Klimasünder Palmöl?

Oktober 2022
Copyright: Bild von tk tan auf Pixabay

Hin und wieder hört man es von Bekannten und Freunden – sie würden jetzt auf Produkte mit Palmöl verzichten. Es sei umweltschädlich und man müsse den Konsum reduzieren. Anstelle der Nutella-Creme gäbe es bei ihnen jetzt eben die palmölfreie Alternative zum Frühstück.

Dieser Trend ist das Symptom einer unbequemen Wahrheit: Die Herstellung des doch wichtigen Öls ist enorm schädlich für die Umwelt und zerstört dabei große Flächen der Regenwälder.

Crying Earth steht für den Orang-Utan ein, der aktuell extrem unter der Palmölproduktion leidet.

Trotz guten Willens gestaltet es sich leider recht schwierig, im Supermarkt alternative Produkte zu finden, die besagtes Öl nicht enthalten. Denn vermutlich steckt es in etwa jedem zweiten Produkt!

Wir helfen euch dabei, Alternativen zu finden, und erklären, warum es so wichtig ist, den Verbrauch von Palmöl zu reduzieren.

Herkunft

Das begehrte Palmöl wird aus der Ölpalme gewonnen. Es steckt im Fruchtfleisch und auch die Kerne werden zu sogenanntem Palmkernöl verarbeitet, allerdings in geringerer Menge. Ursprünglich wuchs die Ölpalme in Guinea, Westafrika, wurde aber Mitte des 19. Jahrhunderts nach Indonesien mitgenommen. Dort wächst sie heute auf etwa 12 Mio. Hektar und deckt, zusammen mit Malaysia, rund 85% des globalen Palmölbedarfs ab.

Das ist eine junge Palmölplantage in Ost-Malaysia (2010).

Die heutige Anbaufläche war früher Bestandteil des Regenwaldes und wurde extra für die Produktion des Palmöls gerodet. Im Jahr 2017 wurden weltweit Ölpalmen auf insgesamt 18,7 Millionen Hektar angebaut. Zum Vergleich – Deutschland ist rund 35,8 Mio. Hektar groß. Es wurde also eine Regenwaldfläche gerodet, die größer ist als halb Deutschland! Seit 1990 hat sich die Anbaufläche verdreifacht.

Entscheidend für diesen übermäßigen Bedarf an Anbaufläche ist die hohe Ertragsmenge, welche die Ölpalme gegenüber anderen Ölpflanzen abwirft. Bei gleicher Anbaufläche liefert sie etwa fünf bis sechsmal so viel Öl wie Raps-, Soja- oder Sonnenblumen-Pflanzen.

Verarbeitung

Um schließlich das begehrte Palmöl herzustellen, muss die Frucht zunächst vollständig ausgepresst werden. Das daraus gewonnene Öl wird dann in Raffinerien weiter aufbereitet.

So sieht das in einer Werkstatt produzierte Palmöl aus.

Das gewonnene Palmöl landet dann in vielen Nahrungsmitteln wie Margarine, Schokocreme, Backwaren, Fertiggerichten und sogar Wurst. Es ist äußerst vielseitig und daher ein Allrounder in der Produktion geworden. Bei Zimmertemperatur hat es eine streichfeste, cremige Konsistenz und ist lange haltbar, hitzestabil und geschmacksneutral. In Lebensmitteln wird es bei den Zutaten übrigens als “Palm”, “Palmfett” oder natürlich “Palmöl” bezeichnet.

Daneben erhalten auch Tiere wie Rinder, Geflügel und Schweine das Öl in ihrem Futter. Ein ebenso großer Teil des Öls wird zur Herstellung von Kerzen, Pflanzenschutzmitteln, Liquids für E-Zigaretten, Kunststoffen, Farben, Lippenstiften und Hautcremes verwendet. Oft findet man Palmkernöl in Reinigungsmitteln und Kosmetik. Bei diesen ist leider keine Kennzeichnung des Öls vorgeschrieben. Nicht zuletzt dient Palmöl auch als Biokraftstoff. Diese Flexibilität ist es, die das Öl so begehrt macht.

