Mikroplastik in Kosmetikprodukten - Wir decken auf

September 2022
Copyright: Martin Wagner et al., Microplastics in sediments, Auschnitt von R.B., CC BY 4.0
Copyright: Martin Wagner et al., Microplastics in sediments, Auschnitt von R.B., CC BY 4.0

Von Shampoos über Cremes, Peelings bis hin zum Make-Up. Jährlich wird allein in Deutschland eine Menge von 922 Tonnen Mikroplastik in Kosmetikprodukten verarbeitet. Es ist längst kein Geheimnis mehr, dass in vielen Kosmetika Plastik steckt, dennoch schaffen es viele Hersteller, ihre Kunden stetig zu täuschen. Plastik stellt mittlerweile ein enormes Problem für unsere Umwelt dar und auch die Langzeitwirkungen auf unsere Haut sind noch nicht ganz erforscht.

Wir klären auf, was es mit Mikroplastik in Kosmetikprodukten wirklich auf sich hat!

Was ist Mikroplastik?

Laut dem Umweltbundesamt (UBA) versteht man unter Mikroplastik „Plastik-Partikel, die fünf Millimeter und kleiner sind“. Nach diesen Angaben richten sich die meisten offiziellen Ämter und Behörden, wenn es darum geht, Mikroplastik zu definieren. Einen international einheitlichen Standard gibt es allerdings nicht.

Bei Mikroplastik handelt es sich um Partikel, die als feste Kunststoffteilchen nicht wasserlöslich sind. Sie können so klein sein, dass sie für das bloße Auge nicht erkennbar sind. Was nicht dazu zählt, sind flüssige, wachs- oder gelförmige Kunststoffe.

Man unterscheidet zudem zwischen sogenanntem primären und sekundären Mikroplastik:

  • Primäres Mikroplastik kommt in der Kosmetikindustrie zum Einsatz und wird dafür gezielt synthetisch hergestellt.
  • Sekundäres Mikroplastik entsteht, wenn größere Kunststoffteile sich durch Zerfall auflösen und so in der Umwelt verweilen. Das passiert zum Beispiel mit Plastikmüll in Gewässern: Durch Meeresbewegungen und Strömungen können die Partikel meilenweit weitergetragen und verbreitet werden.

Warum verwenden Hersteller Mikroplastik in Kosmetikprodukten?

In der Kosmetikindustrie wird meistens primäres Mikroplastik verwendet, um einem Produkt die gewünschte Wirkung zu verleihen.
Habt ihr euch schon mal gefragt, was diese kleinen Kügelchen in euren Peelings sind? Die meisten denken, dass es sich um Partikel handelt, die Schuppen oder Schmutz besser von der Haut abreiben. Tatsächlich sind es aber oft kleine Plastikkügelchen, die gezielt vom Hersteller als Reibemittel für den „Peelingeffekt“ verwendet werden.

Solche vermeintlich „positiven“ Effekte von Mikroplastik nutzen viele Hersteller in ihren Pflegeprodukten. Beispielsweise bewirkt Mikroplastik in Duschgels & Co auch ein besseres Aufschäumen. Die meisten Konsument:innen haben somit das Gefühl, dass eine bessere Verteilung des Produkts sowie eine gründlichere Reinigung des Körpers erfolgt. Uns ist haptisches und visuelles Feedback von unseren Pflegeprodukten geläufig – stellt euch mal vor, euer Duschgel würde nicht mehr aufschäumen. Man ist es nicht wirklich gewohnt, oder? Der Schaumeffekt trügt jedoch und hat keinerlei Auswirkung auf die tatsächliche Reinigungskraft.

Ein weiterer „positiver“ Effekt von Mikroplastik, den sich Hersteller zunutze machen, ist der sogenannte „Conditioning-Effekt“. Durch das Anwenden der Produkte haben Konsument:innen das Gefühl von glatter, geschmeidiger Haut oder weicheren Haaren. Leider liegt das nur daran, dass sich das Mikroplastik wie ein Film über unsere Haut- und Haaroberfläche legt. Hier wird weder trockene Haut gepflegt noch brüchiges Haar repariert, so wie es viele Produkte versprechen wollen. Hier tritt einfach nur der Effekt von Mikroplastik zutage.

