EU-Initiative gegen Müllflut – Reparieren statt Wegwerfen

Juni 2024
Fotograf:in: Muhammad Numan, Copyright: CC0 Unsplash

Müll produzieren wir alle reichlich - Um genau zu sein, stieg laut Statistischem Bundesamt die Abfallmenge in Deutschland im Jahr 2021 auf einen alarmierenden Höchststand: Jeder Einwohner produzierte im Durchschnitt 620 Kilogramm Müll pro Jahr.
Damit lag Deutschland deutlich über dem EU-Durchschnitt von 527 Kilogramm pro Person.
Innerhalb anderer EU Länder verzeichnete Österreich die höchste Pro-Kopf-Abfallmenge mit 835 Kilogramm, gefolgt von Luxemburg mit 793 Kilogramm und Dänemark mit 769 Kilogramm. Am unteren Ende der Skala standen Rumänien mit 302 Kilogramm und Polen mit 362 Kilogramm pro Kopf.
Zu diesen Abfallmengen zählen Produkte aus den verschiedensten Materialien wie Papier, Lebensmittelresten, Kunststoff, Glas, Metall, Textilien, Sperrmüll sowie Gartenabfällen. Viele dieser Materialien haben extrem lange Zersetzungszeiten. So braucht eine Plastikflasche beispielsweise etwa 450 Jahre, um sich in Mikroplastik zu zersetzen. Vollständig abgebaut werden diese Partikel jedoch nie.

In Deutschland wird der größte Teil des Mülls entweder verbrannt oder recycelt, allerdings landet nach wie vor ein Teil auf Deponien. Diese Praxis ist nicht nur in Deutschland verbreitet, sondern auch in vielen Nicht-EU-Staaten. Besonders Elektro- und Plastikmüll wird häufig ins Ausland exportiert.

Auch heute noch werden täglich werden Unmengen an Müll ins EU-Ausland exportiert

Die 6 größten Mülldeponien der Welt

Im Jahr 2022 wurden 734.000 Tonnen Kunststoffabfälle aus Deutschland exportiert, was mehr als 10 Prozent der gesamten Plastikproduktion des Landes entspricht. Der NABU betont, dass möglicherweise noch mehr Müll illegal über Grenzen transportiert wird, da es immer wieder Berichte über falsch deklarierte Abfälle gibt. Zielländer für diese Exporte sind unter anderem die Türkei, Polen, Malaysia, Indonesien und Vietnam.

Im Zuge dessen stellen wir euch die 6 größten Mülldeponien der Welt vor und welche Herausforderungen sie für Umwelt und Mensch darstellen.

1. Ghana: Sodom

Ein Teil der ghanaischen Hauptstadt Accra, bekannt als „Sodom“, gilt als die größte europäische Mülldeponie für Elektrogeräte außerhalb Europas. Jährlich werden hier etwa 250.000 Tonnen ausrangierte Elektrogeräte wie Computer, Smartphones und Drucker angeliefert.
In industrialisierten Gesellschaften wachsen die Umsätze der Elektrogerätehersteller stetig, doch diese Schnelllebigkeit beeinträchtigt die Nachhaltigkeit. Statt die Geräte zu reparieren, werden sie aussortiert und landen schließlich in Sodom.

2. New York: Fresh Kills Landfill

Im Jahr 1948 wurde die Mülldeponie Fresh Kills auf Staten Island, etwa drei Kilometer von New York City entfernt, eröffnet und galt schon bald als die größte Deponie der Welt. In den 1960er Jahren protestierten die Einwohner:innen von Staten Island erstmals wegen der Verschmutzung der Gewässer, Strände und den neun Millionen Litern Deponiesickerwasser. Besonders besorgt waren sie wegen der giftigen Methan-Dämpfe, die von der Deponie aufstiegen: 1997 wurden täglich 2.650 Tonnen Methan freigesetzt, was 6 Prozent der amerikanischen und 2 Prozent der weltweiten Methanemissionen entsprach. Seit 1998 wird das Methan jedoch gesammelt und zur Energieerzeugung genutzt.
Die Deponie wurde erst im März 2001 stillgelegt. Nach dem 11. September 2001 wurde Fresh Kills jedoch vorübergehend wieder geöffnet, um die Trümmer des World Trade Centers zu lagern und zu untersuchen. Nach ihrer darauffolgenden endgültigen Stilllegung sollte die Deponie in einen riesigen Freizeitpark umgestaltet werden: seit 2012 nun können Besucher:innen den „North Park“ besuchen, der neue Lebensräume für verschiedene Vogelarten bietet und Systeme zur Umwandlung von Sickerwasser und Gasen in Energie beherbergt.

3. Malediven: Thilafushi

Die Malediven sind vor allem für ihre romantischen Urlaubsorte bekannt. Weniger bekannt ist jedoch, dass eine der Inseln, Thilafushi, eine künstlich errichtete Müllinsel ist. Täglich werden dort 300 bis 500 Tonnen Müll von benachbarten Inseln angeliefert. Ein zentrales Problem dieser Deponie sind die fehlenden finanziellen Mittel für eine effektive Müllbeseitigung und der Platzmangel, der die ordnungsgemäße Entsorgung erschwert.