Probleme

1. Umwelt

Für den Anbau von Ölpalmen werden große Regenwaldflächen gerodet. Dieser Prozess geht mit enormen Schäden an Flora und Fauna einher. Die neu entstehende Monokultur der Ölpalme erschwert es heimischen Tieren wie Orang-Utans, Elefanten und Nashörnern, genügend Nahrung und Schutz zu finden.

Für die Tiere bedeutet die Rodung des Regenwaldes den Verlust ihres Zuhauses. Zusätzlich kommt es jetzt zum Kampf um Revier und Nahrung.

Es kommt dazu, dass bei der Rodung eine hohe Menge an Treibhausgasen freigesetzt werden. Die neuen Ölpalmen alleine sind kein Ersatz für die Regenwaldfläche und können die Schadstoffe nicht ausreichend kompensieren.

So sieht ein Stück Regenwald, ein Teil unserer “Grünen Lunge der Natur” nach der Rodung aus..

Ohne die natürlich vorkommende Mischkultur des Regenwalds werden der menschengemachte Klimawandel und damit die Erderwärmung noch schneller vorangetrieben.

Zusätzlich wird in der EU Palmöl zur Energiegewinnung und für Biodiesel verwendet und sorgt auf diese Weise für noch höhere Treibhausemissionen. Ironischerweise war gerade dieser Brennstoff eigentlich als Klimaschutzmaßnahme gedacht und deshalb durch den Staat gefördert.

2. Soziale und ökologische Probleme

Nicht nur Tiere und Pflanzen leiden unter der wachsenden Produktion von Palmöl. Besonders Kleinbauern werden von großen Konzernen durch sinkende Preise verdrängt und indigene Völker verlieren durch Vertreibung aus den Regenwaldgebieten ihre Heimat und Lebensgrundlage.

Statt an kleineren Höfen wird nun Tonnenweise mit großen Maschinen geerntet.

Viele Konzerne nehmen sich ohne Rücksicht auf Verluste Landfläche und Trinkwasser für die groß angelegte Produktion ihrer Waren.

Dabei sind gerade die Anbauweisen der Kleinbauern deutlich umweltschonender und hätten das Potenzial, nachhaltiges Palmöl zu liefern.

3. Gesundheit

Unbehandeltes oder kaltgepresstes Palmöl ist äußerst gesund und enthält zum Beispiel Vitamin E und Beta-Carotin, die als Antioxidantien Krebsvorbeugend wirken können. Außerdem verbrennt die sogenannte “Ölsäure” die LDL-Cholesterine und hat eine positive Wirkung auf den Blutdruck und den Kreislauf.

Nicht nur hübsch anzusehen, sondern auch gesund kann die Ölpalme durch die richtige Verarbeitung für uns Menschen sein.

Diese vorteilhaften Eigenschaften gehen für uns Kosument:innen jedoch verloren, wenn, wie in den meisten Fällen, industriell verarbeitetes Palmöl verwendet wird. Hier kann sogar der gegenteilige Effekt eintreten!

→ Durch das Erhitzen auf 200 Grad Celsius verschwinden die wichtigen Inhaltsstoffe im Öl und werden durch Fettschadstoffe ersetzt.

→ Dazu zählen etwa das krebserregende Glycidol, das beim Verdauen aus den Glycidol-Fettsäureresten abgespalten wird. Außerdem weitere Fettsäurereste, die eventuell nieren- und herzschädigend sein könnten.

Kritisch wird es, wenn diese Stoffe in hohem Maße und über einen längeren Zeitraum hinweg aufgenommen werden. Das trifft übrigens auch auf andere industriell hergestellte Speiseöle und -fette zu. Überprüft am besten mal selbst eure Einkäufe und achtet darauf, in welchen Produkten überall verarbeitetes Palmöl steckt!

