Tübingen macht sauber: Premiere für Verpackungssteuer!

März 2024
Copyright: Markus Spiske via ppexels.com

In der idyllischen Stadt Tübingen begegnet man nicht nur malerischen Kulissen, sondern seit geraumer Zeit auch einer umweltbewussten Initiative, die Aufsehen erregt. Seit Anfang 2022 geht Tübingen mit einem mutigen Schritt voran: Die Einführung einer Verpackungssteuer, die Einwegartikel im Visier hat. Dieser Schachzug macht Tübingen zum Pionier im Kampf gegen die Verschmutzung durch Einwegverpackungen und setzt ein klares Zeichen für nachhaltigen Konsum.

Mehr darüber erfahrt ihr hier!

Einwegverpackungen verunstalten das Tübinger Stadtbild

In Tübingen hat sich die Problematik zunehmender Abfälle, besonders durch Einwegverpackungen von Schnell-Imbissen und Außer-Haus-Gerichten, zu einem ernstzunehmenden und umweltschädigenden Phänomen entwickelt. Die finanzielle Last der Abfallbeseitigung in öffentlichen Bereichen belastet den städtischen Etat erheblich, wobei diese Gelder an anderer Stelle dringend benötigt würden.

Mit der Einführung der Verpackungssteuer, die als erste ihrer Art in Deutschland gilt, verfolgt Tübingen das Ziel, zusätzliche finanzielle Mittel zu generieren, die speziell die Verursacher:innen zur Kasse bitten und so die Müllbeseitigungskosten partiell decken.

Das Tübinger Stadtpanorama am Neckar soll von den Müllbergen unversehrt bleiben.

Die Verpackungssteuer verfolgt nicht nur das Ziel, finanzielle Mittel für die Abfallbeseitigung im öffentlichen Raum zu generieren, sondern soll auch das Konsumverhalten beeinflussen. Durch die finanzielle Belastung von Einwegverpackungen werden Unternehmen und Konsument:innen dazu angeregt, auf nachhaltigere Mehrwegalternativen umzusteigen – unterstützt durch gezielte städtische Förderprogramme.

Verpackungssteuer: Wie funktioniert das?

Die Verpackungssteuer ist eine Umweltabgabe, die darauf abzielt, den Gebrauch von Einwegverpackungen zu reduzieren und somit die Umweltbelastung durch Abfall zu verringern. Doch wie funktioniert dieses Konzept in der Praxis?

Die Erhebung einer Verpackungssteuer erfolgt durch mehrere Schritte; vereinfacht gesagt beginnt dies zunächst mit der Festlegung der steuerpflichtigen Einwegverpackungen und der Bestimmung, welche Produkte besteuert werden sollen. Dieser Steuersatz wird von den lokalen Behörden verwaltet und anschließend von den Unternehmen, die jene Einwegverpackungen für ihre Produkte nutzen, entrichtet. Dies betrifft in der Regel Imbisse, Cafés, Bäckereien und auch Tankstellen. Die Verpackungssteuer wird auf die Preise der verkauften Produkte umgelegt - letztendlich tragen also die Kunden die Kosten.

To-Go-Verpackungen.

Die betroffenen Unternehmen, die Einwegverpackungen nutzen, müssen sich bei den lokalen Finanzbehörden registrieren und regelmäßig über ihre Verpackungsnutzung Bericht erstatten. Die Steuer wird dann basierend auf dem tatsächlichen Verbrauch oder der Ausgabe dieser Verpackungen erhoben und direkt an die zuständigen Behörden abgeführt. Um die Einhaltung sicherzustellen, führen die Behörden Überwachungen und Compliance-Prüfungen durch.

Die Einnahmen aus der Verpackungssteuer werden schließlich für Umwelt- und Abfallmanagementprogramme verwendet, die zur Nachhaltigkeit beitragen und den ökologischen Fußabdruck der Gemeinde verringern sollen.

Ein Überblick über die Kosten

Die Verpackungssteuer in Tübingen setzt sich wie folgt zusammen:

  • 0,50 Euro für Einwegverpackungen wie Kaffeebecher
  • 0,50 Euro für Einweggeschirr, zum Beispiel Pommesschalen
  • 0,20 Euro für Einwegbesteck und Hilfsmittel wie Trinkhalme oder Eislöffel

Juristische Bestätigung und Auseinandersetzung mit Fast Food Kette

Im Mai 2023 bestätigte das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig die Rechtmäßigkeit der Verpackungssteuer: Die Stadt Tübingen darf Steuern auf Einwegverpackungen erheben, eine Entscheidung, die den lokalen Umweltmaßnahmen neuen Schwung verleiht.

