Jahrhundertdürre im Amazonas-Regenwald

Dezember 2023
Fotograf:in: Manuel Terceros, Copyright: CC0 Unsplash

Im Pantanal-Naturschutzgebiet in Brasilien wurde im November 2023 ein besorgniserregender Negativrekord in Bezug auf Brände verzeichnet. Die betroffenen Bundesstaaten Mato Grosso do Sul und Mato Grosso haben den Notstand ausgerufen.

Der Pantanal

Der Pantanal erstreckt sich im Süden an Paraguay und Bolivien und im Norden an die Amazonas-Region. Das Feuchtgebiet wird durch ein verzweigtes System von Flüssen und Seen gespeist und bildet eine einzigartige Naturlandschaft. Es hat in etwa die Größe von Großbritannien und zählt zu den artenreichsten Gebieten des Planeten. So ist es die Heimat seltener Arten wie Tapiren, Jaguaren und Hyazinth-Aras. Wirtschaftlich betrachtet herrscht in dieser Region die Rinderhaltung vor. Farmer nutzen traditionell Brandrodung, um neue Weideflächen zu schaffen. Wenn diese Brände außer Kontrolle geraten, können riesige Flächenbrände entstehen.

Es ist ungewöhnlich, dass es in der Region im November noch so viele Brände gibt, da zu dieser Zeit normalerweise die Regenfälle das Gebiet überschwemmen.
Allerdings ist die Regenzeit in diesem Jahr aufgrund der erheblichen Dürre im Biom verspätet. Zusätzlich wird die Trockenheit durch das Wetterphänomen El Niño und den Klimawandel verstärkt. Auch in anderen Teilen Brasiliens, wie dem Amazonas, herrscht derzeit die schwerste Dürre seit über einem Jahrhundert.

Wissenschaftler betonen, dass das gegenwärtige Klimaphänomen El Niño die übliche Trockenzeit verstärkt. Allerdings werden die Auswirkungen durch den menschengemachten Klimawandel verschärft, da extreme Wetterphänomene immer häufiger auftreten. Seit 1975 hat sich etwas im Klimasystem verändert: El Niño tritt seitdem häufiger auf. Es muss damit gerechnet werden, dass wir in Zukunft immer mehr und schlimmere Dürren erleben werden. Dadurch würde die sogenannte “grüne Lunge” selbst zur Gefahr für das Weltklima werden. Auch die hohen Temperaturen des Nordatlantiks tragen zum vorherrschenden Niederschlagsdefizit bei.

Brände im Pantanal-Naturschutzgebiet

Alleine im Verlauf des diesjährigen November wurden über 4000 Brände in dem weltweit einzigartigen Feuchtgebiet verzeichnet, was bereits jetzt der neunfache Menge der im November-Durchschnitt verzeichneten Brände der letzten 25 Jahre entspricht – der Durchschnitt liegt bei 442 Bränden. Die diesjährigen Brände gelten als die schwerwiegendsten in den letzten 20 Jahren. Die Brände haben dabei bereits eine Fläche von 1,2 Millionen Hektar erfasst, was eine dreimal so große Fläche wie gesamten Jahr 2022 ist.
Im Nationalpark Río Negro brennen laut Angaben 70 Prozent der Fläche. Die anhaltende hohe Trockenheit und die enorme Hitzewelle, die Brasilien derzeit erlebt, begünstigen die Ausbreitung der Brände.

Historisch betrachtet traten im Pantanal vor allem zwischen August und Oktober Waldbrände auf, wobei der Höhepunkt im September lag. Allerdings verzeichnete dieses Jahr im November mehr Brände als in jedem anderen Monat – ein Monat, der üblicherweise mit einem Rückgang der Brände einhergeht.

Bis September 2023 gab es im Pantanal ungewöhnlich wenige Brände. Mit dem Einsetzen der Trockenzeit im Oktober stieg die Zahl jedoch an und erreichte im November einen traurigen Höhepunkt. Allein am 17. November 2023 wurden im Pantanal 782 Brände gezählt – im Vergleich dazu waren es im Vorjahr lediglich 201.

Maßnahmen

Die Bedrohungen für den Pantanal sind vielschichtig: Neben den Bränden zählen dazu auch Veränderungen in der Landnutzung mit Abholzung und Umwandlung der ursprünglichen Landschaft sowie Sedimentation und Erosion in den Oberläufen der Flüsse.

