Nachhaltige KI: Chancen nutzen, Risiken verstehen

30. Juli 2025
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Wie nachhaltig ist KI? Ein Blick auf Chancen, Risiken und Wege, wie künstliche Intelligenz zum Klimaschutz beitragen kann.

Was ist Künstliche Intelligenz?

Künstliche Intelligenz (KI) bezeichnet Systeme, die in der Lage sind, Aufgaben zu übernehmen, die normalerweise menschliche Intelligenz erfordern würden. Dazu zählen Spracherkennung, Bilderkennung, Entscheidungsfindung und automatisiertes Lernen aus großen Datenmengen.


Besonders leistungsstarke Anwendungen basieren auf Maschinellem Lernen (ML) oder Deep Learning, also künstlichen neuronalen Netzwerken, die sich durch Erfahrung erweitern – ähnlich wie ein menschliches Gehirn.

Diese Technologien durchdringen immer mehr Lebensbereiche und gelten als Schlüsselinnovation für die kommenden Jahrzehnte. Doch mit zunehmender Verbreitung wächst auch die Notwendigkeit, ihren ökologischen Fußabdruck und ihre gesellschaftlichen Auswirkungen kritisch zu hinterfragen.

Einsatzbereiche von Künstlicher Intelligenz

KI ist längst keine abstrakte Zukunftsvision mehr, sondern gestaltet schon heute verschiedenste Bereiche unseres Alltags – mit enormem Potenzial für eine nachhaltigere Welt:

1. Gesundheitswesen

KI unterstützt bei der Früherkennung von Krankheiten, analysiert medizinische Bilddaten und hilft bei der Entwicklung neuer Medikamente, etwa durch die dreidimensionale Simulation von Molekülstrukturen. Durch solche Computermodelle werden Forschungsmethoden schon jetzt immer effizienter und präziser. KI wird dabei für Datenanalysen und die beschleunigte Simulation von chemischen Prozessen eingesetzt. So können etwa Wirkungsweisen von neuen Medikamenten genauer prognostiziert werden.

2. Mobilität

Künstliche Intelligenz wird in der Verkehrstechnologie schon heute vielfältig eingesetzt – etwa bei der Echtzeitanalyse von Verkehrsströmen durch Satellitendaten. So können Routen dynamisch angepasst und Staus umfahren werden, was den Verkehr effizienter macht und CO2-Emissionen reduziert.

Auch das autonome Fahren basiert auf KI und wird künftig eine noch größere Rolle bei der nachhaltigen Verkehrssteuerung spielen.

3. Energie

In intelligenten Stromnetzen (Smart Grids) hilft KI, Energieflüsse effizient und bedarfsgerecht zu verteilen und Lastspitzen zu vermeiden. Smart Grids ermöglichen eine dynamische Anpassung an die Verfügbarkeit der Stromquelle und den aktuellen Bedarf angebundener Haushalte. So lassen sich erneuerbare Energien besser integrieren, während Verluste möglichst gering gehalten werden.

4. Landwirtschaft

Mithilfe von KI sollen Ernteprognosen immer präziser, Bewässerungssysteme effizienter und der Einsatz von Pestiziden und Düngemitteln reduziert werden. KI leistet hier bereits einen wichtigen Beitrag zur bodenschonenden Landwirtschaft.

5. Bildung & Kommunikation

Personalisierte Lernplattformen nutzen bereits KI, um individuelle Lernbedürfnisse zu erkennen und Inhalte zielgerichtet aufzubereiten (ein Beispiel dafür ist die Fremdsprachen-Lern-App Duolingo).

In der Kommunikation helfen Sprachmodelle und automatische Übersetzungstools, Sprachbarrieren in Echtzeit zu überwinden.

Chancen: Was KI für den Umweltschutz leisten kann

Richtig eingesetzt, kann Künstliche Intelligenz zur Lösung zentraler Umweltprobleme beitragen. Die größten Potenziale liegen in folgenden Bereichen:

1. Optimierung von Energieverbrauch und Prozessen

KI analysiert in Echtzeit riesige Datenströme – etwa in der Industrie, Logistik oder Gebäudetechnik – und erkennt Effizienzpotenziale, die Menschen oft übersehen oder nicht errechnen können. Mit dem Einsatz intelligenter Technologie ließe sich der Energie- und Ressourcenverbrauch erheblich senken.

2. Klimaforschung und Umweltschutz

KI-gestützte Modelle ermöglichen präzisere Vorhersagen über Klimaentwicklungen und helfen bei der Überwachung von Umweltveränderungen – z. B. durch Satellitendaten, die von KI analysiert und ausgewertet werden.

