Alles zum Thema CCS

Februar 2023
Copyright: Adobe Stock

Das Verfehlen des 1,5 Grad Ziels wäre nach Aussage des Weltklimarats mit großen Risiken für Menschheit und Umwelt verbunden. Deshalb machte Deutschland es sich zum Ziel, Treibhausgasneutralität bis 2045 zu erreichen - die gesamten Schadstoffemissionen sollen dann durch CO₂-Senken kompensiert werden.

Aber wie lässt sich dieses Vorhaben realisieren?

Der Weg zur Treibhausgasneutralität

Im Endeffekt stellt die Vermeidung von Treibhausgasen stets das oberste Ziel dar, außerdem können die Klimaziele ohne Möglichkeiten zur Substitution ebenso wenig erreicht werden. Kohlenstoffsenken sollten nicht dazu dienen, die anderen beiden Strategien zu ersetzen, denn sowohl natürliche als auch technische CO₂-Senken benötigen Ressourcen wie Wasser, Land und Energie in hohem Maße. Zusätzlich dazu sind ihre Kapazitäten limitiert. Demnach haben die zuvor genannten Strategien auf lange Sicht oberste Priorität.

Nichtsdestotrotz ist man in vielen Fällen zumindest zeitweise auf die Erschließung von Kohlenstoffsenken angewiesen, weil man, was den Klimaschutz anbelangt, unter Zeitdruck steht: die Schadstoffemissionen sollen in weniger als zehn Jahren um 65% verringert werden. Unter anderem wird man auf CCS (Carbon Capture and Storage), eine Version der CO₂ Speicherung, angewiesen sein - davon ist auch Frederic Hauge, Vorstandsmitglied der norwegischen Umweltstiftung Bellona überzeugt - mit dem Unterschied, dass Norwegen seine Emissionen nur um 55% verringern will.

Aus diesen Überlegungen ergeben sich folgende Strategien:

  • Meidung durch Einsparung von Ressourcen, ein Beispiel ist die Steigerung der Energieeffizienz privater Haushalte
  • Substitution durch Umstieg von klimaschädlichen auf umweltfreundliche Verfahren, wie z.B. der von fossilen Energieträgern auf erneuerbare Energien
  • Reduktion durch Abbau der sich bereits in der Atmosphäre befindenden Treibhausgase durch die Förderung von CO₂-Senken beispielsweise durch nachhaltige Forstwirtschaft oder die Erschließung technischer Kohlenstoffsenken

Eine Einführung in die CCS Technologie

Eine bereits seit Jahren erforschte Option, CO₂ daran zu hindern, in die Atmosphäre einzudringen, ist CCS, eine technische CO₂-Senke, die es ermöglicht, Kohlenstoffdioxid dauerhaft zu lagern.

Bei diesem Verfahren wird CO₂ isoliert und verflüssigt, um es anschließend unter der Erde, wie in ehemaligen Gas-/Erdöl-Lagerstätten oder unter dem Meeresgrund speichern zu können. Auch eine Speicherung in salinen Aquiferen - Salzwasser führende, poröse Gesteinsschichten - ist möglich.

Experten sind der Meinung, man könne die CO₂ Emissionen mit CCS um 65 bis 80% reduzieren, indem man diese speichert, bevor sie in die Atmosphäre entweichen können. Im Bezug auf die Rentabilität muss CCS seine langfristige Zweckmäßigkeit jedoch erst noch unter Beweis stellen - das ist derzeit Gegenstand zahlreicher Studien und der Grund, weshalb sich viele gegen CCS aussprechen: Kritisch betrachtet wird die Tatsache, dass CCS ungeheuer viel Energie benötigt - so viel sogar, dass bis zu 40% mehr fossile Energieträger für Isolation, Transport und Speicherung verbraucht werden, wenn die Technik eingesetzt wird. Der Gebrauch von CCS ist aus diesem Grund nur dann ratsam, wenn mit Sicherheit gesagt werden kann, dass das gelagerte CO₂ den Speicherorten nicht entweichen wird - das schreibt auch das Kohlendioxid-Speicherungsgesetz vor.

Die Forschungen der letzten Jahre erzielten große Fortschritte. So konnte beispielsweise belegt werden, dass die CCS-Strategie nur dann eine Gefahr für die menschliche Gesundheit darstellt, wenn ein Leck entsteht und dadurch CO₂ entweichen kann. Da sich CO₂ aber unter bestimmten Voraussetzungen an Gestein bindet, wird die dauerhafte Speicherung kaum mehr angezweifelt. Sollte es jedoch zu einem Leck kommen, besteht die Gefahr, dass das CO₂ tief unter der Erde toxische Stoffe freisetzt oder das Salzwasser aus den Aquiferen verdrängt, welches dann im schlimmsten Fall in das Grundwasser gelangen und dieses versalzen könnte. Gelänge das CO₂ in die Atmosphäre, so würde dies zum Klimawandel beitragen.

