800.000 Elektrobusse für Indien

Januar 2024
Busbahnhof mit Elektrobussen
Busbahnhof mit Elektrobussen - Copyright: CHUTTERSNAP via unsplash.com - CC0

Laut Informationen der Zeitung “The Economic Times” (ET) plant die indische Regierung, in den nächsten sieben Jahren 800.000 Dieselbusse durch Elektrobusse zu ersetzen. Dies entspricht mehr als einem Drittel aller Busse des Landes. Bis 2030 sollen davon 200.000 für staatliche Verkehrsbetriebe, 550.000 für private Betreiber und 50.000 für den Personentransport und Schulen eingesetzt werden.

Dieses Vorhaben zielt darauf ab, Indien als weltweites Produktionszentrum für Elektrofahrzeuge zu positionieren. Die Regierung strebt dabei nicht nur Umweltbelange an, sondern auch die Schaffung eines umfassenden Elektro-Ökosystems im öffentlichen Verkehrsraum. Dadurch wird nicht nur der Ausbau einer national übergreifenden Ladeinfrasturktur beschleunigt, sondern es werden gleichzeitig auch viele neue Arbeitsplätze in der Fertigung geschaffen. Ebenso sollen durch den Einsatz von Elektrobussen die Ausgaben des Staates sowie die der Bürger für den Verkehrstransport langfristig gesenkt werden.

So steht es um Indiens Luftqualität

Im Jahr 2022 belegte Indien weltweit Platz 8 auf der Rangliste der Länder mit der schlechtesten Luftqualität: Mit einer durchschnittlichen PM2,5-Konzentration (in Mikrogramm pro Kubikmeter) von 144, die dem 10,7-fachen des jährlichen WHO-Luftqualitätsrichtwertes entspricht!

Dabei war die Stadt Bhiwadi in Rajasthan mit einem Wert von 170 am meisten betroffen, während Tarakeswar in West Bengal mit einem Wert von 4 die am wenigsten belastete Stadt des Landes war. 2023 belegt das Land erschreckenderweise sogar den zweiten Platz.

Auch in der indischen Hauptstadt Neu Delhi gibt es Grund zur Sorge: Im Jahr 2023 hat sie den Titel als dreckigste Stadt der Welt erlangt. Die jährlich weiter zunehmende Luftverschmutzung erreichte neue Höchstwerte. Laut dem Energy Policy Institute der Universität Chicago verlieren Menschen, die in Neu Delhi leben,11,9 Jahre im Vergleich zu ihrer von der WHO geschätzten Lebenserwartung. Selbst im Vergleich mit den Richtlinien Indiens selbst, verlieren die Bewohner der Hauptstadt 8,5 Jahre ihres Lebens durch das Einatmen der schlechten Luft.

Gesundheitsbedrohung Luftverschmutzung

Seine enorme Luftverschmutzung macht Indien seit vielen Jahren schon zu schaffen!

In Bezug auf die Lebenserwartung ist Partikelstaub die größte Bedrohung für die Gesundheit der Bevölkerung Indiens und verkürzt die Lebensdauer im Schnitt im ganzen Land um 5,3 Jahre: Im Vergleich dazu reduzieren Herz-Kreislauf-Erkrankungen die Lebenserwartung um (nur) 4,5 Jahre, während Mangelernährung bei Müttern und Kindern die Lebensdauer um 1,8 Jahre verringern.
Der Feinstaubgehalt hat im Laufe der Geschichte drastisch zugenommen: Von 1998 bis 2021 stieg der durchschnittliche jährliche Feinstaubgehalt um 67,7% und verringerte die durchschnittliche Lebenserwartung um weitere 2,3 Jahre. Von 2013 bis 2021 stammten 59,1% des weltweiten Anstiegs der Verschmutzung alleine aus Indien! Diese Zahlen sprechen dafür, dass Interventionen dringend nötig sind!

Indiens ambitionierte Elektrifizierung des öffentlichen Verkehrs

Die Pläne Indiens müssen in einen Kontext gestellt werden, um diese ambitionierten Zahlen überhaupt nachvollziehen zu können: Im gesamten Jahr 2022 wurden in ganz Europa lediglich 4000 Elektrobusse verkauft, während im gleichen Zeitraum in China 138.000 Elektrobusse produziert wurden. Indiens angestrebter Plan zur "Elektrifizierung" der öffentlichen Verkehrssysteme wird voraussichtlich die dritte Stufe des FAME-Programms (Faster Adoption and Manufacturing Electric Vehicles) ersetzen und das Land als weltweites Produktionszentrum für Elektrofahrzeuge positionieren.

