Revolutionäre Ernährung: Klimafreundliche Proteine aus CO2

Juni 2024
Fotograf:in: Daryana casson, Copyright: CC0 Pexels

Der Anstieg des atmosphärischen CO2-Gehalts ist eine der Hauptursachen für die Klimaerwärmung, die erhebliche Auswirkungen auf die globale Nahrungsmittelversorgung haben wird. Ernteausfälle und die damit einhergehende Unsicherheit in der Lebensmittelproduktion sind besorgniserregende Folgen, die wir bereits jetzt spüren. Gleichzeitig ist eine ausreichende Proteinversorgung essentiell für die menschliche Ernährung, da Proteine elementare “Bausteine des Lebens” sind.

Angesichts dieser Herausforderungen forschen innovative Start-ups an Wegen, wie CO2 nicht nur gebunden, sondern auch in wertvolle Nahrungsmittel umgewandelt werden kann.

Deren innovative Verfahren zeigen, dass die Verbindung von Umweltschutz und Ernährungssicherheit möglich ist. In diesem Artikel stellen wir euch exemplarisch drei Start-ups vor, die CO2 in Proteine umwandeln.

Econutri: "Carbon-Utilization"

Das Grazer StartUp Econutri widmet sich der Erforschung und Nutzung von speziellen, natürlich vorkommenden Mikroorganismen, die in der Lage sind, Kohlenstoffdioxid als Ressource (also als Kohlenstoffquelle) zu verwerten.

Durch die Zugabe von Wasserstoff und Sauerstoff in einem Bioreaktor wird dieser Mikroorganismus befähigt, das CO2 aufzunehmen, zu verdauen und dann hochwertige und nachhaltige Proteine zu synthetisieren.

Sobald die Bakterien im Bioreaktor ausreichend vermehrt sind und genug CO2 umgesetzt haben, werden sie durch Erhitzen abgetötet. Anschließend gelangt die entstandene Biomasse in einen Separator, wo die Proteine von der Flüssigkeit weitgehend getrennt werden. Im abschließenden Schritt erfolgt die Trocknung der Proteine. Das Endprodukt ähnelt dem Pulver, das in Proteinshakes für Sportler verwendet wird. Es kann sowohl in Futtermitteln für Fische als auch in Lebensmitteln Anwendung finden.

Das Start-up entwickelt aus den synthetisierten Proteinen verschiedene Inhaltsstoffe, die in verschiedenen Verarbeitungsprozessen gewonnen werden.

Bei der Herstellung des Proteins liegt der Fokus auf einer energieeffizienten Gewinnung von CO2. Besonders gut funktioniert dieser Prozess in industriellen Umgebungen, in denen CO2 ohnehin in (zu) hoher Konzentration verfügbar ist.

Das Endprodukt dieses Verfahrens ähnelt dem Whey-Protein, das aus der Sportnahrung bekannt ist. Prinzipiell soll dieses Proteinpulver von Menschen genauso verwendet werden können wie herkömmliche Proteine.

Aus dem Prozess der "Carbon-Utilization" entstehende Proteine sollen genauso in der alltäglichen Ernährung verwendet werden können, wie WheyProtein auch.

Arkeon: Nachhaltiges und ethisches Ernährungssystem

Nur wenige hundert Kilometer entfernt, in Wien, hat sich das Start-up Arkeon Biotechnologies darauf spezialisiert, Kohlendioxid in Aminosäuren für die menschliche Ernährung umzuwandeln. Arkeon ist das erste Unternehmen weltweit, das die Technologie der Gasfermentation mit Archaeen, speziellen Mikroorganismen mit einzigartigen Eigenschaften, für die Lebensmittelproduktion nutzt.

Dank der firmeneigenen Technologie können nun alle 20 für die menschliche Ernährung essentiellen Aminosäuren in einem einzigen Produktionsschritt hergestellt werden. Das übergeordnete Ziel ist die Entwicklung eines Ernährungssystems, das sowohl nachhaltig und nahrhaft als auch ethisch vertretbar ist.

Solar Foods: Nachhaltige Proteine für alle

In Finnland verfolgt das Start-up Solar Foods seit 2017 einen ähnlichen Ansatz wie Econutri. Auch hier werden Proteine aus CO2 hergestellt. Das dort hergestellte Proteinpulver Solein wird aus CO2 aus der Luft gewonnen und durch den Einsatz von Strom in Protein umgewandelt. Dieses ähnelt in Aussehen und Geschmack Weizenmehl und soll laut Unternehmen als Nahrungsergänzungsmittel dienen. Mit einem hohen Proteingehalt von bis zu 70 Prozent wird es zudem als Ersatz für Soja und als Alternative zu tierischem und pflanzlichem Eiweiß betrachtet. Weiterhin enthält es etwa fünf bis zehn Prozent Fett sowie 20 bis 25 Prozent Kohlenhydrate.