So erkennt ihr Mikroplastik in Kosmetika

Hersteller machen es den Konsument:innen auch nicht gerade leicht Mikroplastik zu erkennen. Häufig werden unterschiedliche Definitionen auf den Inhaltsangaben verwendet oder die Produktbeschreibung ist so klein gedruckt, dass man sie kaum noch lesen kann.

Tückisch wird es, wenn man die Inhaltstoffe kaum lesen kann. Für Hersteller natürlich ein Vorteil, wenn sich darunter Mikroplastik befindet. Hier ein Beispiel eines flüssigen Lippenstifts.

Als Faustregel könnt ihr euch aber merken: Wenn ihr Endungen wie „-polymer“ oder „polyamide“ auf der Inhaltsangabe sieht, könnt ihr euch sicher sein, dass dieses Pflegeprodukt Mikroplastik enthält.

Achtung, selbst Banner wie „Frei von Mikroplastik“ können trügen: Viele Hersteller vermeiden beispielsweise Polyethelyn (PE) als Mikroplastik, aber nicht etwa Kunststoffe wie:

  • Polyamide (PA: Nylon.6, Nylon.12)
  • Acrylates Copolymer (AC)
  • Acrylates Crosspolymer (ACS)
  • Polyacrylate (PA)
  • Polymethylmethacrylate (PMMA)
  • Polyethylenterephthalate (PET)
  • Polystyren (PS)
  • Polypropylen (PP)
  • Polystyren (PS)
  • Polyurethane (PUR)

Umweltschutzorganisationen wie Greenpeace und der BUND stufen diese Stoffe ebenfalls als Mikroplastik, beziehungsweise genauso bedenklich ein. Wenn ihr also diese Namen sieht, am besten weg mit dem Produkt!

Hier ein Beispiel eines vermeintlich sehr attraktiven Produkts, das die Aufschriften “vegan” und “certified organic” besitzt. Dennoch findet sich in der Inhaltsbeschreibung dieser Anti-Aging-Maske Mikroplastik wie Acrylates Copolymer oder Polystyrene wieder.

Viele Hersteller täuschen Konsument:innen und verstecken Mikroplastik unter vermeintlich “grünem Image”.

Greenpeace listet in seiner Negativliste neben gängigen Kunststoffen in Kosmetik- und Pflegeprodukten sogar noch mehr Stoffe auf, die vermieden werden sollten. Darunter fallen auch Silikone, die ebenfalls zu den synthetischen Polymeren zählen.

Mittlerweile gibt es viele nützliche Apps, wie etwa „Codecheck“, mit der man Pflegeprodukte auf Plastik oder andere schädliche Chemikalien testen kann. Man öffnet dazu einfach die App, scannt den QR-Code eines Produkts mit der Kamera und im Handumdrehen informiert die App euch über alles notwendige. Das ist eine tolle Option, wenn es mal schnell gehen muss und die Zeit fehlt, sich alle Inhaltsstoffe selbst genau durchzulesen.

Weitere Tricks der Industrie:

Viele Hersteller beteuern, auf Plastikartikel in ihren Produkten zu verzichten. Darunter befinden sich Konzerne wie Unilever, Beiersdorf, aber auch DM und Rossmann. Doch hier handelt es sich um vage Versprechen, denn sie beziehen sich größtenteils nur auf feste Kunststoffe wie PE (Polyethylen), nicht aber etwa auf die ebenso schädlichen flüssigen Kunststoffe (Polymere).

Hierzu ein Zitat von BUND:

„Die Kosmetikindustrie verwendet nicht nur partikuläres Mikroplastik, sondern auch andere synthetische Kunststoffe – diese können in Wasser quellbar und zum Teil auch löslich sein. Da Abbauwege und Umweltauswirkungen von flüssigen Kunststoffen ungeklärt sind und ein nachträgliches Entfernen aus der Umwelt nicht möglich ist, muss gemäß dem Vorsorgeprinzip der Eintrag verhindert werden.“

Das heißt, dass Hersteller problemlos auf andere Formen von Plastik zurückgreifen können, wie zum Beispiel Polymere, flüssige Kunststoffe:

Rot eingekreist: Polyquaternium-76, ein flüssiger Kunststoff

Polyquaternium-76: Dieser flüssige Kunststoff wird vor allem in Haarprodukten wie Spülungen, Shampoos oder Festiger benutzt, da er wie Silikon wirkt. Er bildet einen Film auf dem Haar und macht es somit geschmeidiger, weicher und glänzend.

