Schon im alten Ägypten hielten Pharaonen Wildtiere wie Antilopen, Giraffen und Elefanten und auch in China präsentierte der Herrscher Wen-Wang um 1150 v. Chr. Tiger, Schlangen, Nashörner und Tapire in seinem “Park der Intelligenz”. Im 13ten Jahrhundert begannen Adelige in Europa exotische Wildtiere in sogenannten Menagerien als eine Art Machtdemonstration zu halten.
1828 wurde schließlich der erste Zoologische Garten für Forschungszwecke in London eröffnet, wobei die damaligen Einrichtungen kaum Gemeinsamkeiten mit den Zoos unserer Zeit hatten. Bis zum Jahr 1940 wurden neben exotischen Tieren sogar Menschen von anderer ethnischer Zugehörigkeit in Gehegen ausgestellt. Hier ging es also hauptsächlich um die Zurschaustellung “andersartiger” Tiere und Menschen – auf deren Kosten. Erst im Laufe der Zeit rückten Faktoren wie Erholung und Bildung immer mehr in den Fokus und auch die Gestaltung der Gehege entwickelte sich sichtbar weiter: Wo früher weit und breit nichts als Beton zu sehen war, gibt es heute Wasserfälle und eine prächtige Bepflanzung.
Doch ist ein Makeover des Designs ausreichend, um den Tieren ein artgerechtes Leben zu ermöglichen?
Pro und Contra – Was spricht für Zoos und was dagegen?
Bei der Frage, ob Zoos noch zeitgemäß sind und inwiefern man die Gefangenschaft von Millionen von Tieren heute noch rechtfertigen kann, scheiden sich die Geister – also wollen wir das Thema einmal von beiden Seiten betrachten.
Wie groß ist der Bildungseffekt bei Besucher:innen?
Ein Einwand von Zoo-Betreiber:innen ist, dass man ein Bewusstsein für den Artenschutz schaffen will. Wie eine Statistik aus dem Jahr 2018 zeigt, haben jedoch lediglich 1,2 der 41 Millionen Besucher, die VdZ-Zoos jährlich verzeichnen, an speziellen Bildungsangeboten teilgenommen. Für viele ist ein Zoobesuch also immer noch ausschließlich ein netter Zeitvertreib. Bildung im Bereich Artenschutz ist wichtig, keine Frage, doch muss man dafür Millionen von Tieren einsperren?
Engagement für die Biodiversität
Befürworter argumentieren, dass Zoos noch nie so essentiell waren wie heute, weil Mensch und Klimawandel immer mehr natürliche Lebensräume zerstören. Die ex-situ Zucht, also das Züchten von Tieren außerhalb ihres natürlichen Lebensraumes, ist eine der Maßnahmen zum Erhalt der Biodiversität, auf die sich die Vereinten Nationen 1993 einigten. Wissenschaftlich geführte Zoos tragen durch koordinierte Erhaltungszuchtprogramme zum Ex-situ Artenschutz bei und können Nachzuchten bedrohter Tierarten für Wiederansiedlungsprojekte bereitstellen.
So gibt es tatsächlich einige Arten, die in der Wildnis bereits ausgestorben sind und nur noch in menschlicher Obhut existieren. Würden Zoos also rein dem Vorhaben dienen, für die Erhaltung bedrohter Tierarten zu kämpfen, wären sie ein hilfreiches und essentielles Mittel, um gegen das derzeitige Artensterben vorzugehen.
Nur ist die Existenz der meisten Spezies, die in Zoos gefangen gehalten werden, überhaupt nicht bedroht: 2013 wurden die 840 Zoos der Organisation "Species 360" genauer unter die Lupe genommen und man stellte fest, dass ein Großteil der 3955 Arten – 2910 um genau zu sein – laut der Roten Liste der Weltnaturschutzorganisation (IUCN) weder bedroht noch auf der Vorwarnliste aufgeführt waren. Die Mehrheit der in Gefangenschaft lebenden Tiere wird dort also für unsere Belustigung bzw. Bildung, wenn man so will, und nicht zu ihrem eigenen Schutz gehalten.
Wie wenige Tiere tatsächlich ausgewildert werden, veranschaulicht folgende Statistik: Zwischen 2005 und 2020 wurden 2.500 artgeschützte Tiere aus deutschen Zoos ins Ausland überführt. Gerade einmal 6% davon waren für Auswilderungsprojekte bestimmt. Der Rest wurde an andere Einrichtungen weitergegeben.
Abgesehen davon ist der ex-situ Schutz nur ein kleiner Teil eines großen Puzzles, viel entscheidender ist nämlich der Schutz der natürlichen Lebensräume. Ex-situ Schutz verschafft uns lediglich mehr Zeit, doch wenn ihr natürlicher Lebensraum erst einmal endgültig zerstört ist, werden die Tiere ihre Käfige im Zoo nie mehr verlassen können.
