Antarktis – Ein Kontinent im Wandel?

September 2023
Fotograf:in: Derek Oyen, Copyright: Unsplash

Mit welchen Problemen hat die Antarktis zu kämpfen? Welche Bedrohung stellen die in der Westantarktis entdeckten Vulkane dar und wie wirkt sich der Klimawandel dort aus?
Die Antarktis ist ein Schauplatz unberührter Natur und bildet das Zuhause vieler einzigartiger Tierarten. Im Folgenden werfen wir einen Blick auf den südlichsten Kontinent unserer Erde und sehen uns an, wie seine Zukunft verlaufen könnte.

Die Erwärmung der Antarktis: Ein Domino-Effekt

Eine einzelne Veränderung bzw. ein einziger Eingriff in das fragile Ökosystem der Antarktis kann eine ganze Reihe an Komplikationen nach sich ziehen. Dies nennt man “Domino-Effekt”: Ein ursächliches Ereignis oder Phänomen, wie schwankende Temperaturen, bringen alles, was für so lange Zeit aufeinander eingespielt war, durcheinander und lösen eine Kettenreaktion aus. Seit 1950 sind die durchschnittlichen Temperaturen der Antarktischen Halbinsel um 2,6 Grad Celsius angestiegen. Lediglich in der Arktis, allen voran auf Spitzbergen, schreitet die Erwärmung noch schneller voran.
Die Ausmaße, die die Gletscherschmelze annimmt, sind besorgniserregend, denn je größer die Veränderungen, desto weitreichender sind die indirekten Auswirkungen und desto unwahrscheinlicher ist eine eventuelle Regeneration des Ökosystems.

Die Biodiversität ist bedroht

Sei es eine Folge der Erderwärmung oder eine natürliche Schwankung; das Meereis rund um den Südpol befindet sich im Wandel: Das Packeis – die häufigste Form des Meereises – schwindet immer schneller. Dabei ist Packeis für die Tiere der Antarktis lebensnotwendig. Kaiserpinguine beispielsweise legen dort ihre Eier ab und ziehen den Nachwuchs groß. In bestimmten Kolonien reduzierte sich die Fortpflanzungsrate wegen des schwindenden Packeises um sage und schreibe 80%.
Nicht nur für Pinguine stellt Packeis einen Rückzugsort dar; auch Algen besiedeln das Eis. Schwindet das Packeis, so verliert das Ökosystem also auch einen Teil des Anlagenbestandes. Krill wiederum – ein entscheidendes Glied in der Nahrungskette und die Beute von Seevögeln, Fischen, Walen etc – ernährt sich von Algen. Aufgrund von Änderungen im Verhalten der Algen schrumpft aktuell auch das Krillvorkommen.

Rückkopplungseffekte

Die Klimakrise verschärft sich und die Folgen der globalen Erderwärmung nehmen ungeahnte Ausmaße an. Die steigenden Temperaturen bringen das Eis an den Polkappen zum Schmelzen, was Einfluss auf den sogenannten Albedo-Effekt nimmt. Sonnenstrahlung trifft auf den bloß gelegten Ozean, dessen Oberfläche dunkler und dessen Albedo geringer ist, als die des Eises. Daraus ergibt sich, dass das Südpolarmeer zunehmend Sonnenenergie aufnimmt, was wiederum zur Folge hat, dass die Temperatur des Wassers steigt. Die Meeresströmungen, die die großen Weltmeere miteinander verknüpfen, sorgen dafür, dass man diese Temperaturunterschiede weltweit zu spüren bekommt.

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Behaltet das Phänomen der steigenden Wassertemperaturen im Kopf, während wir zum nächsten Punkt kommen.

Der Weltuntergangs-Gletscher – eine tickende Zeitbombe?

Der Thwaites-Gletscher wird auch "Weltuntergangs-Gletscher" genannt, denn sein Kollaps würde in einem extremen Meeresspiegelanstieg enden. Thwaites ist besonders exponiert, denn im Gegensatz zum ostantarktischen Eisschild liegt er nicht auf festen Landmassen auf, sondern ruht auf dem Meeresboden. Folglich wird der gigantische Gletscher direkt mit dem wärmeren Meerwasser konfrontiert. Sollte es zum Kollaps des Thwaites Gletscher kommen, so würde vermutlich der gesamte westantarktische Eisschild destabilisiert werden.

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Die thermohaline Zirkulation wird abgeschwächt

Das kalte Polarwasser und der Prozess der Meereisbildung treiben die Tiefenwasserbildung an, die wiederum der thermohalinen Zirkulation neue Kraft verleiht. Auch darum nehmen die Entwicklungen, die momentan in der Antarktis zu beobachten sind, Einfluss auf das globale Klima: Die Eisschmelze könnte darin resultieren, dass die thermohaline Zirkulation innerhalb der nächsten 30 Jahre um 40% an Geschwindigkeit verliert. Der Salzgehalt nimmt nämlich nicht nur ab, wenn sich kein neues Eis bildet, sondern auch, wenn Gletscher schmelzen und das bis dato gespeicherte Süßwasser ins Meer gelangt. Das hätte eine ganze Reihe an Konsequenzen.