Auch hier musste die Autorin feststellen, dass ihr vielversprechendes Shampoo für satte 9 Euro Plastik beinhaltet...

Plastik für die Umwelt, Tiere und uns

Viele Meerestiere nehmen Plastikpartikel fälschlicherweise als Nahrung auf. So kann auch Plastik auf unseren Teller landen.

Dass Plastik umweltschädlich ist, ist längst kein Mythos mehr. Weil es im Vergleich zu anderen Materialien günstig ist, findet es vor allem in der Industrie Nutzen. Allerdings wird es aus einem immer knapper werdenden Rohstoff produziert – nämlich Erdöl.

Noch bedenklicher aber ist, dass Plastik nicht biologisch abbaubar ist. Bis zu 1000 Jahre kann es dauern, bis ein Stück durch äußere Einflüsse wie Temperatur oder Licht zersetzt wird. Unmengen an Plastik landen aufgrund der Industrie in Form von Müll oder als Bestandteile des Abwassers in unsere Umwelt und Meere, wo es Lebewesen und ganze Ökosysteme kontinuierlich schwächt. Beispielsweise verwechseln Meerestiere Mikroplastik häufig mit Nahrung und werden vergiftet. Durch den Verzehr von Fisch & Co kann auch Mikroplastik auf unseren Teller landen.

Mit dem heutigen Stand der Technik können Kläranlagen immer noch nicht 100% der mikroskopisch kleinen Plastikpartikel bei der Reinigung des Abwassers herausfiltern. Somit werden nicht nur Tiere, sondern auch wir Menschen durch Plastik gefährdet. Wenn das verschmutzte Abwasser über den Klärschlamm auf die Felder gelangt, findet es sich irgendwann auch in unseren Lebensmitteln wieder. Eine ernstzunehmende Krise, die sich immer mehr zuspitzt.
Im Vergleich zu anderen Mikroplastik-Sündern, wie etwa dem Abrieb von Fahrzeugreifen oder synthetischen Textilien, stehen Pflegeprodukte und Kosmetika „nur“ auf Platz 17. Das sollte aber keine Ausrede dafür sein, Mikroplastik in Pflegeprodukten zu verwenden. Letztendlich zeigen Naturkosmetikprodukte, dass es auch ohne geht.

Es gilt auch zu bedenken, dass durch Mikroplastik in Kosmetika unsere Haut ständig mit einem Material in Kontakt kommt, von dem laut Forschungen immer noch unklar ist, ob es Langzeitschäden mit sich bringt. Es ist jedoch ziemlich unwahrscheinlich, dass Plastik unserer Haut auf Dauer gut tut.

The way out: Naturkosmetik

Warum herkömmliche Produkte verwenden, wenn es mittlerweile schon eine ganze Bandbreite an Alternativen gibt? Naturkosmetik ist immer mehr im Kommen und viele Hersteller bieten ihre Produkte mittlerweile auch preiswert an. In zertifizierten Naturkosmetikprodukten ist Mikroplastik nicht zugelassen, hier könnt ihr euch sicher sein!
Einige Hersteller sind z.B. Lavera, Alverde, Logona, I+m oder Dr. Hauschka. Anstelle von Chemie und Plastik bedient sich Nauturkosmetik pflanzlicher und mineralischer Stoffen wie Tonerde, Kreide, Kiesel, Salz, Fruchtkerne, Weizenkleie & Co. Ferner gibt es auch viele Naturkosmetik-Siegel wie Natrue, BDIH, Ecocert oder Demeter, die Naturkosmetikprodukte absichern. Auch Bio-Shampoos und-Duschgels folgen bei Mikroplastik dem Motto: weniger ist mehr.

Wenn ihr noch weniger Plastik verbauchen wollt, schaut doch mal in sogenannte „unverpackt-Läden“, bei denen ihr euch Pflegeprodukte vom Fass in mitgebrachte, wiederverwendbare Behälter abfüllen lassen könnt. Es gibt viele andere, nachhaltigere Wege, also nutzen sie wir doch und schaffen einen wertvollen Beitrag für die Umwelt.

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