Wasserarmut – eines der größten Probleme in unserer Zukunft

Dezember 2023
Fotograf:in: Ricardo Angel Gomez, Copyright: CC0 Unsplash

Jeder vierte Mensch sieht sich derzeit mit Wasserknappheit konfrontiert – sei es hinsichtlich sanitärer Einrichtungen, Trinkwasser oder Landwirtschaft. Über eine Milliarde Menschen haben bereits heute keinen adäquaten Zugang zu Quellen, Brunnen oder Leitungssystemen. Prognosen zufolge werden im Jahr 2050 zwei Drittel der Weltbevölkerung vor demselben Problem stehen. Lösungsansätze sind also dringend vonnöten! Ein alternativer Ansatz besteht darin, Nebel aufzufangen und ihn anschließend in Trinkwasser umzuwandeln.

Von Nebel zu Trinkwasser: Der Nebelfänger

In Ländern wie Peru, Chile, Bolivien, Marokko und dem Oman wird diese innovative Methode bereits seit über 100 Jahren angewendet: In entlegenen, nebelreichen Regionen werden Netze installiert, an denen sich die Nebeltröpfchen ablagern. Sie rinnen dann an den Maschen entlang abwärts, wo sie schließlich aufgefangen werden. Mithilfe eines nur wenige Quadratmeter großen Nebelkollektors lassen sich auf diese Weise an einem Tag mehrere hundert Liter Wasser gewinnen, welches zum Trinken, Kochen und Waschen genutzt werden kann. Dies erweist sich als äußerst vorteilhaft in Gebieten, in denen zwar reichlich Nebel, aber kaum Regen- oder Quellwasser vorhanden ist.

Bislang galt jedoch dabei die Luftverschmutzung als größte Herausforderung, da sich die Schadstoffe auch in den Nebeltropfen anreichern. In zahlreichen Großstädten weltweit ist die Luft so stark verschmutzt, dass das aus dem Nebel gewonnene Wasser nicht sauber genug ist, um es unbehandelt als Trink- oder Kochwasser zu verwenden.

Ein Lichtblick?

Forschende an der ETH Zürich haben nun eine Methode entwickelt, die nicht nur Wasser in brauchbarer Form aus dem Nebel generiert, sondern es gleichzeitig reinigt.
Hierfür wurde ein engmaschiges Geflecht aus Metalldraht verwendet und mit einer Beschichtung aus Polymeren und Titandioxid versehen. Die Polymere sind so konzipiert, dass sich die Wassertropfen optimal auf dem Geflecht ablagern und dann zügig in einen Sammelbehälter abfließen, um nicht vom Wind weggeweht zu werden. Titandioxid fungiert dabei als chemischer Katalysator, indem es viele in den Tropfen enthaltene organische Schadstoffmoleküle spaltet und sie somit unschädlich macht.

Ritwick Ghosh, der Leiter dieses Forschungsprojekts, betont, dass die integrierte Wasseraufbereitung diese Methode auch für Regionen mit Luftverschmutzung interessant erscheinen lässt – so z.B. dicht besiedelte Ballungszentren.

Einmal installiert, erfordert die Technologie kaum Wartung und benötigt außer Sonnenlicht keine zusätzliche Energie. Titandioxid muss regelmäßig mit UV-Licht versorgt werden, um sich zu regenerieren. Der Katalysator ist genügsamer: Eine halbe Stunde Sonneneinstrahlung alle 24 Stunden genügt. Das ist auf die Eigenschaft des Titandioxids zurückzuführen, die als "photokatalytisches Gedächtnis" bezeichnet wird. Sobald der Stoff mit UV-Licht aktiviert wird, bleibt er für eine längere Zeit auch im Dunkeln katalytisch aktiv. Das erweist sich insbesondere in Regionen mit wiederkehrendem Nebel als vorteilhaft, da die Sonneneinstrahlung dort oft begrenzt ist.