RSPO-Zertifizierung - Nachhaltig oder Greenwashing?

Wer trotz der negativen Aspekte von Palmöl nicht darauf verzichten möchte, ist eventuell schon auf die RSPO-Zertifizierung gestoßen. Diese steht für “Roundtable of Sustainable Palm Oil” und verspricht theoretisch einen nachhaltigen und umweltfreundlichen Palmölanbau.

Das RSPO wurde vom WWF ins Leben gerufen. Palmöl-Produzenten können sich hier freiwillig beteiligen, um den Anbau von Palmöl besser zu kontrollieren. Es werden einige Mindeststandards genannt, die auf dem Papier auch sehr gut klingen, wie zum Beispiel:

  • Schutz von Tier- und Pflanzenarten
  • Schutz von Wasser, Boden und Luft
  • Menschenrechte (Verbot von Kinder- und Zwangsarbeit und keine Enteignung)
  • Inklusion und Förderung von Kleinbauern
  • Kontrolle der Plantagen durch unabhängige Prüfer
  • Transparenz
  • Einsatz von Pestiziden reduzieren und dokumentieren

Doch, wie so oft, kommt es auch hier zu Kritik am Zertifikat und Vorwürfen von Greenwashing. Es sei bei weitem nicht so transparent, wie es die Mindeststandards verlangen und selbst diese sind nach Auffassung von anderen Umwelt- und Tierschutzorganisationen nicht ausreichend.

Einer der Punkte verbietet zum Beispiel die Rodung besonders schützenswerter Wälder. Doch wer legt fest, was schützenswert ist und wer schützt die anderen Wälder? Hochgiftige Pestizide dürfen weiterhin benutzt werden, auch wenn eine Reduzierung angestrebt wird.

In einigen Palmöl-Produktionen werden noch immer giftige Pestizide eingesetzt.

Gleichzeitig gibt es Hinweise darauf, dass Mitglieder des RSPO einige Regel nicht ganz so streng sehen und weiterhin Waldflächen roden.

Jeden Tag wird Regenwald in der Fläche mehrerer Fußballfelder dem Erdboden gleich gemacht.

Palmölfreie Alternativen

Zum Schutz von Tier und Mensch sollten wir als Verbraucher langsam aber sicher nachhaltige Alternativen für uns entdecken. Von Produkt zu Produkt gestaltet sich dieses Unterfangen unterschiedlich schwer.
Hier ist eine kleine Checkliste, die euch hoffentlich dabei hilft, Palmöl zu vermeiden:

1. Frisch und selbstbestimmt kochen!
Anstatt die Tiefkühlpizza vom Discounter zu essen, kocht man eine eigene, gesunde und umweltfreundlichere Kreation mit Sonnenblumen-, Oliven- oder Rapsöl. Denn häufig findet sich Palmöl in Fertiggerichten und verarbeiteten Nahrungsmitteln.

2. Apps nutzen!
Mit Apps wie codecheck könnt ihr Produkte im Supermarkt scannen und erhalten dann Informationen darüber, ob Palmöl Teil der Zutatenliste ist. Häufig versteckt es sich hinter komplizierten, chemischen Begriffen. Gleiches gilt auch für Waschmittel und Kosmetika.

3. Mit dem Fahrrad, öffentlich oder zu Fuß unterwegs!
So wird die Nutzung von Biokraftstoff reduziert und ihr tut dabei noch etwas für die Gesundheit.

4. Zertifiziertes Palmöl!
Neben RSPO gibt es noch weitere Zertifizierungen, allerdings kann auch hier Greenwashing nicht ganz ausgeschlossen werden – macht euch am besten selbst schlau!

Wo Palmöl sogar sinnvoll ist? Weitere Infos bekommt ihr in diesem Video:

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