Kaktusleder - eine nachhaltige Alternative für die Zukunft?

Juni 2023
Fotograf:in: Kelly Sikkema, Copyright: CC0 Unsplash

Ob in Taschen, Schuhen, Jacken oder Möbeln; Tierleder findet sich auch heute noch in zahlreichen Produkten. Doch was ist eigentlich Leder und wie wird es hergestellt? Welchen Unterschied macht sogenanntes Kaktusleder aus?

Was ist überhaupt Leder und wie wird es hergestellt?

Leder ist Tierhaut, die durch den Prozess des Gerbens haltbar gemacht wird. Bei diesem Prozess werden die Häute der Tiere langfristig mittels Gerbstoffe konserviert, damit sie nicht verwesen. Diese Stoffe gehen eine chemische Verbindung mit den Fasergefügen der Tierhaut ein und verhindern somit deren Verfall und Verhärtung. Die Lederhaut ist nun langfristig vor Oxidation und Verwesung geschützt.
Je nach Weiterverarbeitung kann das Leder im Anschluss gefettet, gebügelt, geschliffen, gefärbt o.Ä. werden.

Die im 19. Jahrhundert entdeckte Chromgerbung machte deutlich kürzere Produktionszeiten möglich!

Am häufigsten Verwendung in diesem Prozess finden dabei die Häute von Schafe, Schweinen und Rindern; aber auch von Exoten wie Krokodile, Eidechsen oder Schlangen.
Laut PETA werden jährlich mehr als eine Milliarde Tiere einzig und alleine zum Zweck der Lederproduktion getötet. Dabei sind sie oftmals während der Tötung noch bei vollem Bewusstsein und die Haut wird ihnen wortwörtlich vom Leib geschnitten.

Umweltbelastung

Die Chemikalien, die beim Prozess der Gerbung beteiligt sind, stellen eine große Belastung für die Umwelt dar. Sie verschmutzen Böden, Luft, Wasser und gefährden so sowohl Arbeiter:innen der Fabriken als auch Einwohner:innen im Umkreis.
Vor allem Gerbereien außerhalb Europas sind dabei gefährdet: Dort ist oft die ungefilterte Einleitung von chemischen Substanzen in Gewässer erlaubt, weshalb die dortige Bevölkerung häufig an beispielsweise Haut- und Atemwegserkrankungen leidet. Auch Krebserkrankungen treten dort auffällig oft auf.

Tierleid

Dass die Herstellung von Leder mit großem Tierleid verbunden ist, ist offensichtlich.
Deshalb stellen wir euch vegane und leidfreie Alternativen zum herkömmlichen Leder vor.

Kaktusleder- eine pflanzliche Alternative?!

Jährlich werden in etwa 500.000 Tonnen Tierleder produziert, dies entspricht rund 1,5 Milliarden qm!

Kaktusleder – eine pflanzenbasierte, nachhaltige Alternative zu Leder: Erfunden wurde es von den beiden Mexikanern Adrián López Velarde und Marte Cázarez in Form des Start-Ups Desserto. Auf dem Markt finden lässt es sich bereits seit dem Jahr 2019. Erstmals vorgestellt wurde es dabei in Mailand auf der Ledermesse Lineapelle.

Anbau und Ernte des Kaktusleder

Derzeit werden für das Leder überwiegend Nopal-Kakteen verwendet, die auch in Deutschland in vielen Wohn- und Schlafzimmern einen Platz finden.
In der Natur ist dieser Feigenkaktus großflächig primär in Mexiko verbreitet. Er braucht nur wenig Wasser und es kann gänzlich auf Pestizide verzichtet werden, da er sehr robust ist.
Selbst die Ernte ist nachhaltig: Die Wurzel bleibt bestehen und nur der obere Teil des Kaktus, die Kaktusscheiben, werden entfernt, wodurch die Pflanze problemlos weiterwachsen kann.
Die geernteten Scheiben werden gepresst und in der Sonne getrocknet. Diese getrocknete Kaktusmasse wird dann mit dem Kunststoff Polyurethan als Trägermaterial vermischt und auf dünnem Baumwollstoff fixiert. So wird aus dem einst stacheligen grünen Etwas ein weicher, flexibler Stoff!

