Verheerender Müllexport nach Asien – gibt es ausreichende Lösungen?

Februar 2024
Copyright: Bild von vkingxl auf Pixabay

Die Verschmutzung unseres Planeten durch Unmengen an Müll ist ein Problem, von dem sowohl Ozeane, Flüsse, Seen, aber auch einige Landstriche und inzwischen sogar das Weltall betrifft!

Schon gewusst?
Angaben der Vereinten Nationen zufolge gelangten bereits um die 100 Millionen Tonnen Plastikmüll ins Meer.

Doch weder wird die Produktion von Kunststoffartikeln eingestellt, noch kann der von uns produzierte Müll nach jetzigem Stand zur Genüge umweltschonend wiederverwertet und recycelt werden. Nach Angaben der Umweltorganisation Greenpeace sind es gerade einmal 9% der weltweit produzierten Kunststoffabfälle, die tatsächlich wiederverwertet werden. Doch was geschieht mit unserem Müll, wenn er nicht recycelt wird?

Der Großteil unseres Abfalls wird entweder verbrannt, landet in der Natur oder auf illegalen Mülldeponien. Im Falle westlicher Länder gilt das besonders für Kunststoffabfall – kann dieser bei uns nicht entsorgt werden, wird er nicht selten in südostasiatische Länder wie Thailand, Malaysia, Vietnam etc. versendet. Was genau dies aber für diese Länder und den allgemeinen Stand des Müllaufkommens bedeutet, erklären wir in diesem Artikel.


Plastik Verfrachtung nach Südostasien

Weltweit steigt die Zahl an produziertem Kunststoffabfall fortwährend an. Gründe hierfür sind beispielsweise in der gängigen Fast-Fashion zu finden, aufgrund derer in der modernen Wirtschaft auf möglichst viele schnell und billig produzierte Güter gesetzt wird, bei denen es sich jedoch häufig um Einwegprodukte (oder allgemeine Produkte, die sich nicht allzu lange halten) handelt. Dies bedeutet, dass die Güter bereits nach kurzer Lebenspanne oder sogar einmaliger Nutzung wieder entsorgt werden müssen.

Zwar gibt es inzwischen einige Unternehmungen und Bemühungen seitens Einzelpersonen, Betrieben oder auch der Regierungen, dieser Entwicklung gegenzusteuern, dennoch stehen wir mit unseren Anstrengungen noch ganz am Anfang.

Nachhaltigen Angebote fürs tägliche Leben wie die Mehrwegangebotspflicht oder die Ökodesign-Verordnung etablieren sich stetig, aber leider nicht schnell genug.

Zum jetzigen Zeitpunkt wird nur 38% des Mülls in deutschen Haushalten recycelt. Das mag vielleicht zunächst gar nicht so schlecht klingen, doch hier zeigt sich bereits der erste Haken an der Sache: Zu jenen 38% wird nämlich auch ins Ausland importierter Müll gezählt, da dieser dort theoretisch betrachtet wiederverwertet werden sollte – was es damit aber wirklich auf sich hat, erfahrt ihr im Laufe dieses Artikels.

Wie viel Plastik wird überhaupt ins Ausland verschifft?

Zwar variieren die genauen Zahlen, wie viel Müll jährlich aus westlich gelegenen Industrieländern (wie beispielsweise Deutschland oder den USA) in südostasiatische Länder exportiert werden, je nach Quellenangaben, doch in jedem Fall ist von mehreren Hunderttausend Tonnen an Kunststoffabfällen die Rede.

Angaben des Umweltbundesamtes zufolge wurden 2019 ca. 400.000 Tonnen Plastikmüll nach Südostasien verschickt. Andere Quellen sprechen jedoch von 1,1 Millionen Tonnen importierten Kunststoffabfällen.
2020 gibt Greenpeace Summen in der Höhe von etwa 1 Millionen Tonnen Kunststoffabfällen an, die aus der Bundesrepublik in andere Länder verfrachtet worden sind – der Umweltorganisation Nabu zufolge lagen die Zahlen 2022 bei ungefähr 734.000 Tonnen an exportierten Plastikabfällen. Grundsätzlich befindet sich Deutschland somit an der Spitze der europäischen Länder, die ihren Müll im Ausland entsorgen. Das ist insofern wenig verwunderlich, als dass Deutschland auch am meisten Verpackungsmüll in Europa produziert.

