China: Solar-Weltmeister oder Klimasünder?

20. Januar 2025
Fotograf:in: Andreas Gücklhorn, Copyright: CC0 Unsplash

China gehört zu den treibenden Kräften beim Ausbau erneuerbarer Energien. Allein seit 2020 hat das Land seine Solarkapazität fast vervierfacht und die Windkraft verdoppelt.

Mit günstigen politischen Rahmenbedingungen, innovativen Technologien und kosteneffizienter Produktion erreichte China sein Ziel von 1.200 Gigawatt (GW) aus Solar- und Windenergie ganze sechs Jahre früher als geplant.

Laut einem Bericht der Internationalen Energieagentur (IEA) wird China bis 2030 fast die Hälfte der weltweiten Kapazitäten an erneuerbaren Energien stellen. Ein Paradebeispiel für diesen Fortschritt ist der Bau des weltweit größten schwimmenden Solarkraftwerks auf dem Meer. Mit einer geplanten Leistung von zwei Gigawatt soll die Anlage in naher Zukunft Strom für rund 230.000 Haushalte liefern – ein ehrgeiziges Vorhaben, das Chinas Innovationskraft unter Beweis stellen könnte.

Das Kraftwerk im Detail

China setzt sichtbar verstärkt auf erneuerbare Energien und baut deshalb vor der Küste der Provinz Jiangsu, in der Nähe der Küstenstadt Lianyungang, einen riesigen Solarpark – auf dem Meer!

Die China National Nuclear Corporation (CNNC), die für das Projekt verantwortlich ist, gibt an, dass es sich dabei um den größten schwimmenden Solarpark des Landes handelt.

Bei dem Solarpark handelt es sich um den größten seiner Art in ganz China!

Er umfasst insgesamt über 3,3 Millionen Solarmodule, die auf einer Fläche von fast 1.870 Hektar auf dem Gelben Meer schwimmen werden. Um die angestrebte generierte Energie von zwei Gigawatt durch die schwimmende Solarinsel optimal nutzen zu können, wird zusätzlich ein großer Energiespeicher an Land errichtet.

Die beeindruckenden Dimensionen dieses Projekts zeigen sich in der geplanten Jahresproduktion: Rund 2,2 Terawattstunden Strom sollen pro Jahr erzeugt werden. Das Solarkraftwerk ist vorerst auf eine Betriebsdauer von 25 Jahren ausgelegt und soll über diese Zeit hinweg zuverlässig sauberen Strom an die Bevölkerung liefern.

Das Solarkraftwerk wird dabei in direkter Nähe des Tianwan-Atomkraftwerks gebaut. Durch die Verbindung von erneuerbaren Energien und Atomkraft will man in China eine stabile Energieversorgung sicherstellen.

Die ersten Tests mit einem Teil der Solaranlage liefen im September 2024 an, der dazugehörige Energiespeicher ist bereits in Betrieb.

Schwimmende Solarzukunft: Chinas Testplattform trotzt 10-Meter-Wellen

China testet dafür eine sechseckige schwimmende Plattform. Der Test läuft unter dem Namen "Gelbes Meer Nummer 1" und findet südlich der Shandong-Halbinsel statt, nahe eines bereits bestehenden Offshore-Windparks.

Das Testgebiet umfasst 1.624 Quadratmeter, auf denen 434 Solarmodule installiert sind. Dabei kommen unterschiedliche Modultypen zum Einsatz, um herauszufinden, welche davon sich für den Einsatz auf offener See am besten eignen.

Die Plattform ist insgesamt 9 Meter hoch und wird von 64 Bojen getragen. Sie wird mit am Meeresboden befestigten Kabeln in Position gehalten. Die Konstruktion ist so robust, dass sie Wellen von bis zu 10 Metern Höhe trotzen kann. Wie viel Strom dabei dann im Detail erzeugt werden kann ist noch nicht bekannt – im Moment steht vor allem der Technologietest im Vordergrund.

Wie sich Solarmodule gegen Salz und Wellen behaupten

Die Module ragen relativ hoch auf, um zu verhindern, dass sie mit Meerwasser in Kontakt kommen. Denn Salzablagerungen und andere Rückstände könnten die Effizienz beeinträchtigen. Zudem fördert das salzhaltige Wasser Korrosion, was die Lebensdauer der Module verkürzen könnte.

Die Testplattform soll ein Jahr lang in Betrieb bleiben. In dieser Zeit wird untersucht, wie sie sich unter den herausfordernden Bedingungen auf hoher See schlägt. Die gewonnenen Erkenntnisse fließen dann in die Planung und den Bau zukünftiger Offshore-Solarprojekte ein.

China macht’s vor – der Rest der Welt zieht nach

China ist jedoch nicht das einzige Land, das auf schwimmende Solarfarmen setzt.

In Süditalien plant das niederländisch-norwegische Unternehmen SolarDuck einen großen Hybridpark, der sowohl Wind- als auch Solaranlagen kombiniert.

Geplant sind hierbei 28 schwimmende Windräder mit einer Spitzenleistung von insgesamt 420 Megawatt. Ein Megawatt (MW) entspricht dabei übrigens der Leistung von einer Million Watt (1.000.000 Watt).

