Von wegen Transparenz: Ist Greenhushing das neue Greenwashing?!

August 2024
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Den Begriff Greenwashing kennen wir alle: Unternehmen stellen ihre Nachhaltigkeitsaktivitäten besser dar, als sie es tatsächlich sind, indem sie Nachhaltigkeitsthemen kommunizieren, obwohl es sich dabei um falsche, geschönte oder sogar bewusst irreführende Aussagen handelt.

Seit 2020 gibt es Unmengen an Werbekampagnen, in denen Produkte oder Dienstleistungen als klimaneutral beworben werden. Tatsächlich ist dies jedoch faktisch gar nicht möglich, oder die behauptete Klimaneutralität wurde lediglich durch den Kauf von CO2-Zertifikaten erreicht, ohne diese Tatsache jedoch klar zu kommunizieren – ein klassisches Beispiel für Greenwashing.
Nachdem infolgedessen viele Werbeaussagen rechtlich angefochten wurden, haben diverse Unternehmen nun begonnen, einen neuen Weg einzuschlagen: den Weg des Greenhushings. Anstatt tatsächlichen Werte der CO2-Einsparung zu nennen, wird der Sachverhalt einfach gar nicht mehr erwähnt.

Definition Greenhushing

Der Klimawandel ist eines der drängendsten Probleme in Politik und Wirtschaft. Überall stehen die Forderungen nach Maßnahmen zum Klimaschutz im Raum. Unternehmen müssen dementsprechend ihre Betriebsprozesse stark anpassen, um die Klimaziele zu erreichen. Die Art und Weise, wie darüber kommuniziert wird, hat sich im Laufe der Zeit jedoch verändert:. Während sich Unternehmen in der Vergangenheit stolz mit freiwilligen Maßnahmen zur Reduktion ihres CO2-Fußabdrucks rühmten, gibt es heute auch eine gänzlich gegenteilige Taktik: das Schweigen. Dieses Phänomen wird mittlerweile als "Greenhushing" bezeichnet.

Im Rahmen ihres Net Zero Reports befragt das Unternehmen South Pole jährlich umweltbewusste Firmen weltweit zu ihren Klimaschutzbemühungen.

2023 nahmen dabei 1400 Unternehmen aus 12 Ländern und 14 unterschiedlichen Sektoren teil. 44 % von ihnen gaben an, dass die externe Kommunikation über Klimaziele im letzten Jahr schwieriger geworden sei. Infolgedessen kommunizierten 58 % von ihnen ihre Bemühungen weniger. 18 % planen sogar, ihre wissenschaftlich fundierten Ziele nicht mehr zu veröffentlichen. Gleichzeitig gaben aber 93 % der Unternehmen an, dass die Bekanntmachung ihrer Klimaschutzbemühungen ein wichtiger Faktor für ihren Geschäftserfolg sei.

Der Großteil der Unternehmen gibt war an, Klimaschutzbemühungen als wichtig einzustufen - in der Praxis fällt die Umsetzung jedoch oft mangelhaft aus...

Schon gewusst? Bei South Pole handelt es sich um eine Anbieterin von Klimaschutzlösungen, die vom Weltwirtschaftsforum als “Social Enterprise” ausgezeichnet wurde. Seit 2006 unterstützt South Pole sowohl öffentliche als auch private Akteure dabei, Emissionen zu reduzieren und sich aktiv für den Klimaschutz einzusetzen. Als führende Projektentwicklerin hat South Pole über 850 Klimaschutzprojekte in etwa 50 Ländern finanziert. Diese umfassen nachhaltige Landwirtschaft, Waldschutz, Abfallmanagement, Energieeffizienz und erneuerbare Energien.

Gründe für Greenhushing

Ein Grund, keine Aussagen zu Nachhaltigkeitsaktivitäten zu machen, kann schlichtweg Unsicherheit sein. Was darf ich sagen, was sollte ich sagen, was ist rechtlich zulässig und was könnte das Unternehmen in Schwierigkeiten bringen? Letzteres könnte in Form eines Shitstorms und Beschuldigungen des Greenwashings oder gar rechtlicher Konsequenzen wie Abmahnungen bis hin zu Unterlassungserklärungen auftreten.

Zudem haben viele Unternehmen Schwierigkeiten, sich an neue Vorschriften anzupassen. Für kleinere Firmen ist der finanzielle und zeitliche Aufwand für Zertifizierungen oft zu hoch. Außerdem ist die Furcht enorm, öffentlich für unzureichende Klimaschutzmaßnahmen kritisiert zu werden. Durch die Taktik des Schweigens hoffen die Unternehmen, solche rufschädigende Kritik zu vermeiden.

