Neue Kleidung: Schnell und günstig – Was steckt hinter "Fast Fashion"?

Juni 2022
Fotograf:in: Photo Mix, Copyright: Bild von Photo Mix auf Pixabay

Fast Fashion beschreibt ein beschleunigendes Geschäftsmodell der Kleidungsindustrie, bei dem Mode-Kollektionen trend- und gewinnorientiert entworfen, hergestellt und vertrieben werden. Sie steht demnach für kurzlebige Modebekleidung, die mit billigen Materialien und unter schlechten Arbeitsbedingungen hergestellt wurde. Die weltweite Distribution solcher Kleider stellt eine enorme Belastung für die Umwelt dar.

Das Phänomen Fast Fashion

Viel und ständig neue Auswahl zu günstigen Preisen - das garantieren Anbieter von Fast Fashion, also “schneller Mode”. Doch dieser Modetrend wirkt sich auf lange Sicht schädlich für uns selbst und unsere Umwelt aus - deshalb lohnt es sich, ein wenig genauer zu überprüfen, was wir uns da über die Haut streifen.

Labels, die Fast Fashion Kleidung anbieten, werben mit ständig wechselnden Kollektionen und vor allem günstigen Preisen. Gerade letzteres ist für viele Käufer:innen wichtig, denn nicht jeder kann es sich leisten, bei teuren Läden einzukaufen. Vor allem Teenager und junge Erwachsene verspüren durch ihr soziales Umfeld, Werbung und Social Media den Druck oder das Bedürfnis, dem neuesten Modetrend zu folgen, können sich von ihrem Taschengeld oder Lohn aber keine Markenkleidung oder besonders wertige Produkte leisten.

Die Modeindustrie kommt diesem Bedürfnis nach, indem neue Trends sofort aufgegriffen und sogar Schnitte von Designer:innen dreist kopiert und billig nachproduziert werden. Das hat schon mehrmals zu Anschuldigungen gegen entsprechende Modeketten geführt.

Soziale Perspektiven

Viel eindringlicher noch sind die schlechten Arbeitsbedingungen unter denen die Produktion solcher Kleidungsstücke vonstattengeht. Fast Fashion wird meist im asiatischen Ausland, mit billigen Materialien und zu schlechten Löhnen produziert. Daneben sind die Arbeitsbedingungen nicht gesetzlich geregelt, wie etwa in der EU - vielmehr müssen Arbeiter:innen hier, ohne gewerkschaftlichen Schutz, lange Arbeitstage, schlechte hygienische Bedingungen und sogar verbale Anfeindungen und sexuelle Belästigung ertragen.

Näher:innen in einer Textilfabrik
Näher:innen sitzen dicht an dicht in einer grell ausgeleuchteten Textilfabrik.

Von diesen Orten aus wird die Kleidung in die ganze Welt verschifft und landet schlussendlich beim Einzelhändler. Dort hängt die Kollektion kurz im Laden und wird schon nach wenigen Wochen in den Schlussverkauf übergeben. Fast Fashion Retailer halten sich dabei nicht an den früher gängigen Modezyklus von einer Kollektion pro Jahreszeit, sondern bieten etwa zwölf verschiedene Kollektionen pro Jahr an. Manche sorgen sogar für wöchentlichen Nachschub und kommen auf bis zu 50 Kollektionen in einem Jahr.

Im Schnitt kauft eine Person in Deutschland 60 Kleidungsstücke pro Jahr, trägt sie allerdings nur noch halb so lange wie noch vor 15 Jahren. Pro Jahr sind das etwa 10kg pro Person. Zum Vergleich: In den USA sind es rund 16 kg und in Afrika/Nahost dagegen nur etwa 2 kg.

Von 2000 bis 2014 hat sich die Produktionskraft von Fast Fashion verdoppelt. Zu diesem Zeitpunkt wurden mehr als 100 Milliarden neue Kleidungsstücke pro Jahr hergestellt. Damit hat sich die Menge jährlich produzierter Kleidung seit Beginn der 2000er Jahre verdoppelt. Zeitgleich hat sich auch der Absatz von schnell produzierter Kleidung auf 1,8 Billionen US-Dollar verdoppelt und wird bis 2025 auf ca. 2,1 Billionen geschätzt.

Ökologische Perspektiven

Vergleichbar angestiegen sind auch die Folgen für unsere Umwelt: Durch die Produktion, den Warentransport und die Nutzung der Kleidung im Alltag (waschen/ trocknen), werden jedes Jahr über 850 Millionen Tonnen Kohlendioxid-Emissionen ausgestoßen.

Der Lebensweg eines Fast Fashion-Produktes ist kein schöner - denn so wenig nachhaltig wie er anfängt, so endet er auch wieder.

  • Zunächst werden für den Anbau klassischer Baumwolle große Mengen an Dünger und Pestiziden eingesetzt, um der großen Nachfrage nach Material gerecht werden zu können. Außerdem zählt Baumwolle als die Kulturpflanze, die am meisten Wasser für die Produktion benötigt. Die Produktion von einem Kilogramm Baumwolle verbraucht rund 20.000 Liter Wasser.