Zusätzlich soll eine schwimmende Solaranlage mit einer Leistung von 120 Megawatt entstehen, sodass die Gesamtleistung des Projekts bei beeindruckenden 540 Megawatt liegt. Ein Gigawatt (GW) entspricht dabei 1000 Megawatt oder einer Mio. Kilowatt!

Allein die Solaranlage soll über 160 Gigawattstunden Energie pro Jahr liefern und voraussichtlich 2028 in Betrieb gehen.

China ist nicht das einzige Land, das auf schwimmende Solaranlagen setzt

Auch in den USA gibt es schwimmende Solaranlagen. Auf einem See in Short Hills, New Jersey, wurden 16.510 Solarpaneele installiert. Sie liefern insgesamt 8,9 Megawatt Strom, genug, um jährlich rund 1.400 Haushalte zu versorgen.

Fortschritt mit fossilen Fußabdrücken

China hatte schon 2023 beeindruckende 217 Gigawatt an Solaranlagen installiert. Derzeit decken Wind- und Solarkraftwerke etwa 15 Prozent des gesamten Stromverbrauchs. Trotz dieser Fortschritte bei erneuerbaren Energien bleibt Kohle jedoch der wichtigste Energieträger in China – und ihr Einsatz nimmt weiterhin zu.

Laut einer Studie des "Global Energy Monitor" aus San Francisco wird China im Jahr 2024 Solaranlagen und Windparks mit einer beeindruckenden Gesamtleistung von 339 Gigawatt installieren – das ist fast doppelt so viel wie der Rest der Welt zusammen. Erneuerbare Energien gehören offensichtlich zu den Schlüsselbereichen, die China als wichtige "neue Produktivkräfte" betrachtet, und in denen das Land eine führende Rolle anstrebt.

Die Studie prognostizierte, dass China bereits Ende dieses Jahres sein ursprünglich für 2030 gesetztes Ziel von 1.200 Gigawatt an Solar- und Windkraft erreichen würde – und dieses Ziel wurde tatsächlich bereits übertroffen. Diese Leistung entspricht in etwa 60% des weltweiten Ausbaus erneuerbarer Energien.

Die Kehrseite der regenerativen Energieerzeugung

Trotz des beeindruckenden Wachstums der erneuerbaren Energien stößt China auf die gleichen Herausforderungen wie alle anderen Länder auch: Schwankungen in der Energieerzeugung. Gleichzeitig steigt der Strombedarf des Landes weiter an, sodass die neuen Kapazitäten nicht ausreichen, um den gesamten Anstieg zu decken.

Aus diesem Grund bleiben Kohlekraftwerke ein zentraler Bestandteil des chinesischen Energiemixes. Kohle bietet dem Land Stabilität in Krisenzeiten und gleicht die Schwankungen der Erneuerbaren aus.
Zum Vergleich: In Deutschland wird diese Rolle von neuen Gaskraftwerken übernommen.

Ein weiteres zentrales Thema in China ist die Energiespeicherung: Überschüssige Energie kann häufig nicht ins Stromnetz eingespeist werden und geht einfach verloren. Im Idealfall würden hier großdimensionierte Energiespeicher Abhilfe schaffen.

Eine ambivalente Energiewende

2023 wurden in China etwa 10 Milliarden Euro in Batteriespeicher investiert – fast viermal so viel wie im Vorjahr. Trotzdem bleibt diese Summe im Vergleich zum massiven Ausbau von Solar- und Windkraft noch relativ gering.

Der rasante Ausbau der erneuerbaren Energien in China hat auch Auswirkungen auf den Rest der Welt. Mit einer Kapazität, die doppelt so hoch ist wie die aller anderen Länder zusammen, dominiert China den Weltmarkt. Andere Länder mit kleineren heimischen Märkten haben es schwer, mit dem Land mitzuhalten.

Übrigens: Derzeit ist China das Land, welches am meisten Kohlendioxid emittiert, der Ausstoß wird auch noch steigen. Erst ab 2030 sollen die Emissionen laut den Plänen der Regierung sinken. Bis 2060 will das Land kohlendioxid-neutral sein.

Du findest den Artikel spannend? Dann teile ihn doch gerne!
Das könnte dich auch interessieren
5 Gründe, um wählen zu gehen

5 Gründe, um wählen zu gehen

Mitgestalten statt abwarten – Warum Wählen gehen mehr ist, als nur ein Kreuz auf dem Stimmzettel.

Sea Shepherd – Aktivismus zum Schutz der Meere

Sea Shepherd – Aktivismus zum Schutz der Meere

Sie kämpfen gegen illegalen Walfang und Fischerei, verfolgen wochenlang Schiffe in der Arktis und setzen ihr eigenes Leben aufs Spiel: Sea Shepherd!

Britisches Start-Up erprobt neue CO₂-Reduktion auf See

Britisches Start-Up erprobt neue CO₂-Reduktion auf See

Erfahrt alles zum britischen Start-Up-Unternehmen Seabound, das mit seinem CO₂-Abscheidungssystem einen großen Schritt Richtung Umweltschutz getan hat!

Belgrad – kostenloser ÖPNV in der Millionenstadt

Belgrad – kostenloser ÖPNV in der Millionenstadt

In Serbiens Hauptstadt muss seit dem 1. Januar 2025 niemand mehr für ÖPNV-Tickets zahlen!