Ein Rechtsstreit, ausgelöst durch eine Klage der Leitung einer örtlichen McDonald’s Filiale, markierte einen Wendepunkt in der Auseinandersetzung um die Verpackungssteuer. Grund dafür war eine kontroverse Debatte über die Höhe der Verpackungssteuer, die McDonald's in Tübingen zahlen muss.

Ursprünglich vom Verwaltungsgericht Mannheim als unrechtmäßig eingestuft, wurde die Steuer nach einem Revisionsantrag der Stadt Tübingen vom Bundesgerichtshof letztlich doch für zulässig erklärt. Die Entscheidung wurde von der Fast-Food-Kette McDonald's, die die Klage unterstützte, mit Enttäuschung aufgenommen, wobei weitere rechtliche Schritte in Erwägung gezogen wurden. Der Tübinger Oberbürgermeister Boris Palmer wertete das Urteil als Sieg für den Umweltschutz.

Einführung einer Verpackungssteuer: Rechtlich zulässig?

Eine Gemeinde wie Tübingen kann eine Verpackungssteuer einführen, basierend auf dem Prinzip der kommunalen Selbstverwaltung, das in Deutschland durch das Grundgesetz garantiert ist. Dieses Prinzip ermöglicht es Kommunen, lokale Angelegenheiten eigenständig zu regeln, sofern sie nicht gegen übergeordnetes Bundes- oder Landesrecht verstoßen.

Die Einführung einer Verpackungssteuer durch eine Gemeinde fällt unter ihre Zuständigkeit, Maßnahmen zur Abfallvermeidung und -reduzierung sowie zur Förderung der lokalen Nachhaltigkeit zu ergreifen. Solche Maßnahmen sind Teil der kommunalen Verantwortung für Umweltschutz und öffentliche Sauberkeit. Bevor eine solche Steuer eingeführt wird, muss die Gemeinde allerdings sicherstellen, dass die Regelungen mit dem bestehenden rechtlichen Rahmen vereinbar sind, was durch entsprechende rechtliche Prüfungen und Genehmigungsprozesse gewährleistet wird.

Gegenstimmen

Obwohl einige Kritiker:innen argumentieren, dass eine bundesweite Regelung die lokale Verpackungssteuer überflüssig machen könnte, bleibt die Stadt Tübingen standhaft in ihrem Bestreben, die Einwegkultur einzudämmen.

Die Kontroverse drehte sich insbesondere um die Reichweite der Steuer, die nicht nur lokale Verzehrprodukte, sondern auch Mitnahmeartikel betreffender Unternehmen einschließt. Leipzig urteilte, dass diese in der Regel im Stadtgebiet konsumiert werden, wodurch die Steuer als lokal anwendbar gilt.

Das Bundesverwaltungsgericht wies jedoch auf notwendige Anpassungen in der Steuergestaltung hin, wie die Präzisierung der Obergrenze von 1,50 Euro pro Mahlzeit, um eine gerechte Besteuerung sicherzustellen.

Wie effektiv ist eine Verpackungssteuer?

Beispiel Mehrwegbecher “RECUP”.

Die Effektivität der Verpackungssteuer in puncto Müllreduzierung ist Gegenstand einer Studie, die zu gemischten Ergebnissen kommt. Obwohl das Gesamtgewicht des Abfalls in Tübingen unverändert geblieben zu sein scheint, deutet die Studie auf eine Zunahme von Mehrwegverpackungen hin. Die Stadt konnte selbst keine konkreten Zahlen zur Reduzierung des Einwegmülls vorlegen, aber Beobachtungen vor Ort lassen auf eine positive Veränderung schließen.

Basierend auf den bisher vorliegenden Daten wurde das Steueraufkommen für 2022 auf mindestens 692.359 Euro geschätzt. Diese Einnahmen werden in den Haushalt der Stadt Tübingen eingehen und sind für die Müllentsorgung im öffentlichen Bereich sowie für Umweltschutzinitiativen im Zusammenhang mit Abfallmanagement vorgesehen.

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