Dennoch wird das Verfahren heute bereits in einigen Teilen der Welt verwendet. Vor allem Norwegen gilt als Pionier der CCS Technik - bereits seit 1996 werden dort jährlich mehr als 1 Millionen Tonnen CO₂ unter dem Meeresboden gespeichert. Dort konnte auch nachgewiesen werden, dass das freigesetzte CO₂ im Falle eines Lecks bereits am Meeresboden gelöst wird und nicht, wie befürchtet, in die Atmosphäre eindringt. Das hat jedoch zur Folge, dass der pH-Wert des Wassers an der Leckstelle sinkt, was Meeresbewohnern zum Verhängnis werden könnte. Weil das CO₂ jedoch von Meeresströmungen erfasst und verteilt wird, muss sich auch dies nicht bewahrheiten - einzig und allein das Biom in unmittelbarer Nähe zur Leckstelle würde Veränderungen erfahren.

Laut Umweltbundesamt sollte CCS in Deutschland nur in Erwägung gezogen werden, nachdem alle anderen Optionen ausgeschlossen wurden. Im Fall sogenannter energiebedingter Emissionen (Emissionen, die durch die Umwandlung fossiler Brennstoffe in Strom oder Wärme entstehen) in Industrie, in Gebäuden und im Verkehr, ist der Einsatz von CCS also nicht erforderlich. Innerhalb Deutschlands lassen sich Schadstoffemissionen lediglich im Agrarwesen und der Produktion von Zement, Kalk und Glas schlichtweg nicht umgehen. Es kann in diesen Fällen also als gerechtfertigt angesehen werden, neue CO₂-Senken zu erschließen.

In Untersuchungen des Umweltbundesamtes heißt es jedoch, dass Deutschland auch zukünftig ohne technische CO₂-Senken auskommen wird, weil natürliche Senken, wie etwa deutsche Wälder, CCS überflüssig machen. Dennoch wird davor gewarnt, die Forschungen einzustellen, denn Prognosen dieser Art, solche, die auf der Entwicklung des Klimawandels basieren, tendieren zur Ungenauigkeit und im Ernstfall soll CCS einsatzbereit sein.

Rechtsgrundlagen der Carbon Capture and Storage - Methode

Die Vorschriften für die Isolation von Kohlenstoffdioxid werden hauptsächlich im Bundesimmissionsschutzgesetz festgehalten. Regelungen für Transport und Lagerung finden sich im Kohlendioxid-Speicherungsgesetz (KSpG). CCS wurde in Deutschland zwar seit 2012 zu Forschungszwecken genehmigt und Pilotprojekte wurden in die Wege geleitet; die kommerzielle Speicherung von CO₂ unterliegt jedoch strikten Vorgaben und eine Länderklausel im KSpG erlaubt es den einzelnen Bundesländern CCS zu unterbinden: Diejenigen Bundesländer mit geeigneten Endlagern sprachen sich bereits dagegen aus und so fand CCS in Deutschland bisher keine Anwendung.
Nicht zuletzt steht der Einführung das internationale London-Protokoll, welches die Verunreinigung der Meere zu verhindern sucht, im Wege. Allerdings existiert bereits eine Öffnungsklausel für Kohlenstoffdioxid, einer Lagerung von CO₂ unter dem Meeresgrund wird aber nur unter Einhaltung strenger Instruktionen stattgegeben.

Robert Habeck, Bundesminister für Wirtschaft und Klimaschutz, gab trotz alledem kurz nach seiner Reise nach Norwegen im Januar bekannt, man wolle CCS nun auch in Deutschland einführen - die rechtlichen Rahmenbedingungen lassen dies bisweilen noch nicht zu, weshalb dieses Jahr ein dementsprechendes Gesetz verfasst werden soll.

Im Evaluierungsbericht zum Kohlendioxid-Speicherungsgesetz sprechen sich die Experten für die CCS Technologie aus und es wird betont, dass die Treibhausgasneutralität bis 2045 nur mittels CO₂-Speicherung erreicht werden kann. So heißt es in dem Bericht, dass “während die vorherige Zielsetzung von 80 bis 95 Prozent Emissionsminderung auch Entwicklungspfade ohne den Einsatz von CCS zuließ[...], ist die Erfordernis von CCS mit der Zielsetzung von Netto-Null-Emissionen in den aktuellen Studien gemeinsamer Konsens: Alle der sechs in diesem Kontext untersuchten Szenarien benötigen für die Erreichung von Treibhausgasneutralität den Einsatz von CO₂-Abscheidung in unterschiedlichen Mengen.”