All diese Exporte von Plastik aus Deutschland sind zwar offiziell erlaubt und legal, jedoch nur dann, wenn besagter Müll gereinigt, vorsortiert und wiederverwertbar ist. Da die Ausfuhren nach Aussagen der Generalzolldirektion in Bonn aber nur in Verdachtsfällen kontrolliert werden, landet auch nicht wiederverwertbarer Müll im Ausland – und das nicht einmal nur unabsichtlich: Westliche Länder schicken nämlich immer wieder auch nicht wiederverwertbaren Müll in andere Länder, um selbst nicht für deren Beseitigung verantwortlich sein zu müssen.
Unglücklicherweise ist die Wiederverwertung des Mülls aber auch in den Importländern nicht von Erfolg gekrönt und verursacht dort immense Probleme.

Wieso wird der Müll überhaupt exportiert und in Asien angenommen?

Grundsätzlich basiert das System des Müllexportes bzw. -Importes auf folgenden zwei Konzepten:

1. Import für Weiterverarbeitung
Kunststofffirmen aus südostasiatischen Ländern kaufen Müll aus westlichen Ländern, der anschließend zu ihnen ins Land importiert wird. Der Grund hierfür findet sich in der Tatsache, dass der Kauf dieser Abfälle häufig billiger ist als die Beschaffung des Ursprungsmaterials, aus dem sich Kunststoffprodukte herstellen lassen. So rentiert es sich preislich mehr für besagte Importländer, Müll aus anderen Ländern einführen zu lassen und wiederzuverwerten, als sich Öl als Ursprungsmaterial zu beschaffen und daraus selbst neue Produkte zu entwickeln – so die Theorie. In der Praxis scheitert dieses Konzept jedoch besonders daran, dass der importierte Müll, wie zuvor erwähnt und den eigentlichen Vorgaben zum Trotz, bei weitem nicht immer wiederverwertbar ist bzw. wiederverwertet werden kann.

2. Günstige Entsorgung
Verarbeitungsbetriebe aus dem Westen bezahlen die jeweiligen Importländer für die Aufnahme des Kunststoffabfalls, da die Entsorgung der Abfälle auf diese Weise häufig deutlich weniger kostet als die Verbrennung oder das Recyclen des Mülls im eigenen Land. Zwar gäbe es laut Manfred Santen, einem Mitarbeiter bei Greenpeace, zwar genügend Müllverwertungsanlagen in Deutschland – die sind jedoch nicht vollständig ausgelastet, da der Export der Abfälle schlichtweg kostengünstiger ist.


Zwar benötigen und wollen die südostasiatischen Länder das ihnen angebotene Geld, doch müssen sie sich auch im Anschluss um die Entsorgung des Unrats kümmern, damit sie selbst nicht in Müll ertrinken – ohne jedoch die richtigen Methoden zur Verwertung zu kennen.

Noch immer ist der erste Schritt in Richtung Besserung, das Problem anzuerkennen. Der ehemalige CDU Politiker Peter Kurth betont beispielsweise nachdrücklich, dass die Müllexporte aus Deutschland oder den USA für die Deponien in Asien verantwortlich sind. Er weist außerdem darauf hin, dass Asiens Kunstoffproduktion bedeutend höher ist als bei uns.
Diese Aussage ist ansich richtig, jedoch beherbergt Asien auch mehr als die Hälfte der Weltbevölkerung und ein Drittel der weltweiten Müllmenge stammt laut einem Bericht der Weltbank eben doch aus Industrieländern wie Deutschland und den USA, obwohl dort nur 16% der Weltbevölkerung leben. Deshalb reicht es nicht, mit bloßen Zahlen um sich zu werfen – diese müssen auch zielführend in Kontext gesetzt werden.

