Am 08. Oktober 2023 stehen für rund 9,4 Millionen Stimmberechtigte die Landtagswahlen in Bayern an – und die Energiepolitik des Bundeslandes wird zu einem entscheidenden Thema. Das südlich gelegene Bundesland spielt eine zentrale Rolle in der deutschen Energiewende, doch es gibt noch eine Menge Herausforderungen zu bewältigen, insbesondere im Bereich der Windenergie. Gleichzeitig bietet die Solarenergie große Chancen für Bayern.
Bayerns Rolle in der Energiepolitik und Energiewende
Als eines der wirtschaftlich stärksten Bundesländer und mit seiner ausgeprägten Industrie hat Bayern erheblichen Einfluss auf die Energiepolitik Deutschlands und trägt dementsprechend auch eine gewisse Verantwortung. Die Region investiert neuerdings verstärkt in erneuerbare Energien, insbesondere in Solarenergie und den Ausbau von Photovoltaikanlagen, und will auf innovative Technologien setzen, um die Energiewende voranzutreiben. Diese Entwicklung stellt einen wichtigen Schritt in Richtung Nachhaltigkeit und der Reduzierung von Treibhausgasemissionen – ein dringend notwendiger Schritt, da aktuell immer noch rund 80 Prozent der genutzten Energien aus fossilen Brennstoffen gewonnen werden. Gleichzeitig stagniert der Ausbau von Windenergie, die als eine der wichtigsten Technologien zum Erreichen der Klimaneutralität gilt.
In absoluten Zahlen gerechnet liegt Bayern im direkten Ländervergleich zwar an der Spitze der “installierten Leistung” bei erneuerbaren Energien, sieht man diese Leistung allerdings in Relation zur Fläche, so liegt das relativ große Bundesland deutschlandweit eher im unteren Mittelfeld.
Windenergie in Bayern
Die Windenergieerzeugung in Bayern bleibt hinter den Erwartungen zurück. Zum Teil ist dies auf die geografischen Gegebenheiten zurückzuführen: Bayern verfügt nämlich nicht über die ausgedehnten Küstenregionen, die andere Bundesländer für Windenergie nutzen können, ohne dabei ihre Wohn- und Infrastruktur zu beeinträchtigen. Zudem gibt es oft lokale Widerstände gegen den Bau von Windkraftanlagen, was die Expansion dieses erneuerbaren Energietyps erheblich erschwert. Ein weiteres Problem ist die Netzinfrastruktur. Bayern muss seine Stromnetze erweitern und modernisieren, um den aus Windkraft erzeugten Strom effizient transportieren zu können – aktuell geht ein nicht unerheblicher Anteil der so nachhaltig gewonnenen Energie schlichtweg wieder verloren. Hier sind langfristige Investitionen und ein echter politischer Wille zur Besserung gefragt.
Solarenergie als Hoffnungsträger
Im Gegensatz zur Windenergie hat Bayern bei der Solarenergie einen klaren Vorteil. Das sonnenreiche Klima und die vielen Dachflächen bieten ein enormes Potenzial für die Solarenergieerzeugung. Durch den Ausbau von Photovoltaikanlagen können große Mengen sauberer Energie erzeugt werden.
Eine Gemeinde zeigt, wie´s geht
Diese kleine Gemeinde im Oberallgäu hat sich zum Vorzeigemodell für die Energiewende gemausert: das “Energiedorf” Wildpoldsried in Bayern nutzt erneuerbare Energiequellen wie Windkraft, Photovoltaik und Biogas, um seinen Energiebedarf zu decken.
Die Bürgerinnen und Bürger beteiligen sich selbst aktiv an Projekten zur Energieerzeugung und -effizienz und profitieren gleichzeitig von den dadurch entstehenden wirtschaftlichen Vorteilen. Dieses Beispiel zeigt, wie lokale Gemeinschaften einen wichtigen Beitrag zur Reduzierung von CO2-Emissionen leisten können und wie die Energiewende auf lokaler Ebene und als gemeinschaftliches Projekt erfolgreich umgesetzt werden kann.
Was planen die Parteien?
CSU: technologieoffener Klimaschutz und nachhaltige Waldbewirtschaftung
Die CSU verfolgt bei Klimaschutzmaßnahmen in Bayern einen Ansatz, der auf Technologieoffenheit und Bürgerbeteiligung setzt, statt auf Verbote. Ihr Ziel ist es, Bayern bis 2040 klimaneutral zu machen. Die Partei lehnt “gewalttätigen Aktionismus” zur Durchsetzung von Klimaforderungen ab und betont, dass "Klimakleber", die sich widerrechtlich verhalten, in Bayern mit rechtlichen Konsequenzen zu rechnen hätten. Die CSU will erhebliche Mittel in den Klimaschutz investieren und beraumt jährlich eine Summe von einer Milliarde Euro – insgesamt also 22 Milliarden bis 2040 an.