Auch nach Aussage des Weltklimarats ist das Pariser Klimaschutzabkommen ohne die Verwendung von CCS nicht realisierbar.

Jedoch soll die CO₂-Speicherung nur dort eingesetzt werden, wo Schadstoffemissionen unvermeidbar sind, so z.B. in der Zementproduktion. Auch Bettina Stark-Watzinger, Bundesforschungsministerin, plädiert für eine zeitnahe Gesetzesänderung, fügt jedoch hinzu, dass CCS nur eine vorübergehende Lösung ist.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass CCS stets ein umstrittenes Thema war und es wohl auch vorerst bleiben wird - Deutschland aber wird voraussichtlich bald dieses Thema betreffende Veränderungen erfahren.

https://www.tagesschau.de/inland/gesellschaft/habeck-gasspeicherung-101.html, abgerufen am 19.02.2023

https://www.tagesschau.de/ausland/europa/norwegen-habeck-ccs-101.html, abgerufen am 19.02.2023

https://www.umweltbundesamt.de/themen/wasser/gewaesser/grundwasser/nutzung-belastungen/carbon-capture-storage#ccs-im-clean-development-mechanism-cdm, abgerufen am 19.02.2023

​​https://www.sueddeutsche.de/politik/weltklimarat-bericht-politik-1.5538689, abgerufen am 16.02.2023

https://www.umweltbundesamt.de/daten/energie/energiebedingte-emissionen#quotenergiebedingte-emissionenquot, abgerufen am 16.02.2023

https://www.handelsblatt.com/unternehmen/energie/klimaschutz-klimakiller-beton-so-will-die-deutsche-zementindustrie-co2-neutral-werden-/26652040.html , abgerufen am 16.02.2023

https://refubium.fu-berlin.de/handle/fub188/13763?show=full, abgerufen am 16.02.2023

https://bne-sachsen.de/app/uploads/2020/04/CCS_final_bea.pdf, abgerufen am 16.02.2023

https://www.bundesregierung.de/breg-de/themen/klimaschutz/klimaschutzgesetz-2021-1913672#:~:text=Mit%20dem%20ge%C3%A4nderten%20Klimaschutzgesetz%20werden,gegen%C3%BCber%20dem%20Jahr%201990%20verringern., abgerufen am 16.02.2023

https://www.handelsblatt.com/politik/deutschland/klimaneutralitaet-millionen-tonnen-co2-unter-der-erde-habeck-oeffnet-die-tuer-zur-treibhausgas-speicherung/28855598.html, abgerufen am 19.02.2023

https://www.handelsblatt.com/politik/deutschland/klimaschutz-neuer-anlauf-fuer-die-speicherung-von-co2/23095398.html#:~:text=Am%20Ende%20Stand%202012%20ein,de%20facto%20nicht%20m%C3%B6glich%20ist., abgerufen am 19.02.2023

https://futurezone.at/science/norwegen-co2-speicher-meer-nordsee-ccs-carbon-capture-storage/402112662, abgerufen am 21.02.2023

https://www.greenpeace.de/klimaschutz/energiewende/kohleausstieg/ccs, abgerufen am 22.02.2023

https://www.handelsblatt.com/unternehmen/energie/ccs-die-speicherung-von-co2-boomt-aber-deutschland-zoegert/28967478.html#:~:text=Praktisch%20ist%20die%20kommerzielle%20CO2,f%C3%BCr%20ihr%20Territorium%20zu%20verbieten. , abgerufen am 22.02.2023

Du findest den Artikel spannend? Dann teile ihn doch gerne!
Das könnte dich auch interessieren
Grüne Fitnessgeräte - die Zukunft der Stromerzeugung?

Grüne Fitnessgeräte - die Zukunft der Stromerzeugung?

Wie kann sich die in Fitnessstudios produzierte Wärmeenergie sinnvoll nutzen lassen? Hier erfahrt ihr es!

Vogelgrippe H5N1 - Der Pandemie-Nachfolger Covids?

Vogelgrippe H5N1 - Der Pandemie-Nachfolger Covids?

Nach Covid-19 ist nun die Vogelgrippe auf dem Vormarsch. Was es damit auf sich hat, erfahrt ihr hier!