Die Folgen der Müllverschmutzung

Sowohl die illegale Verbrennung als auch die illegale Deponie des Mülls haben erschreckende Auswirkungen auf die Natur und sogar die Gesundheit der Menschen in betroffenen Gegenden.
So konnte Greenpeace bei der Untersuchung illegaler Deponien einige giftige chemische Substanzen finden. In den umliegenden Flüssen wurden beispielsweise Phosphor, Nickel und Antimon nachgewiesen und die benachbarten Böden waren mit Blei und Kadmium besetzt. Alle dieser Stoffe sind umweltschädigend und insbesondere Blei kann sogar geistige Behinderungen begünstigen und verursachen.

Doch nicht nur Gewässer und Böden sind betroffen; auch die Luftqualität ist durch die Verbrennung des Abfalls stark beeinflusst. Wird Plastikmüll beispielsweise in freier Natur verbrannt – wie es mancherorts durchaus der Fall ist – so gelangen die schädlichen Schadstoffe auf direktem Weg in die Luft und die Umgebung. So hängt z.B. aus genau diesem Grund dicker Rauch über der malaysischen Stadt Sungai Petani und Ärzte in umliegenden Krankenhäusern berichten von einem Anstieg der Atemwegserkrankungen um ganz 20%.


Gegenmaßnahmen

Bereits 2018 führte China, welches bis dahin Hauptempfänger des exportierten Mülls gewesen ist, ein Importverbot ein, wodurch anderen Ländern die Einfuhr von 24 Abfallarten – unter anderem verschiedener Plastiksorten sowie Metall- und Elektroschrott – untersagt wurde. Infolgedessen verlagerte sich der Müllexport jedoch größtenteils auf andere ostasiatische Länder wie Thailand, Indonesien, Malaysia und Vietnam.
Doch auch einige dieser Länder möchten nun dem Beispiel Chinas folgen und starten Versuche, das Zumüllen ihrer Umwelt einzudämmen und alternative Lösungen für den Verbleib des Mülls zu finden.

So bezog die ehemalige Umweltministerin Malaysias, Yeo Bee Yin, beispielsweise klar Stellung gegen den illegalen Import nicht deklarierten oder nicht recycelbaren Mülls aus westlichen Ländern. 2019 setzte sie sich unter anderem dafür ein, ganze 450 Tonnen Abfall in ihre Ursprungsländer – Australien, Saudi-Arabien und Kanada – zurückzuschicken, da es sich bei diesem Müll um verunreinigte, unsortierte und nicht wiederverwertbare Plastikabfälle handelte. Damit setzte Yeo Bee Yin ein klares Zeichen gegen den illegalen Export jener Güter und auch wenn sie inzwischen nicht mehr im Amt ist, so zeichnen sich ihre Bemühungen dennoch im malaysischen Aktionsplan gegen illegalen Plastikmüll ab: So müssten Mülleinfuhrten z.B. bereits an den Häfen strenger kontrolliert werden und illegale Verbrennungsanlagen sollten zuverlässig und kontinuierlich geschlossen werden.
Thailand fasste unterdes schon 2019 Pläne gegen das große Müllaufkommen im Land. So wurde damals die sogenannte „Roadmap on Plastic Waste Management“ (RPWM) ins Leben gerufen, mittels derer Rahmenbedingungen zwischen 2020 und 2030 unter anderem sieben verschiedene Arten von Einwegkunststoff im Land verboten werden sollten – das Verbot von drei dieser Stoffe wurde noch im selben Jahr durchgeführt, wozu beispielsweise Verschlusskappen, oxidative abbaubare Kunststoffe und Mikroplastik gehören. Bis 2022 sollten ganze 50% der Abfälle recycelt werden können und 2027 bis zu 100%. Man möchte sich also nicht nur der Probleme der Mülleinfuhr zuwenden, sondern auch inländische Probleme in Angriff nehmen.

Zu Beginn der Corona-Pandemie 2020 nahmen Thailands Bemühungen dieser Roadmap zu folgen zwar stark ab – die Anzahl der Kunststiffabfälle nahm während dieser Zeit sogar um ganze 40% zu – doch nun soll das Ziel erneut ins Auge gefasst werden. Zu welchem Erfolg die RPWM und Thailands allgemeine Bemühungen schließlich führen werden, wird sich also wohl erst im Laufe der nächsten Jahre zeigen. Immerhin soll aber nach aktuellen Zielen der Import von Plastik bis 2024 um ganze 50% im Vergleich zum aktuellen Aufkommen verringert werden.

