Seit 1961 setzt sich die Nichtregierungsorganisation WWF für den Schutz unserer Natur ein. Was damals noch für “World Wildlife Fund” stand, ist heute eine Abkürzung für “World Wide Fund For Nature”, denn der WWF ist schon lange weitaus mehr als eine reine Tierschutzorganisation. Nur in den USA, Kanada und Südafrika hat der WWF seinen ursprünglichen Namen beibehalten.
Ein kurzer Überblick
Der WWF kämpft mit seinen aktuell 1.300 Projekten an allen Fronten. Der Fokus liegt dabei auf dem Erhalt heute bestehender Lebensräume – denn nur wenn deren Fortbestand gesichert ist, haben auch ihre Bewohner eine faire Überlebenschance.
Mitarbeiter:innen des WWF sind in rund 100 verschiedenen Ländern stationiert und werden in ihrer Arbeit von sechs Millionen Förder:innen unterstützt.
WWF in den Schlagzeilen
Nachdem die Nachricht die Runde gemacht hatte, Juan Carlos I., damals (2012) noch König Spaniens und erster Ehrenpräsident des WWF, habe in Afrika zum Vergnügen Elefanten gejagt, zog der WWF Konsequenzen. Eine Mitgliedersammlung stimmte für die Abschaffung des Amtes und dem ehemaligen König wurde der Ehrentitel entzogen. Bis heute hinterlässt diese Affäre um den WWF allerdings einen bitteren Nachgeschmack.
Doch wie kam der ehemalige König Spaniens überhaupt an seinen Titel? Juan Carlos I. war der erste Präsident der Niederlassung des WWF in Spanien. Er hatte sich damals für den Naturschutz in Spanien stark gemacht – da es für NGOs früher alles andere als einfach war, sich und ihrem Bestreben Gehör zu verschaffen, muss die Unterstützung durch das Königshaus eine willkommene Möglichkeit gewesen sein, ihre Anliegen einer breiteren Öffentlichkeit näherzubringen. Mit seiner Krönung im Jahr 1975 gab er seine aktive Rolle im WWF auf und wurde zum repräsentativen Ehrenpräsident ernannt. Das Ironische dieser Kontroverse ist ja, dass der WWF laut eigenen Angaben seit 1961 für den Schutz von Elefanten einsteht – ein entsprechend schlechtes Bild wirft Juan Carlos' Ausflug nach Afrika auf die Tierschutzorganisation.
Verbrechen um des Naturschutzes Willen?
Der WWF und seine Partner haben sich bekanntermaßen vollkommen dem Naturschutz verschrieben. Wenn dies allerdings auf Kosten der Menschenwürde geschieht, dann scheint etwas gehörig falsch zu laufen. Ein Bericht von BuzzFeed aus dem Jahr 2019 wirft Rangern des Salonga Nationalparks in der Demokratischen Republik Kongo schwerste Menschenrechtsverletzungen vor. Das Schutzgebiet wird vom WWF zusammen mit kongolesischen Behörden verwaltet.
Die Aufgabe eines Rangers ist es, neben Beobachtung des Wildtierbestands, regelmäßigen Patroullien und der umweltgerechten Zusammenführung von Gemeinden und Tourist:innen mit der Natur, die Tiere des Nationalparks vor Wilderern zu schützen – letzteres kann sich als eine äußerst gefährliche Angelegenheit entpuppen. Wilderei ist ein Milliardengeschäft und es handelt sich nicht selten um organisiertes Verbrechen. Ranger, die für solche Situationen nicht immer ausreichend ausgebildet sind, finden sich also schwer bewaffneten Wilderer-Einheiten gegenüber und sehen ihr Leben aufs Spiel gesetzt: Nicht vorhandene Verhaltenskodexe können dann dazu führen, dass die Situation ausartet.
Was im Salonga Nationalpark geschah…
Die Ranger im Kongo sollen Frauen vergewaltigt und unter dem Deckmantel des Umweltschutzes einen Bewohner der angrenzenden Gemeinde, der Kontakt zu Wilderern gehabt haben soll, gefoltert haben. Sogar Mord wird ihnen vorgeworfen. Noch dazu sind diese Vorwürfe kein Einzelfall; es soll ähnliche Ereignisse auch in Indien und Nepal gegeben haben.
Diese Anklage wiegt schwer, deshalb wollen wir uns genauer ansehen, inwiefern der WWF damit in Verbindung gebracht wird.
Im Salonga Nationalpark finanziert der WWF vom Staat angestellte Ranger, indem er ihnen eine Ausbildung ermöglicht und eine Ausstattung, z.B. Überwachungssysteme, bereitstellt – allerdings keine Waffen.