Können Zoos das natürliche Umfeld ersetzen?
Wie man es auch dreht und wendet – ein Zoogehege wird einen natürlichen Lebensraum nie adäquat simulieren können. Für Tiger, deren Revier sich normalerweise über 20-400 Quadratkilometer erstreckt – abhängig von der Beutetierdichte – ist laut dem Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft ein Gehege von 200 Quadratmetern ausreichend. Der VdZ (Verband Zoologischer Gärten) rechtfertigt die geringe Größe der Gehege damit, dass die Tiere in freier Wildbahn schließlich dazu gezwungen seien, für die Partner- und Nahrungssuche solch weite Strecken zurückzulegen und dies nicht freiwillig täten. Sind aber Nahrung sowie potentielle Partner und Artgenossen gegeben, so reichen die kleinen Gehege dem VdZ zufolge aus, da sie die Grundbedürfnisse der Tiere ausreichend befriedigen.
Dem entgegenzusetzen ist aber, dass die reine Befriedigung der Grundbedürfnisse bei weitem nicht alles ist, was für ein artgerechtes und erfülltes Leben vonnöten ist. Sind es nicht eben diese Beschäftigungen, die der VdZ als “überflüssig” ansieht, die das Leben der Tiere in der Natur ausmachen? Ist es fair, Vögeln, die jedes Jahr mehrere tausend Kilometer Luftweg zurücklegen, die endlosen Weiten zu nehmen, sie flugunfähig zu machen oder sie in Gehege zu sperren, in denen sie nur wenige Quadratmeter Raum haben? Tiere wie Geparden oder Wanderfalken werden in Gefangenschaft nie mit Höchstgeschwindigkeit ihre Beute jagen und Delfine und Haie werden nie über die farbenprächtigen Riffe ihrer Heimat schweben. Generell werden Tiere, die ihr Leben lang in Zoos verbringen, nie etwas anderes kennen als die Geräuschkulisse der Besuchermengen und des Stadtverkehrs rund um den Zoo. Das Resultat sind oft apathische und verhaltensgestörte Tiere.
Stereotypien als Folge der Gefangenschaft
Gerade hoch entwickelte Tiere wie Schwertwale und Menschenaffen, aber auch viele weitere Arten entwickeln in Gefangenschaft oft Verhaltensauffälligkeiten, die wohl auf die mangelnde geistige sowie körperliche Auslastung zurückzuführen sind.
Anzeichen für die psychischen Leiden der Tiere sind beispielsweise sogenannte stereotype Verhaltensmuster. Damit sind Bewegungsabläufe gemeint, die das Tier immer und immer wieder abspielt.
Elefanten beispielsweise entwickeln oft Stereotypien wie monotones Nicken, Auf- und Abgehen oder das “Weben”, also das ständige Hin- und Herwippen des Kopfes (Dieses kann übrigens auch bei Pferden, die in Boxenhaltung leben, beobachtet werden). Auch bei
Schimpansen wird das atypische Hin- und Herwiegen, das Fressen der eigenen Exkremente und stereotype Pflege beobachtet.
Investitionen in Millionenhöhe – wer profitiert wirklich?
Den in-situ-Schutz der weltweiten Biodiversität unterstützen Zoos besonders durch finanzielle Beiträge. Eigenen Angaben zufolge sammelt der VdZ (Verband der Zoologischen Gärten) jedes Jahr rund acht Millionen Euro Spendengelder, die dann in Artenschutzprojekte investiert werden.
Allerdings kostet die Wartung von Zoos selbst eine Menge Geld, welches anderswo möglicherweise sinnvoller genutzt werden könnte: Im Zoo Krefeld wird beispielsweise gerade ein neues Affenhaus gebaut, nachdem das ursprüngliche in der Silvesternacht 2019 abgebrannt war – eine Tragödie, die 50 Tierleben forderte. Man schätzt die Kosten des Neuaufbaus auf 28 Millionen Euro. Rund 17 Millionen davon sind städtische Finanzmittel. Wenn man bedenkt, wie viele Ranger:innen von diesem Geld bezahlt werden könnten und was Aktivist:innen damit für den Schutz von Tieren in freier Wildbahn erreichen könnten, stellt sich die Frage, ob dieses Geld nicht lieber in andere Projekte investiert werden sollte.
Fazit
Schlussendlich bleibt vor allem eines zu sagen: Wissenschaftlich geführte Zoos können Positives bewirken, auch wenn die Haltung der Tiere umstritten bleibt. Rein kommerziell orientierte “Zoos” wie Zirkusse und Freizeitparks haben dagegen meist andere Absichten.
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