Außerdem lassen sich aus dem Proteinpulver verschiedene Lebensmittel wie Brot, Spaghetti, Tofu oder sogar Eis herstellen. Laut dem Hersteller wurden insgesamt bereits 20 verschiedene Gerichte aus Solein entwickelt. Ein Kilogramm des Pulvers reiche aus, um den täglichen Proteinbedarf von sieben bis zehn Personen zu decken.

Der Herstellungsprozess

Im Detail läuft der Herstellungsprozess wie folgt ab: Treibhausgase werden aus der Luft gefiltert und in einen Tank geleitet, wo sich Bakterien mithilfe von Stickstoff und Wasserstoff vermehren. Diese Mikroorganismen werden dann mit Phosphor und Kalzium fermentiert. Der Vorgang ähnelt der Fermentation von Joghurt oder der Gärung von Bier. Die resultierende Masse wird anschließend getrocknet, wodurch das gelbe Solein-Pulver entsteht. Die derzeitige Pilotanlage produziert täglich etwa ein Kilogramm Solein und entzieht der Luft dafür zwei Kilogramm Kohlendioxid.

Seit 2017 arbeitet Solar Foods daran, Solein aus aus der Luft gewonnenem CO2 herzustellen - mit Erfolg: das Proteinpulver enthält bis zu 70% Eiweiß!

Solein: Revolutionäre Lösung gegen den Klimawandel

Auch im Kontext des Klimawandels ist das Herstellungsverfahren von Solein revolutionär. Im Gegensatz zu den Treibhausgasemissionen, die durch die moderne Landwirtschaft verursacht werden, entsteht bei der Produktion von Solein kein CO2. Stattdessen wird dieses sogar für den Prozess genutzt. Zudem entfällt die Notwendigkeit, Tiere zu züchten oder große Anbauflächen zu bewirtschaften.
Landwirtschaftlich genutzte Flächen könnten wieder aufgeforstet werden, was zusätzliches CO2 bindet.
Ziel ist es, ein Proteinprodukt zu entwickeln, das in Bezug auf die Umweltauswirkungen 10- bis 100-mal besser abschneidet als Fleisch oder derzeit verfügbare Fleischersatzprodukte.

Die Klimakrise stellt außerdem eine ernsthafte Bedrohung für die weltweite Nahrungsmittelversorgung in Form von Ernteausfällen dar. Die hier beschriebene Methodik hat nicht nur das Potenzial, das Treibhausgas in nützliche Nahrungsmittel umzuwandeln, sondern auch gleichzeitig zukünftige Engpässe in der Versorgung zu vermeiden.

So geht es mit Solar Food weiter

Solar Foods hat seine Fleischalternative bisher nur in Singapur zugelassen bekommen und darf sein gelbes Proteinpulver auch nur dort vertreiben. Das Unternehmen plant jedoch, dies zu ändern. Im Gegensatz zur Europäischen Union, in welcher das Start-up seit zwei Jahren auf die Zulassung wartet, setzt der Stadtstaat Singapur verstärkt auf Lebensmittel-Innovationen, da dort kaum landwirtschaftliche Flächen vorhanden sind.

Kritiker bemängeln jedoch, dass pflanzliche und tierische Lebensmittel mehr Nährstoffe als nur Protein enthalten sollten. Diese zusätzlichen Nährstoffe müssten bei der Produktion von Solar Foods beigefügt werden, was wiederum Emissionen verursachen würde.

Übrigens: Die ursprüngliche Idee stammt von der NASA und wurde am finnischen Forschungszentrum für Technologie (VTT) sowie an der Technischen Universität Lappeenranta im Südosten Finnlands weiterentwickelt. Aus dem gemeinsamen Forschungsprojekt "Food From Electricity" entstand das Verfahren, auf dem Solar Foods heute aufbaut.

Lust auf mehr?!

  • https://marie.wko.at/nachhaltigkeit/startup-des-monats-april-arkeon-biotechnology.html
  • https://www.20min.ch/story/co2-junge-start-ups-verwandeln-co2-in-lebensmittel-103083432
  • https://www.handelsblatt.com/unternehmen/energie/start-up-check-solar-foods-verarbeitet-co2-zu-lebensmitteln/29453300.html
  • https://www.bve-online.de/themen/nachhaltigkeit/nahrung-aus-co2-1
  • https://science.orf.at/stories/3223976/
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