Auch an vermeindlich paradiesischen Orten wie den Malediven häufen sich Unmengen an Müll

Vor dem massiven Anstieg des Tourismus im Jahr 1972 entsorgten die Bewohner ihren überwiegend organischen Müll im Meer. Mit dem Tourismus kamen jedoch große Mengen an Lebensmitteln und Plastikverpackungen, die nicht mehr bewältigt werden konnten. Daher wurde die Lagune von Thilafushi zunächst mit Sand aufgefüllt, dann mit Müll bedeckt und schließlich wieder mit Sand überschüttet, was eine Umweltkatastrophe mitten in den Malediven schuf.
Zusätzlich verschärft wird das Problem dadurch, dass die maritime Müllabfuhr Abfall direkt ins Meer wirft, um Transportkosten zur Müllinsel zu sparen.

4. Indonesien: Bantar Gebang

Nahe der bekannten indonesischen Hauptstadt Jakarta erhebt sich auf der Anlage „Bantar Gebang“ ein Müllberg, der über 40 Meter hoch ist und sich über eine Fläche von etwa 200 Fußballfeldern erstreckt. Indonesien produziert 36,7 Prozent des weltweiten Abfalls, doch nur knapp 2 Prozent davon werden recycelt. Der restliche Müll landet auf Deponien wie Bantar Gebang.

In der Umgebung der Deponie leben über 6.000 Menschen, die nicht nur unter dem Gestank, sondern auch an gesundheitlichen Problemen – hervorgerufen durch die Mülldeponie – leiden. So ist beispielsweise das Grundwasser verseucht und giftige Gase führen zu Atemwegserkrankungen.

5. Indien: Ghazipur

Eine weitere gigantische Mülldeponie befindet sich in Ghazipur, 25 Kilometer außerhalb von New Delhi, Indien. Der Müllberg erstreckt sich bereits über mehr als 280.000 Quadratmeter, und täglich kommen neue Lieferungen hinzu. Diese Deponie gefährdet die Gesundheit der Anwohner durch entflammbares Methangas und die Vergiftung des Grundwassers.

Auch Indien hat mit Massen an Müll und deren Konsequenzen für Mensch und Umwelt zu kämpfen

6. Kenia: Dandora Dumpsite

Jede Minute wird südlich der Sahara so viel Plastikmüll offen entsorgt oder verbrannt, dass damit ein Fußballfeld bedeckt werden könnte. Prognosen zeigen, dass sich die Menge an Müll in der Region bis 2060 um ungefähr das sechsfache ihres bisherigen Ausmaßes vervielfachen wird. Nicht einmal 13 Kilometer von Nairobi entfernt liegt außerdem die Dandora-Mülldeponie – eine der größten des Kontinents. Nur wenige Meter entfernt gehen Kinder zur Schule, wo sie den ganzen Tag den giftigen Dämpfen ausgesetzt sind. Das verbrannte Plastik verursacht Atemwegserkrankungen, Haut- und Augenleiden, Krebs und schädigt das Fortpflanzungs- und Nervensystem.

Das EU-Gesetz zum Recht auf Reparatur: im Zeichen der Kreislaufwirtschaft

Das Europäische Parlament und der Rat haben sich auf neue Regeln geeinigt, die von der EU-Kommission vorgeschlagen wurden und das Recht auf Reparatur stärken sollen. Verbraucher:innen sollen nach Ablauf der gesetzlichen Gewährleistung eine einfachere und kostengünstigere Reparatur von Defekten an allen technisch reparierbaren Geräten verlangen können, darunter Tablets, Smartphones, Waschmaschinen und Geschirrspüler. Hersteller müssen außerdem künftig öffentlich über ihre Reparaturangebote informieren und die ungefähren Kosten der häufigsten Reparaturen angeben.

Das neue EU-Gesetz ist ein Versuch, die täglich neu produzierten Müllmassen nachhaltig zu reduzieren

Zur Förderung von Reparaturen verpflichten die neuen Vorschriften die Mitgliedstaaten, weitere Maßnahmen wie Reparaturgutscheine oder Reparaturfonds einzuführen, die teilweise durch EU-Mittel unterstützt werden können. Einige Mitgliedstaaten setzen solche Maßnahmen bereits um.

Neu wird auch die Einrichtung einer europäischen Reparaturplattform sein, die Verbraucher:innen helfen soll, über benutzerfreundliche Suchwerkzeuge passende Reparaturwerkstätten zu finden.

Das Europäische Parlament und der Rat müssen den politisch vereinbarten Text noch formell verabschieden. Nach der Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union tritt die Richtlinie 20 Tage später in Kraft.

Lust auf mehr?!

  • https://www.nationalgeographic.de/umwelt/2024/04/globale-muellberge-7-der-groessten-deponien-der-welt
  • https://www.destatis.de/Europa/DE/Thema/Umwelt-Energie/Abfallaufkommen.html#:~:text=620%2520Kilogramm%2520Abfall%2520pro%2520Kopf,Deutschland%2520%25C3%25BCber%2520dem%2520EU%252DDurchschnitt
  • https://germany.representation.ec.europa.eu/news/recht-auf-reparatur-eu-kommission-begrusst-einigung-auf-neue-verbraucherrechte-2024-02-02_de
  • https://www.nabu.de/umwelt-und-ressourcen/abfall-und-recycling/26205.html#:~:text=Wie%20viel%20wird%20exportiert%20und,die%20Volksrepublik%20China%20verschifft%20worden.
  • https://www.tearfund.org/stories/media/press-releases/plastic-waste-is-spiralling-out-of-control-across-africa
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