Die CSU legt außerdem großen Wert auf den Schutz von Gewässern und Wäldern und plant Maßnahmen zur Wasserreduzierung und -speicherung. Außerdem ist die Einführung eines "Wassercents" für Bürger:innen und Unternehmen für die Entnahme von Grund- oder Oberflächenwasser geplant. In Bezug auf Wälder setzt die Partei auf eine nachhaltige Bewirtschaftung und den Übergang zu Mischwäldern. Sie plant auch die Renaturierung von 55.000 Hektar Mooren, die als natürliche CO₂-Speicher gelten. Die CSU möchte die Population von Wölfen und anderen Raubtieren begrenzen und dauerhafte Entnahmen (Abschüsse) ermöglichen, um einen Ausgleich zwischen Tier- und Naturschutz herzustellen.
Grüne: Klimaneutralität bis 2035, verbindliche Sektor-Ziele, Schutz der Artenvielfalt und Reduzierung des Flächenverbrauchs
Die Grünen halten an den Klimazielen und den einst beschlossenen Plänen fest, die vorsehen, Bayern bis 2035 klimaneutral zu machen. Dafür wird ein neues, rechtlich verbindliches Klimaschutzgesetz mit jährlichen CO2-Budgets für verschiedene Sektoren, wie Energie, Verkehr, Gebäude und Landwirtschaft gefordert. Zudem setzen sich die Grünen für den Schutz der Artenvielfalt ein, indem sie neue Schutzgebiete ausweisen und den Flächenverbrauch verbindlich halbieren möchten. Die Partei lehnt den Bau neuer Skianlagen ab und setzt stattdessen auf einen Aktionsplan zur Erhaltung von Artenvielfalt und Lebensräumen (wie Mooren und Gewässern), der mit einer Milliarde Euro pro Jahr für fünf Jahre finanziert werden soll. Sie befürworten ebenfalls die Idee eines "Wassercents" und fordern eine schnellstmögliche Einführung. Der Steigerwald soll als dritter Nationalpark in Bayern aufgenommen und geschützt werden.
Freie Wähler: Begrenzer Flächenverbrauch, nachhaltiges Bauen und Tierwohl
Die Freien Wähler setzen auf einen pragmatischen Ansatz für Klima- und Umweltschutz, der darauf abzielt, den Flächenverbrauch für die Stadterweiterung auf fünf Hektar pro Tag zu begrenzen und auf vertikales statt horizontales Bauen zu setzen. Damit sollen "grüne Architektur" und mehr Grünflächen in Städten gefördert werden. Sie setzen sich auch für die Ausstattung aller Kläranlagen in Bayern mit einer Technologie zum Entfernen von Mikroplastik ein und möchten Trennwassersysteme in privaten Haushalten fördern. Die Freien Wähler unterstützen die Sanierung von Wasser- und Abwassernetzen in Kommunen und lehnen die Privatisierung der Trinkwasserversorgung ab. In Bezug auf Tiertransporte streben sie eine Abschaffung in Deutschland und der EU an und möchten kurze Wege zur Schlachtung sicherstellen. Auch möchten sie Tierversuche reduzieren und einen Landestierschutzbeauftragten einführen. Gleichzeitig soll die sogenannte “Entnahme” von "Problemwölfen" erleichtert werden.
AfD: Ja zu Tierwohl und Naturschutz, Nein zu Windanlagen und staatlichen Klimaschutzverträgen
Die AfD plant, Tiertransporte zur Schlachtung zu verkürzen und regionale Schlachthöfe zu fördern, wobei sie das betäubungslose Töten von Tieren ablehnt und ein effektives und unbürokratisches Wolfsmanagement sowie eine Entschädigung von betroffenen Landwirten fordert. Die Partei sieht den Natur- und Gewässerschutz sowie den Erhalt der Artenvielfalt als Priorität, bevorzuge dabei allerdings “pragmatische Entscheidungen”.
Die Partei lehnt den Betrieb und die Aufstellung von Windkraftanlagen ab, die Insekten, Greifvögel und Fledermäuse gefährden würden. Außerdem soll so die Abholzung von Wäldern verhindert werden. Als Maßnahme gegen erhöhte Nitratwerte im Grundwasser soll eine Optimierung der Messstellen im Netz erfolgen.
Staatliche Klimaschutzverträge lehnt die AfD klar ab.