In Regionen wie der Demokratischen Republik Kongo mangelt es an Menschenrechtsnormen und der Kontrolle ihrer Einhaltung, stattdessen bilden Korruption und Konflikte den Alltag. Gewaltverbrechen, wie sie von den Rangern begangen wurden, werden begünstigt, wenn Menschen in Machtpositionen geraten, aber nicht gelernt haben, mit dieser Verantwortung umzugehen bzw. keine Rechenschaft ablegen müssen.
Dazu kommt, dass der Wildereimafia immer öfter mit militärischen Praktiken entgegengetreten wird – ein riskantes Spiel, denn diese Verbrecher schrecken vor nichts zurück und eine derart gewaltbereite Herangehensweise wird die Krisensituation kaum entschärfen, sondern zieht vor allem Unschuldige in die Machtspiele zwischen Rangern und Wilderern mit hinein.
Der WWF ist in vielen der gefährlichsten Regionen der Welt aktiv, deren Glaubenssätze dem westlichen Verständnis von Rechtsstaatlichkeit nicht selten widersprechen. Gleichzeitig können Naturschutzorganisationen in vielen Staaten nur Fuß fassen, wenn sie mit den dortigen Behörden kooperieren. Dabei kann es schwierig sein, klare gemeinsame Grenzen zu ziehen, die allerdings unabdingbar sind, wenn der WWF mit solchen Anschuldigungen in Zukunft nicht mehr in Verbindung gebracht werden will.
Wie hat der WWF reagiert?
Auf die Vorwürfe von BuzzFeed hin zeigte sich WWF bestürzt und leitete umgehend Untersuchungen ein – und leider bestätigten sich viele der Vermutungen. Nach eigenen Angaben entschied man sich dazu, die grausamen Details vorerst unter Verschluss zu halten, „um die Chance auf eine rechtskräftige Verurteilung der Schuldigen zu maximieren“ und „zum Schutz der Opfer, die anhand der eindeutigen Schilderungen ihrer erlittenen Übergriffe leicht zu identifizieren wären”.
Ein Bericht vom ehemaligen Menschenrechtsberater der Bundesregierung, Markus Löning und seinem Institut „Human Rights & Responsible Business“ folgte Ende 2020. Dieser bestätigte, dass der WWF einen besseren Überblick über die Projekte, an denen er sich beteiligt, behalten muss. Der WWF beteuerte, man werde die Vorschläge, die im Report festgehalten wurden, in die bereits vorhandenen Vorkehrungen, wie Menschenrechtsschulungen und Verhaltendkodizen für Ranger, integrieren. Eine dieser Empfehlungen ist es, eine jährliche Berichterstattung zu veröffentlichen. Auch die Meldesysteme, über die Beschwerden und Sorgen von Betroffenen oder Zeugen eingereicht werden können, sollen optimiert werden.
Sieben der insgesamt zwölf Empfehlungen wurden laut dem WWF inzwischen umgesetzt (Stand Februar 2023).
Der WWF versicherte in seiner Stellungnahme, dass die Vorfälle nicht von den Mitarbeitern des WWF ausgingen und diese zu keiner Zeit Teil der Schreckenstaten waren. Tatsächlich betreffen die Vorwürfe von BuzzFeed die vom Staat angestellten Ranger, der WWF ist in das Ganze verwickelt, weil er deren Ausbildung und Ausrüstung mitfinanziert und damit eine gewisse Verantwortung für ihr Handeln trägt. BuzzFeed kritisiert weder die Mitarbeiter des WWF noch deren Projekte, sehr wohl aber, dass die NGO ihrer Verantwortung, über die Situationen vor Ort ausreichend informiert zu sein und angemessene Sicherheitsvorkehrungen zu treffen, oft nicht gerecht wurde. Weiterhin wirft BuzzFeed dem WWF vor, er kommuniziere nicht offen genug mit der Öffentlichkeit und seinen Spendern, wenn er solchen Herausforderungen begegnet.
Gemäß der UN-Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte, auf die der WWF immer wieder verweist, vernachlässigt man die eigene menschenrechtliche Sorgfaltspflicht als Unternehmen auch dann, wenn die Menschenrechtsverletzungen durch die Hände anderer z.B. der Projektpartner (in diesem Fall der Angestellten der kongolesischen Behörden) erfolgen, sofern das eigene Handeln dies begünstigt hat. Im Falle Kongos ist Buzzfeeds Vorwurf also insofern gerechtfertigt, dass der WWF die Ranger finanziert und ihnen in diese “Machtposition” verholfen hat.
Was passiert mit den Spenden?
Letzten Endes will man sich als Spender darauf verlassen können, dass das eigene Geld gut aufgehoben ist und viel Gutes bewirkt. Vorfälle wie die Gräueltaten im Kongo können das Vertrauen in Organisationen wie den WWF zerstören und werfen ein schlechtes Licht auf den eigentlich noblen Beruf der Ranger. Letztendlich überlässt der WWF es immer noch dem Spender, in welche Projekte er einzahlen möchte. Projekte speziell zum Schutz der Eisbären beispielsweise stehen in keinem Zusammenhang mit den Schwierigkeiten im Kongobecken. Die Verbrechen einzelner Ranger müssen demzufolge niemanden davon abhalten, sich für einen guten Zweck einzusetzen.