Unglücklicherweise bieten aber auch diese Gegenmaßnahmen keinen ganzheitlichen Ansatz zur Bekämpfung der Plastikflut. Schließlich ist z.B. die Rücksendung nicht wiederverwertbaren Mülls eine Erleichterung für die betroffenen südostasiatischen Länder, doch der eigene Müll und die damit einhergehenden Probleme verschwinden damit nicht. Immer noch gilt es nur, bereits vorhandenen Abfall zu entsorgen und nicht die Produktion einzudämmen, und immer noch steht hierbei der Umweltschutz nicht an erster Stelle.


Fazit

Unser Planet erstickt im Müll und dennoch ist eine allgemein gesetzlich vereinbarte Einstellung des illegalen Müllexportes in südostasiatische Länder, wie er von der Umweltorganisation Greenpeace gefordert wird nicht in Sichtweite.
Und obwohl sich inzwischen einige Länder wie China, Thailand und Malaysia gegen die illegale Einfuhr des Abfalls anderer Länder stellen, gibt es dennoch einige Hürden zu überwinden – sowohl seitens der betroffenen Importländer, aber auch der Exportländer.
Es stellt sich also nach wie vor die Frage, wie es nun allgemein weitergehen soll. Den Müll einfach von einem Land ins nächste zu schieben, kann immerhin keine Dauerlösung sein und kostet uns nur unnötig viele Emissionen.
Es braucht einen einheitlichen Ansatz zur Bekämpfung der Verschmutzung unseres Planeten, an dem sich sämtliche Länder gleichermaßen beteiligen müssen.

  • https://www.deutschlandfunk.de/plastikmuell-in-suedostasien-die-giftigen-folgen-des-100.html
  • https://www.stuttgarter-nachrichten.de/inhalt.muell-in-malaysia-warum-wird-plastikmuell-exportiert.736673e1-8a7c-4d75-8a2e-1828545af27b.html
  • https://www.boell.org/de/2021/11/16/thailands-plastikmuell-dilemma
  • https://www.greenpeace.de/ueber-uns/leitbild/nacht-muellhalde
  • https://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/plastik-plastikmuell-malaysia-suedostasien-gaia-1.4414936
  • https://www.nationalgeographic.de/umwelt/2019/05/export-von-plastikmuell-in-aermere-laender-wird-erschwert
  • https://www.watson.de/nachhaltigkeit/gute%20nachricht/745729047-gute-nachrichten-thailand-will-ab-2025-kaum-noch-plastikmuell-importieren
  • https://infothek.bmk.gv.at/massnahmen-gegen-illegale-plastikmuellexporte/
  • https://www.nabu.de/umwelt-und-ressourcen/abfall-und-recycling/26205.html
  • https://www.greenpeace.de/engagieren/nachhaltiger-leben/plastikmuellexporte-deutschlandhttps://www.spiegel.de/wirtschaft/deutschland-ist-export-europameister-beim-plastikmuell-a-52785ee9-b6dc-4c22-a59b-bcdb48423b32
  • https://www.deutschlandfunk.de/importstopp-china-will-europas-muell-nicht-mehr-102.html
  • https://www.watson.de/nachhaltigkeit/gute%20nachricht/745729047-gute-nachrichten-thailand-will-ab-2025-kaum-noch-plastikmuell-importieren.
Du findest den Artikel spannend? Dann teile ihn doch gerne!
Das könnte dich auch interessieren
Effizienter arbeiten mit der Pomodoro-Technik: Kleine Tomaten für große Erfolge

Effizienter arbeiten mit der Pomodoro-Technik: Kleine Tomaten für große Erfolge

In diesem Artikel erfahrt ihr, wie ihr mit der Pomodoro-Methode erfolgreicher und produktiver lernen könnt!

Umweltschutz im Krankenhaus: UK Bonn

Umweltschutz im Krankenhaus: UK Bonn

Krankenhäuser werden als fünftgrößter Abfallproduzent eingestuft und tragen mit einem Anteil von 5,2% maßgeblich zu den Emissionen Deutschlands bei.