Feeling wie Echtleder

Im Gegensatz zu herkömmlichen Leder werden bei der Herstellung des Kaktusleders keine giftigen Chemikalien verwendet.
Weiterhin ist das vegane Leder atmungsaktiv, widerstandsfähig, flexibel und dadurch auf der Haut angenehmer zu tragen. Haptisch lassen sich kaum Unterschiede zu tierischem Leder finden.

Wo lassen sich Produkte aus Kaktusleder finden?

Designer und Unternehmen, wie beispielsweise das belgische Modehaus Natan oder die Schweizer brand Zoccolillo arbeiten bereits mit der veganen Lederalternative: ihre Taschen lassen sich optisch nicht von der Tiervariante unterscheiden!

Auch das vegane Designer-Label Anne Schollenberger stellt bereits Accessoires aus dem Kaktusleder her; sie werden in einer Manufaktur in Portugal hergestellt. Mit jedem verkauften Produkt unterstützt das Label dabei aktiv den Tierschutz bei und alle Produkte sind PETA-zertifziert.

Ebenso bieten das italienische Label Miomojo und Amare Antwerp beide Handtaschen aus Kaktusleder an, mit der Vision, die Welt ein Stück nachhaltiger zu gestalten!

Die Kehrseite der Medaille?

Veganes Leder ist leider nicht billig und gilt als Luxusmaterial, da die Produktion aufwendiger ist. Weiterhin gilt das Kaktusleder zwar als langlebig und widerstandsfähig, im Vergleich zu tierischem Leder soll es jedoch eine kürzere Haltbarkeit von rund 10 Jahren aufweisen. Ob dies tatsächlich der Fall ist, werden erst die nächsten Jahre zeigen.

Der Kunststoff Polyurethan (PU), der für die Herstellung des Leder verwendet wird, stellt zwar laut BfR (Bundesinstitut für Risikobewertung) für Menschen keine Bedenken dar, jedoch ist der Kunststoff später nur schwer recyclebar und es bleibt nur der Weg zur Mülldeponie.

Selbst die Herstellung des Kunststoffes wird kritisiert: Das IBN (Institut für Baubiologie und Ökologie) kam zu dem Schluss, dass alle Zwischenprodukte „hochgradig giftig“ sind. Dies würde für Arbeiter:innen in der Produktion des Leders risikobehaftet sein.

Weiterhin problematisch für die Umwelt sind die Emissionen, die beim langen Transportweg von Mexiko nach Deutschland bzw. Europa anfallen.

Weitere Lederalternativen

Mirum

Andere Alternativen zum tierischen Leder stellt unter anderem Mirum dar. Dieses ist ein patentiertes Produkt, welches als erstes veganes und plastikfreies Leder gilt. Die Herstellung erfolgt ausschließlich aus biobasierten Rohstoffen (beispielsweise Kautschuk), welche mit pflanzlichen Mineralien und Öl gefärbt werden. Als nachhaltig gilt es, da bei der Produktion kaum CO2-Emissionen anfallen und kein Wasser verwendet wird. Weiterhin kann Mirum nach der Nutzung mechanisch recycelt und zu Neuem verarbeitet werden.

Leder aus Ananas

Neben Kaktusleder gibt es eine Menge anderer Alternativen zum herkömmlichen, tierischen Leder!

Die Fasern der Ananaspalmenblättern können ebenfalls zu Leder weiterverarbeitet werden. Dieses ist weich, reißfest und atmungsaktiv. Auch hier findet Polyurethan Verwendung: Die Blätter werden damit zur Langlebigkeit beschichtet.

Leder aus Äpfeln

Die Überreste der Apfelindustrie, auch Trester genannt, können ebenfalls mit Polyurethan vermischt und dann auf Textil aufgetragen werden. Verwendet wird das Apfelleder vor allem für Taschen, Möbel und Schuhe.

Der Blick in die Zukunft

Großkonzerne wie Adidas, H&M und auch Automarken wie Mercedes-Benz und BMW sehen großes Potential in der veganen Alternative zu Tierleder und investieren in die Erforschung und Weiterentwicklung des Stoffes.

Einzelnachweise und Weblinks

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