Nach eigenen Angaben fließen 6% der Spenden in die Verwaltung, 13% in die Betreuung von Förder:innen und die restlichen 81% in die eigentlichen Projekte, dazu zählen auch Kampagnen- und Aufklärungsarbeit.
Die Ansätze des WWF
Das Ziel eines jeden der 1.300 Projekte des WWF ist im Endeffekt der Erhalt von Arten und Lebensräumen. Dabei gibt es zahlreiche Ansätze…
Umwelt
Eine Art, Naturschutz zu betreiben, ist es, immer mehr neue Schutzgebiete zu errichten, in denen die Bewohner des Lebensraumes abseits und geschützt vor dem negativen Einfluss menschlicher Zivilisation leben können. Nationalparks verhindern die Zerstörung gewisser Abschnitte eines Landes und fördern so die Vielfalt der Lebensräume und den Fortbestand von CO₂-Senken wie Regenwäldern, Immerhin müssen die größten und wichtigsten CO2-Speicher unseres kleinen blauen Planeten so gut es geht gepflegt und erhalten werden.
Die NGO nimmt sich außerdem dem Problem der Gewässer- und Plastikverschmutzung an, wie zum Beispiel am Mekong in Vietnam, wo der WWF Entsorgungssysteme zur umweltgerechten Abfallwirtschaft etabliert.
Daneben gilt es, die bereits angegriffenen Ökosysteme wieder aufzubauen: Sogenannte Renaturierungsprojekte sollen es der Natur ermöglichen, sich wieder zu erholen.
Außerdem geht es darum, mit Gebieten, die etwa zur Landwirtschaft genutzt werden, nachhaltig umzugehen und die Funktion, die sie im Ökosystem einnehmen, zu bewahren, um potenziell negative Kettenreaktionen zu vermeiden.
Tierwelt
Um das Artensterben zu stoppen und die Biodiversität nicht nach und nach zu verlieren, setzt sich der WWF, wo immer er tätig wird, dafür ein, die Übernutzung von Wildtieren zu stoppen. Stattdessen werden z.B. Konzepte mit Politik und Unternehmen erarbeitet, wie die Fischerei nachhaltig gestaltet werden kann, um Fischbestände nicht an ihre Grenzen zu bringen. Das sichert nicht nur Fisch als Nahrungsmittel, sondern auch das Einkommen zahlreicher Menschen.
Auch das Vorgehen gegen Wilderei spielt eine große Rolle, will man die Artenvielfalt wahren.
In Zusammenarbeit mit der lokalen Bevölkerung setzt sich der WWF zudem mit dem Konflikt auseinander, der zwischen Mensch und Wildtieren entsteht, wenn sich die Lebensräume überlappen. Mensch und Wildtier treffen dann immer öfter aufeinander, was das Leben für beide Seiten nicht einfach macht.
Auf lokaler und internationaler Ebene unterwegs
WWF Deutschland setzt sich hierzulande für die Verwirklichung der Klimaziele ein und treibt mit seiner Arbeit den Ausbau erneuerbarer Energien voran.
Im internationalen WWF-Netzwerk gilt das gemeinsame Ziel, die globalen CO2-Emissionen zu reduzieren und die 1,5° Grad-Grenze nicht zu überschreiten. Dazu wird mehr Zugang zu regenerativen Energiequellen benötigt – vor allem in Entwicklungsländern möchte der WWF eben deren Ausbau unterstützen. Gleichzeitig soll die Wirtschaft mehr Verantwortung für die umweltbewusste Nutzung von Energie und Rohstoffen übernehmen und Länder durch Politik und Gesetzgebung den passenden Rahmen für nachhaltiges Wirtschaften schaffen.
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- https://youtu.be/DKKo60_bxg0
- https://www.buzzfeednews.com/article/katiejmbaker/wwf-human-rights-abuses-independent-review
- https://www.wwf.de/fileadmin/fm-wwf/Publikationen-PDF/Loening_WWF-Bericht_DE.pdf
- https://www.wwf.de/fileadmin/fm-wwf/Publikationen-PDF/20191217-Menschenrechtliche-Grundsatzerklaerung-inkl-Unterschriften.pdf
- https://www.bmz.de/de/service/lexikon/un-leitprinzipien-fuer-wirtschaft-und-menschenrechte-60438
- https://www.auswaertiges-amt.de/blob/266624/b51c16faf1b3424d7efa060e8aaa8130/un-leitprinzipien-de-data.pdf