Das Enzym „Huc“ - eine mikroskopische Brennstoffzelle?!

Juli 2023
Fotograf:in: geralt, Copyright: CC0 Pixabay

In Melbourne wurde ein Enzym entdeckt, welches Luft in Energie und elektrischen Strom umwandeln kann. Dafür nutzt es geringe Mengen an Wasserstoff, die sich in der Luft bewegen. Haben wir es mit einem Durchbruch der Energiewende zu tun? Erfahrt hier mehr über das Enzym Huc!

Was sind überhaupt Enzyme?

Als Enzyme werden biochemische Katalysatoren, also Beschleuniger einer chemischen Reaktion, bezeichnet, die an zahlreichen Reaktionen des Körpers beteiligt sind, unter anderem Stoffwechselprozessen. Während der jeweiligen Reaktion, die die Enzyme katalysieren, werden sie nicht verbraucht. Aufgebaut sind Enzyme aus Aminosäuren; sie gehören also zu den Proteinen.
In der Regel kann ein Enzym nach dem Schlüssel-Schloss-Prinzip nur ein spezifisches Substrat in ein Endprodukt umwandeln.

Das „Huc-Enzym“

Gefunden wurde das Enzym bei der Erforschung des Bakteriums Mycobacterium smegmatis. Dies ist stäbchenförmig und zwischen 0,003 bis 0,005 Millimeter lang.
Es lebt in der Regel im Erdboden, ist generell gut erforscht und verursacht keine Krankheiten. Das Ziel war es, das Enzym aus einem Bakterium zu isolieren, welches in der Lage ist, Wasserstoff der Atmosphäre zu verwerten, um zu verstehen, wie Bakterien es schaffen in kargen Lebensbedingungen wie in antarktischen Böden, der Tiefsee oder Vulkankratern, zu überleben. Dazu mussten zunächst neue Methodiken entwickelt werden, mit denen die Bakterien gezüchtet, im Anschluss aufgebrochen und letztlich die Enzyme isoliert werden konnten.

In einem Bodenbakterium wurde das Enzym erstmals gefunden.

Mittels fortschrittlicher Mikroskopie (Kryo-EM) wurden die elektrischen Bahnen des Enzyms und dessen atomare Struktur bestimmt. Durch eine elektrochemische Vorgehensweise war es dann möglich, nachzuweisen, dass das isolierte und gereinigte Enzym bereits bei geringsten Konzentrationen von Wasserstoff Strom erzeugen kann.

Somit ist das Enzym höchst effizient: Im Gegensatz zu allen anderen bisher identifizierten chemischen Katalysatoren und Enzymen, verbraucht es bereits Wasserstoff unterhalb der atmosphärischen Konzentration, was nur 0,00005 % der Luft die wir atmen, entspricht.

Eine weitere positive Eigenschaft des Enzyms ist seine lange Lagerungsdauer: Es ist sehr stabil, kann eingefroren werden und auf bis zu 80 Grad Celsius erhitzt werden, ohne seine Fähigkeit, Energie zu erzeugen, zu verlieren.

Die Relevanz von Huc

Das Forschungsteam rund um das Enzym hat bereits einige Ideen, wie man Huc einsetzen könnte. Beispielsweise könnte es als äußerst empfindlicher Sensor für Wasserstoff funktionieren, da das Enzym ja immer Strom produziert, wenn Wasserstoff präsent ist.

Mithilfe des Enzyms wird es in der Zukunft vielleicht möglich sein, kleinere elektronische Geräte zu betreiben.

Wesentlich spannender im Hinblick auf Nachhaltigkeit ist jedoch die Möglichkeit der Nutzung des Enzyms für kleinere elektronische Geräte. Diese würde so funktionieren, dass das Enzym die Geräte antreibt, indem es aus geringen Mengen Wasserstoff oder der Luft Energie gewinnt. Dies wiederum würde die Geräte zu einer unfassbar sauberen und nachhaltigen Energiequelle machen. Falls es in der Zukunft möglich ist, Huc in großen Mengen zu produzieren, solle laut den Forscher:innen des Projekts den Möglichkeiten der Erzeugung sauberer Energie mittels des Enzyms keine Grenzen gesetzt sein!

Abwegig sei dies nicht, da Enzyme wie Huc weit verbreitet sind und in der Theorie auch in großen Mengen gezüchtet werden könnten. So könnten mit Enzymbatterien tragbare Geräte wie Mobiltelefone oder Laptops betreiben werden. Auch medizinische, am Körper getragene oder implantierte Überwachungsgeräte könnten auf Basis der Leistungsfähigkeit von Huc betrieben werden.
Weiterhin im Rahmen des Möglichen könnten die Stromversorgung von unterschiedlichen Fernerkundungsgeräten wie Radargeräten, Satelliten- oder unterirdischen Sensoren sein, was die Abhängigkeit von Sonnenenergie eliminieren würde.
So wären beispielsweise Batterien möglich, die immer geladen sind, solange sie Kontakt mit der Luft haben, ganz ohne Solarzellen, ohne externe Stromquelle!

Ein großer Schritt für die Wissenschaft

Auch auf wissenschaftlicher Ebene ist die Entdeckung des Enzyms von größtem Interesse. Sie trägt dazu bei, unser Wissen darüber zu erweitern, wie unser Planet funktioniert: Zwischen 60 und 80% der Bakterien in Böden, vor allem nährstoffarmen, besitzen Enzyme wie das Huc-Enzym und nehmen ständig Wasserstoff zu sich. Pro Jahr kommen diese Bakterien in etwa auf eine Gesamtabsorption von 70 Millionen Tonnen Wasserstoff, was einen großen Einfluss auf die Zusammensetzung unserer Atmosphäre hat.
Mehr Verständnis und Wissen zur Biochemie dieses Prozesses könnte dazu beitragen, neue Möglichkeiten zur Stabilisierung des Klimas zu finden. Zur Original-Studie mit allen Details geht es hier!

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