Die Forscher:innen haben den Nebelfänger sowohl im Labor als auch in einer kleinen prototypischen Anlage in Zürich getestet. Dabei konnten sie 8 Prozent des künstlich erzeugten Nebels sammeln und 94 Prozent der organischen Verbindungen abbauen, die sie dem Nebel untergemischt hatten. Unter den Schadstoffen waren feinste Dieseltröpfchen sowie die hormonaktive Chemikalie Bisphenol A.

Ein weiteres Anwendungsfeld

Neben der Trinkwassergewinnung kann die Technologie auch angewendet werden, um Wasser aus Kühltürmen von Atomkraftwerken zurückzuerlangen. In den Kühltürmen entweicht Dampf in die Atmosphäre. In den USA beispielsweise wird viel Frischwasser für die Kühlung von Kraftwerken verbraucht. Da wäre es äußerst sinnvoll, einen Teil dieses Wassers aufzufangen, bevor es entweicht, und sicherzustellen, dass es schadstofffrei ist, bevor es wieder in die Umwelt zurückgeführt wird.

Wasser aus Eisbergen

Forscher:innen sehen eine weitere Möglichkeit des Wassergewinns in den Polarregionen: Die über 100.000 arktischen und antarktischen Eisberge, die jährlich im Ozean schmelzen, enthalten mehr Süßwasser, als die Welt in demselben Zeitraum verbraucht. In Grönland und Kanada wird dieses Wasser bereits für die Trinkwasserversorgung eingesetzt. Ein bis vor kurzem ungelöstes Problem stellte der Transport des Eises (bzw. Wassers) in die trockenen und oft heißen Weltregionen dar.Dem hat sich das Start-up „Polewater“ angenommen. Die Antwort auf die Frage um den Transport ist bereits einsatzbereit, aber noch mangelt es an finanziellen Mitteln, um mit dem Transport von Eisbergen in wärmere Regionen zu beginnen.
Der Prozess beginnt mit der Suche nach geeigneten Eisbergen, die idealerweise weder zu groß noch zu klein sind, um den Transport ökonomisch rentabel zu gestalten und sicherzustellen, dass das Eis nicht vor Ankunft am Zielort komplett geschmolzen ist.

Das Unternehmen identifiziert potenzielle Eisberg-Kandidaten mithilfe von Satelliten. Der Fokus liegt dabei auf Eisbergen außerhalb jeglicher antarktischen Schutzzonen, weit entfernt vom antarktischen Festland. Dabei werden auch Eisberge erfasst, die noch nicht abgebrochen sind, aber bereits erhebliche Risse aufweisen und somit als Kandidaten für zukünftige Expeditionen gelten. Die Ziel-Ausgangsgröße entspricht maximal der Fläche eines Fußballfeldes, wobei die Eisberge noch einmal 90 - 135 Meter in die Tiefe reichen.

Polewater gibt an, dass sich flache Eisberge, sogenannte Tafeleisberge, besonders für den Transport eignen. Sie sollten nicht wesentlich schwerer als vier Millionen Tonnen sein, um Sicherheitsrisiken zu minimieren, da ein höheres Gewicht erheblichen Energieeinsatz erfordert und Umweltbelastungen verursachen könnte.

Für den Transport der Eisberge kommen moderne, leistungsfähige Hochseeschlepper zum Einsatz. Durch ein Schleppgeschirr, das Schneeketten ähnelt, wird der Eisberg am Schiff befestigt und dann zum Zielort bewegt. Für den eigentlichen Transport sollen Meeresströmungen genutzt werden. Die Schlepperboote sind dabei lediglich verantwortlich für einen kontrollierten und sicheren Abtransport.

Die Herausforderungen nehmen am Zielort jedoch weiter zu. Trotz des Verlusts von Masse während des Transports bleibt der Eisberg enorm. Aufgrund der Länge könnten erhebliche Beschädigungen am Meeresboden auftreten. Zusätzlich dazu könnten die Eismassen starke Wellenbewegungen auslösen, was insbesondere in dicht besiedelten Küstengebieten eine Gefahr für die Sicherheit der Menschen darstellt.
Ob diese Möglichkeit der Trinkwasserbeschaffung letztlich umsetzbar und rentabel ist, bleibt also abzuwarten.

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