Mehr dazu erfahrt ihr in unserem Artikel “Die ungewisse Zukunft bedeutender Meeresströmungen”.

Der Einfluss subglazialer Seen auf die Gletscherbewegungen

Informationen über den Untergrund eines Gletschers geben Rückschlüsse auf seine Fließgeschwindigkeit: Geröll hält den Gletscher z.B. eher zurück als weichere Sedimente oder Wasser. Neu gewonnene Erkenntnisse über die Bodenverhältnisse ermöglichen also auch Prognosen über die Geschwindigkeit, mit der der Gletscher ins Meer strömen wird.

Der Südpol verfügt über 80% des weltweiten Süßwasserreservoirs.

Heute weiß man, dass tief unter dem Eisschild des Südpols zahlreiche Seen verborgen liegen, die untereinander durch Flüsse, die mehrere hundert Kilometer weit reichen, verbunden sind.
Entdeckt wurde diese Seenlandschaft erstmals, als Forscher:innen kleine Sprengladungen in einer Tiefe von zwei Metern explodieren ließen, um die dadurch verursachten Schallwellen zu verfolgen. Die Forscher konnten die Schallreflexion dann mit sogenannten Geophonen, die auf der Oberseite des Gletschers stationiert wurden, einfangen und auswerten. Wasser in flüssiger Form weist eine Schallreflexion auf, die sich deutlich von der von Eis oder Gestein unterscheidet. Das Muster der Schallwellen ließ die Forscher:innen also auf die ihnen zugrunde liegenden geologischen Schichten schließen und gab Aufschlüsse über die Existenz und die Lage der Seen.

Die schlechte Neuigkeit ist nun, dass diese subglazialen Wasservorräte die Geschwindigkeit, mit der Teile des Gletschers in das offene Meer fließen, erhöhen. Das könnte Auswirkungen auf den weltweiten Meeresspiegelanstieg haben.

Vulkanische Unruhen in der Antarktis?

Tief unter der Schneedecke der Westantarktis, die mehrere Kilometer tief reicht, schlummern mindestens 138 Vulkane – Jedenfalls ist das die Zahl der bisher entdeckten Vulkane. Es ist die Befürchtung der Wissenschaftler:innen, dass die Gletscherschmelze Einfluss auf die vulkanische Aktivität nimmt, deren Eruption wiederum das Eis noch schneller schwinden lassen würde.
Das Schmelzen der Gletscher wirkt sich insofern auf die vulkanische Aktivität aus, als dass der Druck, den das Eis bislang von oben auf die Magmakammern ausübte, langsam abnimmt. Das Gewicht der Eisdecke schließt das Magma in der Magmakammer ein und hält es dadurch in Schach. Führt man dieses Gedankenspiel weiter, so erleichtert die Gletscherschmelze die vulkanische Aktivität wortwörtlich und im übertragenen Sinne.

Zwei der antarktischen Vulkane – Mount Melbourne und Mount Rittmann – setzen aktuell Gase frei. Auch Mount Erebus gibt Anlass zur Sorge, da man bereits aufsteigenden Dampf sowie ausgetretene Asche beobachten konnte. Das zeugt davon, dass der Vulkan aktiv ist. Genaue Prognosen zu potenziellen Ausbrüchen und deren Häufigkeit lassen sich noch nicht aufstellen.

  • https://www.theguardian.com/world/2017/aug/12/scientists-discover-91-volcanos-antarctica
  • https://www.spiegel.de/wissenschaft/natur/antarktis-forscher-entdecken-unterirdische-seen-unter-gletscher-a-1259943.html#Inhalt
  • https://www.science.org/doi/10.1126/science.abm3301
  • https://www.arte.tv/de/videos/113043-092-A/panik-in-der-antarktis/
  • https://www.arte.tv/de/videos/098814-013-A/mit-offenen-karten/
  • https://www.zeit.de/online/2009/20/erde-sd-eisschmelze
  • https://www.deutschlandfunk.de/vulkanausbrueche-in-der-antarktis-brodeln-unter-dem-eis-100.html
  • https://www.umweltbundesamt.de/themen/wasser/antarktis/die-antarktis/das-klima-der-antarktis/klimawandel-in-der-antarktis#auswirkungen-auf-das-sudpolarmeer-und-antarktische-lebewesen
  • https://www.sn.at/panorama/wissen/nasa-wohl-negativrekord-meereisausdehnung-antarktis-145933849
  • https://www.sueddeutsche.de/wissen/antarktis-gletscher-wasserreservoir-1.5579473
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