Das kann uns Menschen beim Schutz von Ökosystemen unterstützen und die Planung von Klimaschutzmaßnahmen erleichtern. Präzise Vorhersagen können außerdem helfen, Extremwetterereignissen vorausschauend zu begegnen.

3. Kreislaufwirtschaft und Abfallmanagement

Mit Machine Learning und Computer Vision ist es Computern möglich, ähnlich wie Menschen visuelle Informationen aus Bildern und Videos zu "sehen", zu interpretieren und zu verstehen.

Dadurch ließen sich beispielsweise Materialien automatisiert erkennen und sortieren. Recyclingprozesse würden automatisiert und effizienter ablaufen – ein wichtiger Schritt hin zu einer funktionierenden Kreislaufwirtschaft.

4. Smarte Landwirtschaft

Durch präzise Berechnungen kann KI die exakt benötigten Zahlen von Ressourcen wie Wasser, Dünger und Saatgut ermitteln, was Ressourcen schont, die Produktivität steigert und gleichzeitig die Umweltbelastung minimiert.

Auch der Einsatz von Agrarrobotern zur Bodenanalyse oder Unkrauterkennung kann die Einsparung von Ressourcen stark unterstützen.

Risiken: Der ökologische und soziale Preis von KI

So vielversprechend die Technologie ist – sie birgt auch erhebliche Risiken für Umwelt und Gesellschaft. Die dürfen bei der Nachhaltigkeitsbewertung von KI auf keinen Fall unter den Tisch fallen.

1. Hoher Ressourcenverbrauch

Der Stromverbrauch von KI-Modellen, insbesondere beim Training großer Sprachmodelle, ist enorm – und er wächst weiter. Der prognostizierte Energiebedarf durch KI- und Digitalisierungsprojekte wird bis 2030 so stark angestiegen sein, dass er sich rein rechnerisch nicht mehr allein durch erneuerbare Energien decken ließe, selbst wenn das gewollt wäre.

Neben der reinen Strommenge entsteht eine zusätzliche Herausforderung: KI-Rechenzentren belasten weltweit die Stromnetze, was angesichts des technologischen Wachstums Bedenken hinsichtlich Netzstabilität und Versorgungssicherheit aufwirft.

Ein anschauliches Beispiel liefert Elon Musks neues KI-Unternehmen xAI: Im Sommer 2025 wurde ein Rechenzentrum eröffnet, in dem laut Musk rund 100.000 der leistungsstarken GPUs NVIDIA H100 im Dauereinsatz laufen. Jede dieser Grafikeinheiten verbraucht rund 700 Watt – vergleichbar mit einem Backofen im Dauerbetrieb. Das bedeutet: 100.000 Backöfen laufen Tag und Nacht, um ein einziges KI-System zu trainieren.

Und damit nicht genug: Um diese Hochleistungshardware vor Überhitzung zu schützen, müssen die Server mit großen Mengen Wasser gekühlt werden. Diese Umweltbelastung durch Wasserverbrauch wird in der öffentlichen Debatte häufig übersehen, ist jedoch gravierend. Einen umfassenden Überblick dazu bietet unser Artikel „KI und Wasserverbrauch“.

Denn nicht nur das Training, auch die alltägliche Nutzung von KI-Anwendungen hat einen spürbaren Wasserfußabdruck:

Eine einfache KI-gestützte Internetsuche kann je nach Rechenzentrum und System zwischen 10 und 50 Milliliter Wasser verbrauchen – deutlich mehr als bei einer klassischen, nicht-KI-basierten Websuche. Für letztere lag der Fokus bisher allerdings eher auf dem Energieverbrauch und den CO2-Emissionen, da einfache Internetsuchen kaum Rechenleistung benötigen – die Datenlage zum Wasserverbrauch ist bislang sehr gering.

Währenddessen verbraucht das Generieren eines einzelnen Bildes per Textprompt so viel Energie wie eine halbe Smartphone-Ladung – und das bei Millionen von Anfragen täglich.

Auch wirtschaftlich schlägt sich die steigende Nachfrage nieder: Die NVIDIA H100, aktuell einer der leistungsstärksten Chips für KI-Training, erzielte im Juli 2025 einen Marktpreis von rund 38.600 Euro pro Stück – ein Indikator für den immensen Ressourcenbedarf, der hinter moderner KI steckt.

2. Ungleichverteilung von Technologie und Wissen

Der Zugang zu leistungsstarker KI ist leider sehr ungleich verteilt. Wohlhabende Industrieländer und große Tech-Konzerne verfügen über die nötige Infrastruktur und Fachkräfte.
Viele Länder des globalen Südens bleiben außen vor – sie profitieren nicht von den Chancen, sind aber mit den Folgen konfrontiert, etwa durch steigende Nachfrage nach Rohstoffen für Server-Infrastruktur.

