene hochmoderne Technologien, um die Informationen aus den Zellen zu sammeln und auszuwerten. Diese Methoden könnten in Zukunft auch auf andere Organe angewendet werden.

Ein weiterer Schwerpunkt des Projekts liegt in der Integration von "Omics"-Technologien – wie Genomik, Proteomik und Metabolomik –, die eine umfassende Analyse biologischer Muster ermöglichen, die durch chemische Expositionen in Zellkulturen verändert werden. Diese hochmodernen Ansätze bieten tiefe Einblicke in die molekularen Mechanismen, die Toxizitätsreaktionen steuern, und eröffnen neue Wege zur Bewertung der Sicherheit von Chemikalien und Medikamenten.

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