  • Gleichzeitig wird Erdöl chemisch synthetisiert und zu Textilien weiterverarbeitet. So entstehen die synthetischen Faser Polyester, aus der ein Großteil der billigen Kleidung hergestellt wird. Im Vergleich zu der Arbeit mit erneuerbaren Energien sind die CO2-Emissionen durch das fossile Erdöl fast dreimal so hoch wie bei der Herstellung von Baumwolle.

  • Besonders der Baumwollanbau und die Textilherstellung verschmutzen die Gewässer in den Herstellungsländern.

  • Die Energie für die Herstellung wird aus Kohlekraftwerken entnommen. Bei der Herstellung der Fasern werden nämlich noch eine Menge Energie und Chemikalien gebraucht, damit der Stoff bearbeitet werden kann. Auch in den Textilfabriken wird laut Greenpeace mit über 70 verschiedenen gesundheits- und umweltschädlichen Chemikalien gearbeitet.

  • Solche synthetischen Fasern, die häufig noch mit Weichmachern und Flammschutzmitteln behandelt werden, lösen sich sogar später noch in der Waschmaschine und können so in die Umwelt und in die Nahrung von Tieren gelangen.

  • Die fertigen Kleidungsstücke werden in Container verpackt und für den Versand zu den Retailern vorbereitet. Von dort aus exportieren große Containerschiffe die Ware zu den jeweiligen Märkten in der ganzen Welt.

Ist das Produkt nun im Laden oder bei uns zuhause angekommen, wird es also gewaschen und getragen. Die Kleidung ist aus Kurzlebigkeit ausgelegt, weshalb sie (besonders durch häufiges Waschen, bei dem sich die Mikrofasern ablösen) schnell kaputt geht. Das Material ist von schlechter Qualität, was häufig schon beim Tragen auf der Haut auffällt. Nicht selten reagieren Menschen mit Ausschlägen oder vermehrtem Schwitzen, wenn der Synthetikanteil eines Kleidungsstücks größer als der Baumwollanteil ist. Dazu kommt, dass es ja bald schon wieder neue, günstige Mode gibt, durch die wir unsere alten Kleidungsstücke gerne ersetzen würden. Das propagiert zumindest die Industrie und bietet sogar an, die alte Kleidung gegen Rabattgutscheine auf das eigene Sortiment direkt beim Retailer abzugeben (H&M). Damit sind die Weichen für den nächsten Einkauf gestellt und die Kund:innen sind die alte Kleidung direkt los - aus den Augen aus dem Sinn.

Tatsächlich ist die fachgerechte Entsorgung gar nicht so einfach. Jährlich werden enorme Mengen an Kleidung weggeschmissen.

  • Die ursprüngliche Idee, die Fasern zur Herstellung neuer Kleidung zu nutzen, ist aufgrund der billigen Materialien kaum noch umsetzbar. Die Qualität der Synthetik-Mischfasern ist zu schlecht, um die Kleidung für den Second-Hand Markt aufbereiten zu können oder kostentechnisch nicht rentabel. Somit wird die meiste Fast Fashion am Ende geschreddert und zu Putzlappen oder Isolierstoff verarbeitet.

  • Auch der Import solcher Altkleider führt zu größeren Krisen. Chile ist als einer der größten Importeure von Altkleidern Lateinamerikas bekannt. Seit Jahren werden hier Altkleider importiert und weiterverkauft oder entsorgt.

Pro Tag kommen hier tonnenweise Stoffe und Kleidungsstücke an, von denen vielleicht noch etwa die Hälfte weitergenutzt werden kann - die restlichen Stücke taugen nur noch für den Müll. Jeden Tag wird die ganze Kleidung entsorgt - aufgrund der Mengen passt sie nicht in normale Mülltonnen und wird deshalb direkt vor die Haustüre der Händler:innen von Alto Hospicio, in der schönen Küstenwüste Atacama abgeladen. Jährlich werden dort etwa 40.000 Tonnen Kleidung aufgehäuft.

Junge entsorgt Müll in der Wüste
Müll und ungewollte Kleidung werden einfach am Straßenrand oder wie hier, hinter der nächsten Sanddüne, abgeladen.

Dieselbe Problematik spielt sich auch in anderen Ländern ab. Das Second Hand System ist durch Fast Fashion überlastet und funktioniert nicht mehr wie früher. Heute weiß keiner mehr so recht, wohin eigentlich mit der ganzen Kleidung. Anstatt nach einer langfristigen Lösung zu suchen, wird der Müll einfach irgendwo abgeladen, oft sogar in der Natur. Die Exporteure, z.B. USA, China, Deutschland, UK, Frankreich, Südkorea, Japan, Belgien, Niederlande und Malaysia, sehen den Müll als außerhalb ihres Zuständigkeitsbereiches an.

Als eine Art Gegenbewegung kann der Trend "Slow Fashion" gesehen werden, der sich in den letzten Jahren entwickelt hat. Hierbei stehen, ganz im Kontrast zu Fast Fashion, eine nachhaltige Produktion und die Langlebigkeit der Mode im Fokus.

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