SPD: Flächenschutz, sauberes Wasser, Renaturierung und Klimaneutralität bis 2035
Die SPD in Bayern plant, den Flächenverbrauch in Städten und Gemeinden zunächst durch effiziente Innenentwicklung gering zu halten. Umweltbelastende Chemikalien sollen verboten, die Nitratüberschüsse in belasteten Gebieten verringert und die Schaffung neuer Wasserschutzgebiete beschleunigt werden. Die Partei strebt nach sauberem und bezahlbarem Trinkwasser in öffentlicher Hand und setzen auf die Renaturierung von Ökosystemen wie Flüssen, Bächen und Mooren. Dadurch würden nicht nur der Klima- und Artenschutz gefördert, sondern auch der Hochwasserschutz verbessert werden.
Die SPD unterstützt die Rückkehr von gefährdeten Tierarten wie dem Wolf und fordert gutes Management und schnelle Schadensausgleiche. Sie befürwortet die Einrichtung eines weiteren Naturparks in Bayern, insbesondere im Steigerwald, und strebt wie die Grünen an, den Freistaat bis 2035 klimaneutral zu machen.
FDP: Einheitliche Klimaziele, verbesserte Wasserqualität und vertikales Bauen
Die FDP in Bayern plant, das bestehende Klimaschutzgesetz sowie die beschlossenen Maßnahmen zu “überprüfen” und strebt an, Bayern erst bis 2045 klimaneutral zu machen. Dieses Vorhaben soll die Einheitlichkeit der Klimaziele zwischen dem Bund und dem Land Bayern sicherstellen, um Wettbewerbsverzerrungen für hiesige Unternehmen zu verhindern.
Die Partei fordert eine bessere Identifizierung der Verursacher bei hohen Nitratwerten im Grundwasser und eine Erweiterung des Messstellennetzes. Die FDP bevorzugt vertikales Bauen gegenüber horizontalem Bauen, um so die Zersiedelung zu verhindern, und sie strebt die Schließung der letzten Lücken im Naturschutzgebiet "Grünes Band" auf bayerischer Seite an, um die Artenvielfalt zu erhalten.
Abschließend lässt sich nur sagen: das Bundesland Bayern steht noch vor so einigen Herausforderungen, wenn es darum geht, die Energiewende weiter voranzutreiben – besonders viel muss sich in Bezug auf den Ausbau der Erneuerbaren, wie Windenergie, tun und auch der Netzausbau muss weiter vorangetrieben werden, um die ehrgeizigen Klimaziele zu erreichen. Die Landtagswahlen 2023 werden entscheiden, in welche Richtung sich das Bundesland in Zukunft entwickeln wird. Also, nutzt die Chance, am 08.Oktober zur Wahl zu gehen und entscheidet euch für eine nachhaltige Zukunft – jede Stimme zählt!
- https://www.bund-naturschutz.de/umweltpolitik/landtagswahl-2023-in-bayern
- https://www.br.de/nachrichten/bayern/landtagswahl-bayern-wahlprogramme-parteien-vorhaben-klimaschutz-umweltschutz-artenschutz-waelder-wolf,TrBwrAC
- https://www.wwf.de/energiewende-bayern
- https://www.bayerische-staatszeitung.de/staatszeitung/landtag/detailansicht-landtag/artikel/wind-sonne-atom-parteien-buhlen-mit-energiemixen-um-waehler.html#topPosition
- https://www.handelsblatt.com/unternehmen/energie/wildpoldsried-wie-ein-kleines-dorf-im-allgaeu-zum-vorzeigemodell-fuer-die-energiewende-wurde/24169570.html
- https://www.merkur.de/wirtschaft/wildpoldsried-dorf-bayern-putin-gas-energiewende-windkraft-photovoltaik-biogas-news-91738063.html
- https://www.wildpoldsried.de/klimadorf-wildpoldsried.html
- https://standortportal.bayern/de/Anhaenge/energienetze-studie.pdf
- https://bund-naturschutz.de/umweltpolitik/landtagswahl-2023-in-bayern
- https://www.br.de/nachrichten/bayern/landtagswahl-bayern-wahlprogramme-parteien-vorhaben-klimaschutz-umweltschutz-artenschutz-waelder-wolf,TrBwrAC
- https://www.sueddeutsche.de/bayern/wassercent-trinkwasser-bayern-soeder-naturschutz-csu-1.5779073
- https://fw-landtag.de/aktuelles/presse/pressemitteilungen-details/gegen-den-flaechenverbrauch-freie-waehler-stellen-10-punkte-plan-vor
- https://www.gruene-bayern.de/programm/
- https://www.afd-bayern.de/programm-final/
- https://www.csu.de/common/download/Beschlussversion_Regierungsprogramm_FuereinstarkesundstabilesBayern_InBayernlebtessicheinfachbesser-mitDeckblatt.pdf
- https://www.fdp-bayern.de/klimaschutz-durch-innovation
- https://bayernspd.de/workspace/media/static/rz_spd_bayern_regierungsprogra-649555311dd64.pdf