Jedoch handelt es sich auch oft nicht um Angst, sondern einfach um die Tatsache, dass bestimmte Unternehmen keine positiven Nachrichten zu vermelden haben. Diese Unternehmen verwenden möglicherweise weiterhin massiv Plastik, sparen keinerlei CO2 ein, ignorieren soziale Verantwortung und fördern somit Kinderarbeit oder die Ausbeutung von Arbeitskräften.
Bestimmt haben Unternehmen haben ganz individuelle Gründe dafür, nicht nachhaltiger zu agieren, doch oft basieren diese Gründe lediglich auf vermeintlichem Wissen, und nachhaltige Alternativen werden erst gar nicht geprüft. Eine solche Haltung ist angesichts des heutigen Wissens über die Schäden von Plastikmüll und klimaschädlichen Treibhausgasen jedoch schlichtweg fahrlässig…

Gründe für Greenhushing sind mannigfaltig. Aber egal was dahinter steckt - die Konsequenzen sind immer dieselben und äußerst problematisch!

Weshalb Greenhushing problematisch ist

Klimabewusste Unternehmen nehmen eine Vorbildfunktion ein. Wenn ein Unternehmen über seine Klimaschutzambitionen spricht, setzt es neue Standards für alle, was als normal angesehen wird. Es inspiriert also oft andere Firmen, sich für den Klimaschutz zu engagieren. Schweigen Unternehmen jedoch über ihre freiwilligen Bemühungen, bleibt dieser Ansporn aus.
Dabei wäre positive Repräsentation von Klimaschutzmaßnahmen aber überaus wichtig, da laut South Pole 92% der Unternehmen weltweit überhaupt gar keine Klimastrategie verfolgen.
Ein offener, transparenter Dialog über Klimaschutzmaßnahmen sowie konkrete Daten würden es ermöglichen, aus den Erfolgen und Fehlern anderer Unternehmen zu lernen.

Durch eine transparente Kommunikation über die Klimaschutzmaßnahmen des Unternehmens erhalten Verbraucher:innen wertvolle Orientierungshilfen für ihre Kaufentscheidungen. Schweigen Unternehmen darüber, verlieren sie diese Möglichkeit.

Wie kann Greenhushing verhindert werden?

Während Greenwashing zu Recht kritisiert wird, ist es ebenso wichtig, nicht in eine Situation zu geraten, in der es sicherer erscheint, gar nichts zu tun, als die eigenen Bemühungen zu kommunizieren.
Öffentliche Kritik sollte eher auf jene Unternehmen abzielen, die gar nichts unternehmen, anstatt auf diejenigen, die sich bemühen, ihren CO2-Fußabdruck zu verringern.

Empfohlen wird weiterhin zu untersuchen, welche Möglichkeiten ein Unternehmen hat, nachhaltiger zu handeln (falls noch nicht geschehen). Der aktuelle Status sollte dabei erfasst werden und Ziele sowie die Aktivitäten, der Weg und der Zeitplan zur Zielverfolgung müssen definiert werden. Eine Aussage zum Weg, Ziel und Ausgangspunkt ist nämlich immer besser als gar keine Aussage!

Denn: Letztendlich möchten Menschen Geschäfte mit Unternehmen machen und für solche arbeiten, denen sie vertrauen. Das Vertrauen der Menschen gewinnen also jene Firmen, die offen und transparent darüber informieren, wer sie sind, was sie tun, wann und wo sie es tun, warum sie es tun und wie sie ihre ESG-Strategie (= Strategie bzgl Umwelt, Sozialem und der Unternehmensführung) und ihr Berichtsprogramm umsetzen. In einer sich wandelnden regulatorischen Wirtschaft geht es letztlich darum, Mehrwert zu schaffen, sich einen Wettbewerbsvorteil zu sichern und langfristige Widerstandsfähigkeit zu fördern.

Übrigens: Gemäß der CSRD (Corporate Sustainability Reporting Directive) sind die meisten Unternehmen mittlerweile ohnehin direkt oder indirekt verpflichtet, in diesem Bereich tätig zu werden. Indirekt deshalb, weil immer mehr Kreditinstitute einen Nachhaltigkeitsbericht für die Kreditvergabe oder Investitionsentscheidungen anfordern.

Insgesamt gilt also: Green Communication statt Greenhushing!

  • https://kpmg.com/us/en/media/news/greenwashing-esg-traps-2023.html
  • https://sprachwerk.ch/magazin/was-heisst-greenhushing
  • https://media4nature.de/greenhushing-nimmt-zu
  • https://www.die-wirtschaft.at/persoenlichkeiten/greenwashing-greenhushing-und-greenwishing-51960
  • https://www.climatepartner.com/de/newsroom/green-hushing-das-grosse-schweigen-ueber-die-klimaschutzstrategie
  • https://www.haufe.de/sustainability/strategie/green-hushing_575772_616188.html
  • https://utopia.de/ratgeber/green-hushing-das-neue-greenwashing_499264/
  • https://www.klimaaktiv.at/bildung/klimadialog/greenhushing.html

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