Zudem sind viele Modelle nicht offen zugänglich, sondern nur für zahlende Kund*innen nutzbar.

Die meisten Trainingsdaten stammen außerdem aus westlichen Kontexten – Sprachen, Kulturen und Perspektiven aus anderen Teilen der Welt sind unterrepräsentiert.
Das kann zu diskriminierenden Ergebnissen führen, z. B. durch kulturelle Verzerrung oder das Verstärken bestehender Vorurteile.

3. Intransparente Entscheidungen (das Blackbox-Phänomen)

Viele moderne KI-Systeme, vor allem im Bereich Deep Learning, treffen Entscheidungen auf Basis hochkomplexer mathematischer Modelle. Wie genau eine KI zu einem Ergebnis kommt, ist oft nicht einsehbar oder nachvollziehbar – selbst für Entwickler*innen. Das nennt man das Blackbox-Phänomen.

Diese Intransparenz stellt nicht nur ein ethisches Problem dar, sondern auch eine Gefahr für soziale Gerechtigkeit, wenn etwa Entscheidungen über Kredite, Jobchancen oder medizinische Diagnosen getroffen werden, die sich nicht erklären lassen.
Das erschwert Verantwortungszuweisung, Fehlerkorrektur und Vertrauensbildung.

Ein Lösungsansatz ist die Entwicklung von Explainable AI (XAI), also erklärbarer, nachvollziehbarer KI; was essentiell ist für eine transparente und demokratische Digitalisierung.

KI kann Nachhaltigkeit fördern – oder neue Umweltprobleme schaffen.

Risiko-Fazit: KI ist ein nützliches Tool zur Effizienzsteigerung und spart an einigen Stellen sogar Ressourcen – ihr Betrieb verlagert aber die Umweltkosten in neue Bereiche, etwa zu Stromerzeugung und Kühltechnik.

Außerdem birgt sie das Risiko, Chancen-Ungleichheit zu verstärken und verleitet dazu, das eigene und kritische Denken zu verlernen und wichtige Entscheidungen an einen digitalen Helfer, dessen Denkwege wir (Ottonormalverbraucher) nicht kennen und verstehen, outzusourcen.

Was bedeutet nachhaltige KI konkret?

Eine wirklich nachhaltige KI ist mehr als nur energieeffizient. Sie berücksichtigt ökologische, soziale und ethische Aspekte.

Dazu gehören:

  • Reparierbare und langlebige Hardware bevorzugen, denn bereits die Herstellung kann große Unterschiede im CO₂-Fußabdruck verursachen: So verursacht eine NVIDIA H100 etwa dreimal so viele Emissionen wie eine L4-GPU – ein klares Argument dafür, nur so leistungsstarke Hardware einzusetzen, wie tatsächlich nötig.
  • Erneuerbare Energien ausbauen und Rechenzentren mit Ökostrom betreiben: Das Training von KI-Modellen muss nicht in Echtzeit erfolgen und kann daher flexibel geplant werden. Wird es an einem Ort mit viel Ökostrom durchgeführt – etwa in Kanada statt in Polen – kann der CO2-Ausstoß um bis zu 85 % gesenkt werden.
  • Nachhaltige KI braucht Transparenz und Zugänglichkeit: Offene Datensätze und erklärbare Modelle (Explainable AI) ermöglichen es, Entscheidungen nachvollziehbar und überprüfbar zu machen. Das stärkt Vertrauen, verhindert Diskriminierung und fördert eine gerechte Nutzung.
  • Damit bestimmte Personengruppe von KI nicht diskriminiert werden, müssen Trainingsdaten diverse Perspektiven und Lebensrealitäten abbilden – über Geschlecht, Kultur, Sprache und Region hinweg. So wird sichergestellt, dass Systeme inklusiv und gerecht für alle funktionieren.
  • Um KI nachhaltig zu nutzen, braucht es Zugang für alle Regionen. Der globale Süden muss durch Technologietransfer, offene Standards und Partnerschaften an Wissen, Infrastruktur und Anwendungen beteiligt werden – für eine faire, weltweite Digitalisierung.

Technologie braucht Werte

Künstliche Intelligenz kann helfen, die Welt nachhaltiger zu gestalten – aber das ist mit Sicherheit kein Selbstläufer. Ihr ökologischer Fußabdruck ist real, ihre sozialen Implikationen tiefgreifend.

Wenn wir KI als Werkzeug für den Wandel nutzen wollen, müssen wir sie wohlüberlegt und reguliert entwickeln und einsetzen: verantwortungsvoll und transparent.

Nur so wird aus digitaler Intelligenz auch echte nachhaltige Digitalisierung und Zukunftsfähigkeit für alle.

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