Daher wird eine breit angelegte Strategie verfolgt: Dazu gehören Nothilfemaßnahmen, einschließlich der Unterstützung kommunaler Feuerwehren, ebenso wie Maßnahmen zur Verbesserung der Infrastruktur, dem Schutz von Gebieten, dem Artenschutz, der Renaturierung und der Gestaltung rechtlicher Rahmenbedingungen, da nur so die vielfältigen Bedrohungen des Pantanals wirksam bekämpft werden können.

Aufgrund dieser Herausforderungen hat der WWF-Brasilien im Jahr 2020 eine sofortige Maßnahme zur Schulung und Strukturierung von Gemeindefeuerwehren im Pantanal ins Leben gerufen, denn die lokalen Gemeinden waren nicht darauf vorbereitet, auf so heftige Brände zu reagieren. Es war offensichtlich dass dringend kommunale Feuerwehren benötigt wurden, um schnell reagieren zu können.

In Zusammenarbeit mit der örtlichen Nichtregierungsorganisation Ecoa, die an der Ausbildung lokaler Feuerwehren beteiligt war, entwickelte der WWF Brasilien eine Strategie zur Bekämpfung der Brände. Ein zentraler Punkt dabei war, die Flammen frühzeitig zu bekämpfen, um zu verhindern, dass sich die Brände zu großflächigen Waldbränden ausweiten. 20 Gemeindefeuerwehren wurden in verschiedenen Teilen des Pantanals umfassend ausgebildet und ausgerüstet. Sie erhielten Schutz- und Brandbekämpfungsausrüstung und wurden in Zusammenarbeit mit Ausbildern von PrevFogo-Ibama geschult. Viele von ihnen sind nach wie vor aktiv und haben auch im November 2023 den Kampf gegen die Brände tatkräftig unterstützt. Dabei setzt der WWF auch auf Unterstützung lokaler Partner:innen.

Der WWF Brasilien ist ebenfalls in verschiedenen Arbeitsgruppen und Gremien aktiv – darunter im Feuerkomitee des Bundesstaates Mato Grosso do Sul.

Doch auch in anderen Teilen Brasiliens hat die Trockenheit ihre Konsequenzen:

Das Amazonas-Gebiet, das wasserreichsten Gebiet der Erde, erlebt derzeit die schwerwiegendste Trockenheit seit Beginn der Aufzeichnungen vor 120 Jahren. Der Pegelstand des Amazonas ist um ganze 17 Meter gesunken.

Die beiden mächtigen Flüsse Rio Negro und Amazonas, die in der brasilianischen Metropole Manaus zusammenfließen, führen derzeit nur noch ein Sechstel der Wassermenge im Vergleich zu Juli. Täglich sinkt der Wasserstand um mehr als zehn Zentimeter.

Der Fluss bestimmt dort das Leben aller Bewohner; alles läuft über das Wasser. Fabriken mussten ihre Produktion einstellen, weil die Zulieferer nicht mehr ankamen. Dutzende Gemeinden sind von der Außenwelt abgeschnitten, und durch steigende Wassertemperaturen sind Tausende Fische und mehr als 100 Flussdelfine verendet. Die Dürre hat erhebliche soziale und wirtschaftliche Auswirkungen.

Dürren und Waldbrände lassen den Wald schneller sterben als Abholzung. Im Regenwald und seinem Boden sind enorme Mengen Kohlenstoff gebunden. Würde in den nächsten Jahren auch nur ein Bruchteil davon in die Atmosphäre gelangen, wäre das ein entscheidendes Element, das zum Überschreiten eines Kipppunktes führt, an dem die globale Erwärmung endgültig außer Kontrolle gerät.

Ebenso von den Waldbränden beeinflusst ist die Stromversorgung Brasiliens: Das Land erzeugt den Großteil seiner Elektrizität durch Wasserkraft. Mehrere bedeutende Wasserkraftwerke in der Amazonasregion sehen sich mit sinkenden Kapazitäten konfrontiert. Der Fluss-Durchfluss liegt deutlich unter dem historischen Durchschnitt – bei vielen Kraftwerken sogar nur bei etwa 15 Prozent.

So liegt der Durchfluss beim Belo Monte-Wasserkraftwerk, eines der größten der Welt, lediglich bei zehn Prozent des Durchschnitts. Das ebenso wichtige Kraftwerk Santo Antônio musste Anfang Oktober aufgrund des zu niedrigen Wasserstands sogar die Produktion stoppen. Die meisten dieser Kraftwerke sind sogenannte Laufwasser-Kraftwerke ohne Stauseen. Der erzeugte Strom wird größtenteils in die Ballungszentren im Südosten Brasiliens geleitet. Aufgrund der Dürre hat die Regierung mehrere thermische Kraftwerke aktiviert und einen Vorrat an Dieselöl angelegt, um das Defizit abzumildern.

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