In den nächsten sieben Jahren ist also eine Aufstockung von 4.000 auf 800.000 E-Bussen vorgesehen (Derzeit gibt es in Indien etwa 2.3 Millionen Busse mit CNG- (Erdgas) oder Dieselantrieb).
Dabei wird die Umstellung von Diesel- auf Elektrobusse nicht nur Umweltaspekte wie den der enormen Luftverschmutzung und der Dekarbonisierung berücksichtigen, sondern auch zur Entwicklung eines neuen Wirtschaftszweiges beitragen.

Exkurs: das FAME-Programm Indiens

Das FAME-Programm wurde im April 2012 ins Leben gerufen und sollte über einen Zeitraum von 6 Jahren bis 2020 umgesetzt werden, um die Entwicklung des Marktes für Elektro- und Hybridfahrzeuge zu unterstützen.

FAME II sollte ursprünglich die Förderung von 1 Millionen E-Zweirädern, 500.000 E-Dreirädern, 55.000 E-Vierrädern und 7.000 Bussen umfassen. Die geänderten Pläne der Regierung lassen sich darin begründen, dass diese es als sinnvoller ersieht, Ressourcen in ein einziges Segment zu investieren, welches das Potential hat, die größtmögliche Wirkung zu erzeugen – sowohl auf ökologischer, als auch sozialer Ebene: Die indische Regierung konzentriert sich somit auf den Ausbau des öffentlichen Verkehrssystems und erweiterte die geplante Anzahl an E-Bussen auf 800.000.

Milliardensummen für den Verkehrssektor

Summen im Milliardenbereich sind für die Finanzierung der 800.000 Elektrobusse nötig!

Nach Schätzungen der indischen Industrie wären nach aktueller Preislage etwa 13,2 bis 16,5 Milliarden Euro nötig, um 100.000 Elektrobusse im Land zu beschaffen. Die Regierung strebt an, die genauen Konturen des Programms im kommenden Haushaltsjahr vorzustellen. Der Fokus der derzeitigen Diskussionen liegt dabei auf der Vergabe großer Beschaffungsaufträge, mit dem Ziel, die Kosten zu senken und die Fahrzeuge im Anschluss an die Verkehrsbetreiber zu verteilen. Derzeit werden in Indien nur 140.000 der 2.3 Millionen Busse von kommunalen Unternehmen betrieben, der Rest liegt in den Händen privater Firmen.

Die Strategie der Regierung zielt darauf ab gemeinsam mit den USA einen Zahlungssicherheitsmechanismus (PSM) für den Einsatz von 38.000 Elektrobussen zu schaffen. Dieser soll privaten Verkehrsunternehmen die Möglichkeit bieten, die Mehrkosten für die Elektro-Finanzierung ihrer “Busflotten” langfristig zu finanzieren und Anreize für die erfolgreiche und nachhaltige "Elektrifizierung" des Landes zu geben.

Pepper Motoin goes India: Deutsche Spezialfirma liefert nach Indien

Auch Deutschland packt mit an: Eine Spezialfirma aus Denkendorf, namens Pepper Motion beteiligt sich an dem “Busprojekt”, indem es Indien eine enormen Bestand ihrer Technologien für den Bau emissionsfreier Busse bereitstellt. Darunter etwa Batterien mit einer Leistung von bis zu 20 GWh, die eigens konzipierte vollelektrische Antriebslösung sowie das erst vor kurzem veröffentlichte brennstoffzellenbasierte Antriebssystem Peppers.

Dabei handelt es sich um Investitionen in der Höhe von insgesamt rund 600 Millionen US-Dollar, die ab Anfang 2025 laufen sollen. Ab dem Jahr 2027 sollen dann jährlich 50.000 Einheiten nach Indien geliefert werden. Mit der Teilhabe erhofft sich Pepper die Position als führender Technologielieferant am indischen Markt zu etablieren und ihr Unternehmen ausweiten zu können.

Weiterhin beteiligt am Riesenprojekt Indiens ist der Anbieter Chargebyte aus Leipzig, der neben bereits vier Standorten in Deutschland auch in den Vereinigten Staaten – und bald in Indien ansässig ist. Die Hauptaufgabe des Unternehmens wird die Mitwirkung und Entwicklung der Projektumsetzung in Indien sein.

Abgesehen von den indischen staatlichen Verkehrsbetrieben, sind auch die privaten Flottenbetreiber und die Nutzfahrzeugindustrie, sowie Unternehmen des E-Commerce, der Logistik und des Kurierdienstes stark an der Elektrifizierung interessiert, sei es mittels batterieelektrischer oder wasserstoffbetriebener Elektromobilität. Die Motivation aller Akteure im indischen Fahrzeugbereich ist hoch, die gesamte Mobilität in Richtung eines “emissionsfreien” Verkehrssektors zu transformieren. Ein Silberstreif am Horizont für Indiens Luftqualität? - Ob diese Interventionen im Verkehrssektor jedoch ausreichen, wenn man das unregulierte Wirtschaftswachstum des Landes (derzeit zwischen 5 und 7%) bedenkt, wird sich zeigen.

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